Ich kenne diese Gedanken allzugut.
Ich hatte auch diese quälende Phase, wo ich meine kostbare Zeit in Wartezimmern verschwendet habe. Völlig hysterisch und aufgelöst, überzeugt gleich mein Todesurteil zu erhalten und dennoch mit der winzigen Hoffnung, Erleichterung zu erlangen und dann diese Angst erst einmal los zu sein und ein paar Monate unbeschwert zu leben.
Dann saß ich wieder, bei schönstem Wetter, im Wartezimmer, fragte mich, warum ich mein Leben so zerstöre und ging in den Wald und begann zu laufen.
Seitdem habe ich mir diese Arztbesuche verkniffen, auch in Phasen von Todesangst, meistens waren die Symptome schon nach zwei Tagen vergessen.
Ich sehe eine große Gefahr in diesem Ausliefern an den Medizinbetrieb.
Allerdings muss das jeder Mensch für sich selbst verantworten.
Selbstverständlich retten Untersuchungen Leben, selbstverständlich werden viele Menschen gerettet. Wer also mit den Konsequenzen einer Diagnose umgehen kann und zu den Folgen bereit ist, der soll um Himmels Willen hingehen.
Meine Erfahrungen sind andere.
Überspitzt formuliert, sind alle aus meinem Bekanntenkreis, die gestorben sind, vorher regelmäßig und ganz vorbildlich beim Arzt gewesen.
Es hat sie nicht gerettet, gestorben sind sie trotzdem, vielleicht haben sie drei Jahre gewonnen, die allerdings nicht unbedingt schön waren. Besonders nicht für die Angehörigen.
Umgekehrt sind die, die uralt wurden, kaum einmal zum Arzt gegangen.
Natürlich kann man es nicht ganz so betrachten, es gilt hier zu differenzieren.
Ich muss mich also fragen, könnte ich mit den Konsequenzen umgehen.
Es gibt Menschen, die sind optimistisch und mutig, können mit dem Ausgeliefertsein an den Medizinbetrieb umgehen.
Es gibt falsche Verdachtsdiagnosen, es gibt unnötige Untersuchungen und Behandlungen, Warten, neue Ängste, Verlust von Freiheit, vielleicht diagnostische Eingriffe und Behandlungen.
Sie können dich retten, wenn sie nötig waren, sie bringen dich nicht um, sollten sie doch unnötig sein. Der eine kann das mehr oder weniger gut vertragen, der andere zerbricht psychisch und physisch dabei.
Ist man sehr jung, hat man natürlich mehr zu verlieren.
Mehr Lebensjahre.
Hat man ein mittleres Alter erreicht, kann man sich fragen, ob es nicht ok ist, falls das Unheil es will, dann irgendwann abzutreten, wie man vorher gelebt hat. Also wenn man jahrelang gesund und fit und unabhängig war, möchte man vielleicht nicht noch einige Jahre als Patient, von Behandlungen geschwächt und weniger frei, verbringen.
Keine Ahnung.
Ich habe beobachtet, dass viele Menschen durch eine Diagnose nicht gerettet wurden, sondern nur früher von ihrer Krankheit erfuhren und dadurch von der verbleibenden Zeit nichts mehr hatten.
Aber ich bin auch sicher bitter und zynisch geworden, weil ich so viel gesehen habe.
Aber wenn ich die vielen fleißigen Arztgänger im Umfeld beobachte, wie ungesund die plötzlich sind, weil alle möglichen Werte von der Norm abweichen, weil dann unzählige Untersuchungen folgen, zum Glück oft ohne schlimmen Befund, aber viele werden zumindest unter dauernde Medikamente gesetzt, ohne dass sie je Beschwerden hatten.
Man muss für sich selbst entscheiden, ob man das will.
Mich haben Arztbesuche immer extrem geängstigt, was da immer alles an Furchtbaren sein könnte, abgeklärt werden müsste, schon die Verdachtsdiagnosen auf den Arztberichten machen mich kaputt.
Möglich, dass meine Haltung mich später mal umbringt, ich empfehlen es auch nicht zum nachmachen.
Aber die umgekehrte Variante wäre für mich noch unerträglicher.
12.04.2022 09:10 •
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