Da ich gerade ein sehr interessantes Video über DogScan (möglichen Lungenkrebs erschnüffeln lassen für 120 Euronen) gesehen habe, möchte ich hier gerad auf dieses Thema mal genauer eingehen. Quellen werd ich wie immer bei sowas verlinken.
Warum Selbsttests wie DogScan keine Lösung sind – und im schlimmsten Fall mehr schaden als helfenIch lese hier im Forum immer wieder, dass einige, wenn Ärzte nichts finden, lieber selbst aktiv werden und auf alternative Testmethoden zurückgreifen – beispielsweise DogScan für Lungenkrebs oder diverse andere Anbieter für Blut im Stuhl, Vitaminmangel etc.
Schauen wir uns hier zunächst mal DogScan an:Für alle, die es noch nicht kennen:
DogScan ist ein Test, bei dem angeblich speziell trainierte Hunde durch eine Atemprobe Lungenkrebs erschnüffeln können.
Auf der Website von DogScan wird sogar mit über 99 % Genauigkeit geworben. Klingt erstmal unglaublich beruhigend – aber genau da liegt das Problem.
ABER:Laut einer DogScan-
nahen Studie aus dem Jahr 2021 lag die tatsächliche Trefferquote (also der sogenannte positive Vorhersagewert) bei 81,08 %. Das bedeutet:
Das fast 2 von 10 Leuten ein potenziell tödliches (falsch positives) Ergebnis bekommen – völlig unbegründet.Auch die weitere Studienlage ist nicht so rosig, wie es scheintDogScan beruft sich auf eine weitere Studie mit 77 Krebspatienten und 355 gesunden Probanden – mit angeblich 97,6 % Trefferquote.
Aber: Der verwendete Atemtest selbst hatte nur 78 % Zuverlässigkeit – und eine frühere Studie aus 2006 zeigte: Zwar erschnüffelten Hunde alle Krebsfälle (100 % Sensitivität), aber sie hielten auch jeden dritten Gesunden fälschlich für krank (nur 33 % Spezifität).
Das sind sogar 3 von 10 Teilnehmern!Quelle:
Und auch weitere Selbsttests auf Mängel oder gar Blut im Stuhl sind nicht minder gefährlich:
Ungenauigkeiten bei Selbsttests:
Ein Artikel im British Journal of General Practice weist darauf hin, dass die Zuverlässigkeit von Heimtests häufig hinter der von Labortests zurückbleibt.
Falsch-Positive bei geringer Vortestwahrscheinlichkeit:Selbst bei einer hohen Sensitivität (z. B. 95 %) und Spezifität (z. B. 95 %) führt ein Test in einer niedrigen Prävalenzgruppe (also wenn die Krankheit selten ist) zu vielen falsch-positiven Ergebnissen.
Beispiel laut Artikel:Bei einem Krebstest mit 95 % Spezifität in einer Gruppe mit nur 1 % Erkrankungsrate, ergibt sich ein positiver prädiktiver Wert (PPV) von nur 16 %,
d. h. 84 % der positiven Ergebnisse sind falsch positiv.Quelle:
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6058634Probleme bei der Probenentnahme und dem Versand:Die korrekte Durchführung von Selbsttests erfordert präzise Probenentnahme und -handhabung. Fehler hierbei können die Testergebnisse verfälschen. Ein Artikel im Journal of the National Cancer Institute betont, dass Verzögerungen beim Versand von Proben die Genauigkeit von Tests, wie z.B. dem fäkalen immunochemischen Test (FIT) zur Darmkrebsfrüherkennung, beeinträchtigen, ebenso die ungeübte Entnahme von Proben und deren Handhabung.
Selbst beim ärztlich durchgeführten Tests zeigte sich eine falsch-positive Rate:
Bei 1.000 getesteten Personen erhalten etwa 60–80 Personen ein positives Testergebnis – obwohl sie keinen Krebs haben.
Und diese schließen noch nicht die genannten Faktoren wie unsaubere Durchführung, Probenentnahme und die Risiken des Versandwegs (Zeit/Temperaturen/Schwankungen) ein. Hier liegt die Rate deutlich höher.
Quelle:
https://jamanetwork.com/journals/jamane. le/2821348 Und genau hier liegt die Gefahr – gerade für Menschen mit Krankheitsangst:Ein falsch-positiver Test kickt direkt in die größte Angstzone. Statt kurz zu denken „vielleicht ist der Test einfach nicht zuverlässig“, geht sofort das Kopfkino los: „Das ist der Beweis – ich habe etwas übersehen. Ich bin ernsthaft krank.“
Das verstärkt die Symptome, weil der Körper in Dauerstress geht: Herzrasen, Druck im Kopf, Magenkrämpfe, Schwindel – und zack, schon fühlt sich das an wie der Anfang vom Ende. Man geht zum Arzt, lässt alles Mögliche abklären – aber statt Beruhigung kommt der nächste Zweifel: „Warum zeigt der Test etwas, wenn doch angeblich alles in Ordnung ist?“ Das Vertrauen in die ärztliche Diagnose bröckelt, und die Angstschleife wird nicht gestoppt, sondern mit voller Wucht weiter angetrieben:
- Arzt sagt alles ok - man glaubt es nicht - macht Selbsttest - Selbsttest positiv - man geht zum Arzt - Arzt testet und sagt ist alles ok - man glaubt es nicht. usw usw uswWie will man aus diesem Kreislauf noch raus kommen, wenn der Selbsttest ja-aber der Arzt nein sagt und man kein Vertrauen in den Arzt hat? Und das hat man ja nicht-sonst hätte man nicht selber getestet obwohl der Arzt sagt: Alles ok!
Der Körper merkt sich: „Falsche Sicherheit – nächstes Mal teste ich früher, öfter, gründlicher.“ Und so beginnt ein Teufelskreis aus ständiger Kontrolle, Rückversicherung, Googeln und neuen Selbsttests.
Ein falsch-positiver Test ist bei uns nicht nur ein kleines Missverständnis, sondern ein Brandbeschleuniger für die Angstspirale. Deshalb ist es so wichtig, sich nicht auf fragwürdige Tests zu verlassen, sondern bei Symptomen einen Arzt aufzusuchen – und bei Sorgen lieber in die Therapie als ins Labor zu investieren.
Wenn es auch nur den leisesten, ernstzunehmenden Verdacht gibt, WIRD der Arzt testen! Wenn er sagt Es ist nicht nötig, dann VERTRAUT darauf! Macht so nen Quatsch nicht zuhause!