War bis eben bei Freunden zu Besuch. Das war schön, wir haben viel geredet und gelacht. Bis ich plötzlich wieder so ein leises Muskelzucken in den Beinen bemerkte. Als dann nach einer kurzen Weile auch noch ein Zucken in der Brustmuskulatur hinzukam, war's wieder vorbei. Kalte Angst im Nacken, die ganze Panik im Schnelldurchlauf durchs Gehirn gerast: Ich werde jetzt nicht so einfach zum Arzt gehen können (Montag ist ja auch noch Feiertag), was, wenn es doch die Krankheit ist? Vielleicht kommt sie irgendwie schleichend? Vielleicht wache ich schon morgen früh verkrampft auf und kann mich nicht mehr bewegen? Die Hölle!
Warum muß ich mir das dauerd vor Augen halten?
Ich bin dann natürlich gleich nach Hause gefahren, mir war alle Freude vergangen. Erstmal alleine, ging's dann richtig los. Angst, Angst, Angst. Vom Recherchieren konnte ich mich zum Glück abhalten. Eigentlich ist es unsinnig, weiß ich ja. Mir geht es ansonsten gut. Ich habe kein Fieber, keine Schmerzen, keine sonstigen Mißempfindungen, aber eben dieses leise Zucken, von dem ich meine, es sei sonst - normalerweise - nicht da (vielleicht habe ich es bisher aber auch nur noch nicht bemerkt?) Eine solche Infektionskrankheit kommt sicher nicht einfach mit einem leisen Zucken. Da wird der Körper schon erstmal ziemlich heftig reagieren - und das war ja nicht der Fall, bisher. Die Symptome, die ich in den letzten Tagen hatte, begannen genau zu dem Zeitpunkt, als ich was von Tetanus gelesen habe. Und sie verschwanden schlagartig, als ich in der Lage war, sie als Symptome der Angst anzusehen.
Aber da ist doch noch irgendwas in mir, das dauernd bohrend nachfragt, ob es vielleicht möglich sein könnte, daß sich die Krankheit - vielleicht untypisch spät - doch noch meldet. Und jetzt kann ich ja auch nicht ohne weiteres zum Arzt. Höchstens Notaufnahme... Und wenn die tatsächlich feststellen sollten, daß es Tetanus ist, werden sie nichts machen können. Ist ja Glückssache, das zu überleben...
Warum zweifle ich dauernd? Warum mache ich mir das Leben damit selber zur Hölle? Es ist doch dumm, sich so auf diese, zugegeben, extrem gering wahrscheinliche Möglichkeit zu konzentrieren, diese Krankheit zu haben. Es ist tausendmal wahrscheinlicher, bei einem Autounfall zu sterben, es ist selbst wahrscheinlicher, von einem Blitz getroffen zu werden, als in Deutschland an Tetanus zu erkranken (zumal, wenn man unter 50 Jahre alt ist).
Warum beruhigt mich das alles trotzdem nicht? Warum trotzdem diese blöde Angst? Müßte ich nicht eigentlich viel mehr Angst haben, in einen tödlichen Verkehrsunfall verwickelt zu werden? Habe ich nicht. Ich fahre gerne Auto und habe dabei nicht die geringste Angst. Müßte ich nicht viel mehr Angst haben, an Grippe, Krebs, MS, Schlaganfall oder Herzinfarkt zu sterben? Habe ich nicht. Obwohl ich in der Verwandtschaft einen Fall erlebt habe, wo ein geliebter Mensch an einer Virusgrippe gestorben ist. Krebsfälle gab es in der Familie auch schon. Und auch Schlaganfälle und Herzinfarkte. Diese ganzen Risiken sind so präsent und könnten so bedrohlich auf mich wirken. Tun sie aber nicht. Ich kann damit umgehen. Wenn ich dran bin, bin ich eben dran, sage ich mir. Und gut.
Aber bei dieser blöden Tetanus-Sache jagt mir ein kurzes Muskelzucken, das ich vielleicht sonst auch habe aber gar nicht registriere, wieder und wieder die Angst in den Nacken? Das ist doch widersinnig. Ich begreife das einfach nicht.
11.06.2011 00:25 • • 16.06.2011 #1