Ganz generell zu dem Thema, für einen Phobiker und ängstlichen Menschen ist die Angst vor ALS der Jackpot. Das soll nicht abwertend klingen, aber es enthält einfach alles, worauf wir so anspringen. Eine tödliche Krankheit, keine Hoffnung auf Heilung, und einzelne Symptome davon hat praktisch jeder. Ich weiß wovon ich spreche, ich hatte (habe?) diese Angst vor ALS auch. Aber ich habe mich davon befreien können,
ohne zum Arzt zu gehen. Denn in unserer Konstellation, hilft uns ein Facharzt nicht wirklich (oder nur zeitweise) weiter. Denn die Medizin kann uns keine 100%ige Sicherheit geben. Kein medizinischer Test der Welt besitzt eine 100%ige Spezifität und Sensitivität. Selbst beim sogenannten Hirntod gab es immer wieder Überraschungen.
Aber wir Angstmenschen wollen diese 100%ige Sicherheit, weil wir einen starken Glauben an das Unwahrscheinliche haben. Eine Aussage wie sie haben mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit kein ALS macht uns schon stutzig. Aber ein Arzt, der uns sagen würde, sie haben zu 100% kein ALS würde lügen. Was uns oft fehlt, ist wieder an das Wahrscheinliche zu glauben und zu vertrauen.
Zu den Symptomen, wer häufig Schmerzen, Kribbeln, Schwächegefühle, Zucken, Vibrieren an den Muskeln im ganzen Körper hat, sollte für sich mal nachprüfen, ob nicht eine Fibromyalgie viel wahrscheinlicher ist. Denn alle diese Symptome können bei dieser Erkrankung auftreten. Hinzu kommen häufig Angstgefühle, depressive Phasen, Schlafstörungen, Reizmagen, Reizdarm, Kälteempfindlichkeit usw. hinzu. Zweidrittel bis 80% der Fibromyalgie-Patienten haben Muskelzucken als Symptom. Die Zuckungen tauchen übrigens meistens an den Stellen auf, wo die Fibro-Patienten auch ihre Tender Points haben, als überall am gesamten Körper. 2-4% der Menschen in der Welt leiden mehr oder weniger stark an Fibromyalgie. Das sind Größenordnungen mehr als bei der ALS. Wer das erste Mal die Auswirkungen der Fibro spürt, kann irritiert sein und geht zu zig Ärzten wie Rheumatologen, Internisten und Neurologen. Und die meisten finden nichts. Fibromyalgie wurde lange Zeit als Verlegenheitsdiagnose gesehen. Aber jetzt ist sie von der WHO voll anerkannt und es ist sogar möglich, ohne dutzende Untersuchungen hinter sich zu bringen, sie zu diagnostizieren. Und auch ein wichtiger Punkt, Fibro-Patienten haben tendenziell einen Magnesiummangel.
Übrigens ähnliche Aussagen kann man auch zur Schilddrüsenunterfunktion machen. Selbst in der latenten Form können ähnliche Symptome auftreten. Also nicht immer dem HA glauben, wenn er behauptet, die Schilddrüse ist in Ordnung. Leider wurde lange Zeit die TSH-Obergrenze auf 4,5 gelegt. Heute liegt sie wohl meistens bei 4,0, aber viele Experten meinen, dass eine Unterfunktion schon ab 2,5 anfangen kann.
Eines noch, was mir bei vielen Geschichten über User mit ALS-Angst aufgefallen ist (ich habe in meine Hochphase viele solcher Threads gelesen), es ist ein starke Glaube vorhanden, dass die Psyche doch keine Krankheitszeichen wie Schwäche und Muskelzucken erzeugen kann. Die Leute sind teilweise zu 9(!) verschiedenen Neurologen gegangen und meinten jedes Mal, er hätte was übersehen. Viele glauben eher daran, dass entweder ALS oder eine ganz bestimmte Krankheit dahintersteckt, die rein körperlich ist. Und diese Vorstellung ist einfach grundfalsch. Die Psyche ist in der Lage, dich wie einen sterbenskranken Menschen fühlen zu lassen. Nicht nur das, er kann Deine Muskeln zum schmerzen und zucken bringen. Im Grunde ist auch der gesunde Körper dazu in der Lage. Aber die Psyche verhindert, dass das schnell wieder verschwindet. Ich habe das selbst sehr oft erlebt. Speziell bei Lid- und sonstigen Muskelzucken habe ich irgendwann verstanden, dass das ein Stress-Indikator ist. So wie bei mir auch Appetitlosigkeit und ein hoher Ruhepuls. Wenn mein Ruhepuls nicht bei 72 oder niedriger liegt, sondern eher bei 84 und mehr, dann bin ich fast sicher gestresst. Und zwar nicht positiv gestresst, sondern negativ. Und so ist es auch bei den Körperempfindungen und -reaktionen. Wenn man das 3-4 mal erlebt hat, wie das Zucken zu- und abnimmt, wenn der Stress zu und abnimmt, dann fasst man wieder auch Vertrauen in den eigenen Körper. Man darf aber nicht denken, dass ein stressfreies Leben heißt, man habe dann gar keine Zuckungen mehr.
So, das wollte ich unbedingt mal loswerden zu dem Thema. Keine Ahnung, ob es hilft. Mir hat das aber alles geholfen.