Oha... jetzt geht's ans Eingemachte.
Zwar komme ich mir schon fast ein bisschen so vor wie Markus Lanz, der immer die Gegenposition vertritt, aber ich wollte es ja nicht anders.
Vorab will ich aber noch kurz sagen, dass ich natürlich die gute Intention hinter diesem Thread durchaus verstehe und grundsätzlich auch nichts dagegen habe alles ein bisschen lockerer zu sehen, aber ich bin eben bei ein paar entscheidenden Punkten nicht so leicht zu überzeugen und deswegen stelle ich mich auch gerne dieser Diskussion. Vielleicht gehe ich ja am Ende sogar noch als geheilt daraus hervor.
Ok, also fangen wir an...
Zitat von Hicks: Ich glaube, da hast Du Deine bisherige(n) Therapie(n) nicht richtig verstanden oder hattest noch keinen guten Therapeuten. Das, was Du beschreibst, ist eigentlich nämlich nicht das Ziel einer solchen Therapie.
Jap, das kann durchaus sein. Ist wie gesagt nur meine persönliche Erfahrung und die war leider sehr dürftig.
Zwar wurde das von den Therapeuten zum Teil sehr kunstvoll umschrieben, aber im Endeffekt ging es immer nur darum... Sie haben nichts. Sie wurden doch umfassend untersucht. Ihre Symptome sind nur psychisch bedingt. Sie müssen lernen Ihrem Körper zu vertrauen... usw.
Toll für den, der das kann; mit hat's leider nichts gebracht.
Zitat von Hicks: Diesem Ding würdest Du also vertrauen? Was ist mit den ganzen Ärzten, die uns alle hier regelmäßig (teils monatlich) durchchecken und immer wieder bekunden, dass wir körperlich gesund sind? Wieso traut denen keiner?
Ja, wenn's so gut ist wie von mir beschrieben, würde ich dem Ding zum Teil sogar mehr vertrauen als so manchen Ärzten. Siehe das Beispiel von Pübbels' Mutter von vorhin...
Zitat von Pübbels: Meine Mutter ist wegen inkompetenten Ärzten beinahe in die ewigen Jagdgründe gegangen. Es war mein belesender Herr Vater ,der das Problem dann erkannte. Muss man sich mal wegtun . 3 Kliniken haben das nicht erkannt !
Und WENN das Gerät denn dann mal anschlägt, DANN gehe ich damit zum Arzt und sag, er soll sich das ansehen. Dann bin wenigstens ICH nicht der Hypochonder, der sich schon wieder was einbildet.
Zitat von Hicks: Soweit ich gehört habe von der Firma Bio-Super-Duper, lässt sich die Sensitivität in 5 Stufen regeln
Hmm... so viel Freiheit würde ich dem Patienten gar nicht lassen. Die K.I. hat anhand der Millionen von Daten aus den Datenbanken zu entscheiden, was (noch) ok ist und was nicht.
Zitat von Hicks: Was ist mit den teuren Apple-Watches? Teuer genug? Gut genug? Genau genug? Ohne Fehler?
Ne, ne, ne, mein Freund. Deswegen reden wir auch ein bisschen aneinander vorbei. Apple-Watches sind nicht teuer weil sie so gut sind, sondern weil sie von Apple sind.
Ich rede nicht von Consumer-Unterhaltungs-Elektronik. Das Gerät von dem ich hier träume ist eine ganz andere Kategorie. Wie schon gesagt... ein echtes Medizingerät. So zuverlässig und ausgereift wie moderne Herzschrittmacher. Und die Blutwerte sind von einer Genauigkeit, die einer Blutabnahme beim Arzt um nichts nachsteht.
Zitat von Hicks: Wie mir scheint, hast Du aber sehr viel Vertrauen in neueste und teure Technik.
Ja, weil ich von meinem eigenen beruflichen Hintergrund weiß, was Technik alles könnte, wenn es richtig gemacht ist.
Da gibt es eben einen sehr großen Unterschied, zwischen billiger Consumer-Elektronik (Apple-Watch) und anderen Sparten wie eben Medizintechnik oder Luftfahrt. Das fängt schon an beim Entwicklungsbudget, geht über die Auswahl der Bauteile, die Herstellungsprozesse, das Qualitätsmanagement, und und und.
Will jetzt aber hier nicht so weit abschweifen.
Zitat von Hicks: Hast Du auch so viel Vertrauen in Deinen Körper oder Deine Ärzte?
Kurze Antwort: Bedingt bis nein.
Warum kein Vertrauen in meinen Körper?
Weil in meinem Körper ständig so viele schädliche Dinge vonstattengehen könnten, ohne dass ich was davon merke. Und wenn ich es merke, ist es für eine gute Behandlung auch meistens schon viel zu spät.
Beispiel: Krebs
Warum kein Vertrauen in die Ärzte?
Weil die meistens hoffnungslos überlastet sind, selbst auch nur begrenztes Wissen und Möglichkeiten haben und wenn man dann auch noch bekannt ist als Hypochonder, wird man oft auch gar nicht mehr richtig untersucht.
Zitat von Hicks: „Man sollte immer sein Handy dabei haben, falls man plötzlich umkippt oder einen Unfall hat etc!“
(@Nodi - was meinst Du dazu? )
Jap, da rennst du bei mir offene Türen ein!
Ich hab manchmal sogar zwei Handys dabei.
Natürlich könnte man sagen: Wenn man auf der Stelle tot umfällt, nützt einem auch das Handy nichts (mehr).
Aber in vielen anderen Fällen, erhöht es die Überlebenschancen schon ungemein.
Beispiel: Herzinfarkt, welcher jetzt nicht ganz hochakut verläuft. Oder z. B. auch wenn man allein mit dem Fahrrad oder in den Bergen unterwegs ist und sich ernsthaft verletzt.
Kann mir echt keiner erzählen, dass es nicht sinnvoll ist, immer ein Handy dabeizuhaben. Nicht zuletzt auch deswegen, um ggf. Hilfe für andere zu holen.
Zitat von Hicks: Ich sehe das Problem im „Interpretations-Sensor“ des hypochondrisch veranlagten Menschen. Dieser Sensor ist bei den meisten schlichtweg defekt.
Wir haben durch unsere Erkrankung verlernt, objektiv zu interpretieren im Zusammenhang mit allem, was mit unserem Körper zu tun hat.
Ja eben, darum geht es im Endeffekt ja auch. Deswegen würde ich mir auch so ein Teil anschaffen (wenn es das gäbe), welches mir sofort immer sagen kann: Alles ok, oder vielleicht auch nicht ok.
Denn eines ist auch klar...
Wer Läuse hat, kann auch Flöhe kriegen.Natürlich sind viele Symptome psychisch bedingt, aber auch die Symptome eines Hypochonders können auch mal von einer echten, ernsten Erkrankung kommen.
Ist ja nicht so, dass Hypochonder von allen anderen möglichen Krankheiten befreit sind, nur weil sie Hypochonder sind.
Zitat von Hicks: In guten Therapien gelingt es, diesen Sensor zumindest teilweise wieder zu reparieren/zu justieren.
Wenn dies geschafft ist (aber nur dann) wäre ein Nutzen obiger Tools meiner Meinung nach wieder sinnvoll und würde vielleicht mehr Nutzen als Schaden anrichten.
Ich bin der Meinung, dass ein - ich betone nochmals - wirklich gutes und zuverlässiges Tool einem Hypochonder mindestens genauso viel nutzt (oder mehr), als einem Gesunden.
Zitat von Hicks: Je öfter man nachsieht/misst, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, irgendwann unnormale Werte zu erwischen.
Fragt mal einen Arzt, wie hoch er die Wahrscheinlichkeit einschätzt, dass Eure Blutwerte alle immer in der Norm landen, wenn Ihr jeden Monat eine Blutanalyse durchführen lassen würdet. Ungefähr klar, was ich meine?
Ja, das ist doch völlig klar. Darum geht es doch auch gar nicht.
Das Ding sollte natürlich schon auch so intelligent sein, dass es normale Abweichungen von bedenklichen Abweichungen unterscheiden kann.
Wenn ich grad ne fette Mandelentzündung habe, dann braucht das Ding nicht blöd rumtun, weil ich Fieber und erhöhte Entzündungswerte habe.
Meine Vorstellung von so einem Gerät geht da schon etwas weiter.
Zitat von Hicks: Der Körper ist keine perfekte Maschine. Er arbeitet ständig, reguliert, muss korrigieren und reparieren.
Wenn das so einfach wäre, dann würden wir ja niemals in unserem Leben ernsthaft krank werden, sondern einfach nach 100 Jahren tot umfallen.
Zitat von Hicks: Messen, fühlen, beobachten etc wäre für Hypochonder nur dann sinnvoll, wenn sie sich vor dem Messen bewusst werden, wie ihr psychischer Zustand ist.
Das könnte man aber auch andersrum sehen:
Dem (vermeintlichen) Hypochonder geht's nicht gut er misst bzw. lässt ein intelligentes Messgerät seinen Zustand checken Ergebnis: Alles normal, bis auf ein erhöhtes Stresslevel. Ergo: Symptome nur psychisch bedingt. Problem erledigt.
Ansonsten KÖNNTE es ja immer noch sein, dass...
Zitat von Hicks: Wie soll man überprüfen, ob eine mögliche, körperliche Erkrankung vorliegt, wenn die Psyche zum Zeitpunkt des Messens nicht komplett abgeschottet werden kann, also keinen Einfluss auf das Messergebnis haben kann?
Na klar wäre es dumm nur anhand eines einzigen Parameters (Puls) auf dem Gesundheitszustand zu schließen.
Da würde ich mir von einem so neuartigen und intelligenten Gerät, welches viele verschiedene Daten gleichzeitig erfassen kann, schon eine differenziertere Diagnose erwarten.
Zitat von Hicks: Wer von einem guten Therapeuten aufgeklärt wurde/Bescheid weiß, der weiß auch, dass unsere Psyche aber eben imstande ist, unzählige, echte (!) körperliche Symptome auszulösen (ja, sie sind keine Einbildung wie einige hier immer noch denken, sondern die Symptome sind echte, körperliche Reaktionen, nur der Auslöser für diese ist ein Fehler im System).
Es gibt übrigens sogar Blutwerte, die nur durch Einfluss von Stress negativ beeinflusst werden (selbst erlebt schwarz auf weiß).
Na selbstverständlich geht das. Keine Frage.
Gute Hypochonder wissen auch, dass bei Stress/Angst vermehrt Stresshormone ausgeschüttet werden, was wiederum zu erhöhtem Puls, Blutdruck und sogar Blutzucker führt und wahrscheinlich noch viele weitere sekundäre und tertiäre Effekte hervorruft.
Zitat von Hicks: Leider macht man das „Pulsmessen“ usw. aber meist gerade dann nicht, wenn wir uns super fühlen, keine Angst haben, keine Symptome haben usw (denn dann hält man es nicht für nötig), sondern stattdessen wird genau dann gemessen und gecheckt, wenn man sich eben auf irgendeine Art und Weise nicht rundum zufrieden fühlt/Angst hat/psychisch gestresst ist/eine innere Unruhe hat.
Ja genau, das liegt ja in der Natur der Dinge. Wenn's einem gut geht, geht's einem gut. ️
Natürlich macht man sich erst Sorgen, wenn es einem schlecht geht.
Mir hilft es dann immer mehr, wenn ich direkt eine Art Rückmeldung bekomme, dass es objektiv weniger schlimm ist, als wie es sich anfühlt, anstatt dass mir einer einfach nur lapidar sagt: Mach dir keine Sorgen, das ist bestimmt nur psychisch.
Zitat von Hicks: Ich sehe hoffnungslos überlaufene Notaufnahmen, Kliniken und Arztpraxen.
Wenn es gut gemacht ist, könnte es auch genau das Gegenteil bewirken.
Um es nochmal abschließend zusammenzufassen:Ich glaube, ob so ein neuartiges Körperüberwachungsgerät etwas Gutes oder Schlechtes wäre, hängt davon ab, wie intelligent es ist.Wenn es einfach nur ganz stumpf alle Blut- und Vitalparameter in Echtzeit anzeigt, ohne Kommentar und Interpretation, dann wäre das selbstverständlich PURES GIFT für jeden Hypochonder.Wenn es allerdings mit modernster Technik gelänge, ein intelligentes Gerät zu entwickeln, welches quasi wie ein persönlicher Leibarzt funktioniert und durch K.I. oder was auch immer, die Zusammenhänge zwischen den Werten richtig interpretieren und zwischen harmlos und kritisch zuverlässig unterscheiden kann, dann wäre das meiner Meinung nach ein echter Segen für Hypochonder und die gesamte Menschheit.Zitat von Hicks: Oder aber wäre es der Vermeiden von Triggern, welche die Ängste immer und immer wieder anfeuern und damit ständig am Leben erhalten?
Böse ausgedrückt könnte man auch sagen: Die eigene Gesundheit muss einem einfach mehr egal sein.
Das ist für einen Hypochonder aber per se schwierig, weil er offensichtlich (zu) sehr an seinem Leben hängt.