Hallo zusammen,
Der letzte Beitrag ist zwar schon ein wenig her, aber dieses Forum hat mir sehr geholfen und ich wollte meine Erfahrung auch nochmal teilen. Vielleicht kann das für jemanden in Zukunft auch hilfreich sein.
Erstmal berichte ich von meiner Geschichte. Weiter unten habe ich ein paar Erkenntnisse aufgelistet, die ich sehr interessant fand:
Mein pulssynchrones Ohrgeräusch kam im August 2023 langsam, schleichend und unregelmäßig auf der rechten Seite.
Es hat mich eigentlich nie gestört, doch da es für mich neu war, habe ich es im November beim HNO Arzt abklären lassen. Der Hörtest fiel sehr gut aus und mir wurde nichts weiter diagnostiziert. Klassischerweise wurde nach Stress gefragt und mir geraten (noch) mehr Sport zu treiben.
Dadurch wurde es allerdings nicht besser. Im Gegenteil! Pünktlich zu Neujahr 01.01.2024 kam das Rauschen im Ohr und ging nicht mehr weg. Wieso kann ich nicht ergründen. Aber die Lautstärke nahm zu und besonders nachts begann es so zu stören, dass ich entweder nicht einschlafen konnte oder sogar vom Geräusch nachts aufwachte und nicht wieder einschlafen konnte.
Es hat mich dann psychisch extrem belastet und ich habe nicht lange gewartet wieder zum HNO Arzt zu gehen, doch die Aussage war die gleiche wie im November. Beim Hausarzt wurde mir vorgeschlagen, doch mal Akupunktur zu probieren.
In der Zwischenzeit fiel mir auf, dass ich das Geräusch aktiv unterbinden konnte, indem ich mit zwei Fingern hinten am Kopf/Nacken in naher Umgebung des Ohres Druck ausübte und so wohl den Blutfluss etwas manipulierte. Eine entsprechende Haltung beim schlafen war allerdings nicht möglich.
Nach langer selbstständiger Recherche und den Beiträgen in diesen Foren lies mich der Gedanke also nicht los, es könnte eine durale AV Fistel sein.
Mit dieser Überzeugung ging ich zu meinem Arzt des Vertrauens und bat ihn mir bei der Diagnose zu helfen und nach dem Krankheitsbild zu forschen.
Er empfahl mir dann nach einem längeren Telefonat mit der Neuroradiologie eines Krankenhauses eine MRT Untersuchung mit Kontrastmittel und eine Angiographie.
Die MRT Aufnahmen hatten glücklicherweise (oder unglücklicherweise - je nachdem wie man es sieht) eine arteriovenöse Durafistel ausgemacht.
Wie schon beschrieben, wird diese auch im MRT öfter übersehen.
Daraufhin wurde im Krankenhaus eine Angiographie gemacht, wobei die Fistel deutlich dargestellt werden konnte.
Obwohl das Risiko einer Hirnblutung als extrem unwahrscheinlich beschrieben wurde, habe ich mich aufgrund der einschränkenden Lebensqualität für eine OP (Embolisation- also dem Verschluss des betroffenen Gefäßes) entschieden.
Im April 2024 war es nun soweit und die Fistel konnte sogar beim 1. Eingriff verschlossen werden. Manchmal kann dies auch 2-3 Eingriffe erforderlich machen. Und zu meinem Glück verlief die OP nicht nur komplikationslos, auch das Geräusch war endlich weg und ich konnte seitdem wieder besser schlafen und meine Lebensqualität verbessern.
Nun ist der Eingriff knapp 3-4 Wochen her, doch merke ich, dass es mich psychisch schon etwas mitgenommen hat. Auch habe ich noch leichte Schmerzen in dem Bereich der ehemaligen Fistel, aber es ist erträglich und hoffentlich bald ganz weg.
Ich wünsche allen die eine ähnliche Geschichte haben alles Gute und Genesung!
Hier noch ein paar interessante Erkenntnisse:
Sogenannte Malformationen wie die AV Fistel können auch junge Leute betreffen (ab 30 Jahren)
Generell gilt die Erkrankung als sehr selten (statistisch gesehen müsste man wohl 300.000 Jahre alt werden, um einmal eine AV Fistel zu bekommen) und ist in Ärztekreisen weitestgehend unbekannt
Trotz der Seltenheit ist kann es wahrscheinlich sein, dass diese Gefässmissbildung aus einer Sinusvenenthrombose hervorgegangen ist, welche wiederum auch im Zusammenhang mit der COVID Infektion oder auch Impfung auftreten kann
Häufig bleiben die AV Fisteln unentdeckt - befinden sie sich allerdings in der Nähe des Ohres so kann das Strömen des Blutes was durch die Arterie mit höherem Druck in die Vene gepumpt wird, an den Gehörknochen weitergeleitet werden und dann als Geräusch bzw Rauschen wahrgenommen werden
Die Angiographie ist die einzig verlässliche Methode um eine AV-Durafistel wirklich zu untersuchen und ist für die Vorbereitung eines Eingriffs durch die Neuroradiologen Voraussetzung
In einzelnen Fällen ist es Patienten wohl auch gelungen, die Symptome durch konservative Behandlungsmethode zu lindern oder zu verbessern (z.b Mass. in dem Bereich) - Dies ist allerdings ebenfalls extrem selten
Wie viele schon beschrieben hatten, ist es tatsächlich ein guter Indikator für eine AV-Durafistel, wenn das pulssynchrone Ohrgeräusch durch leichtes/moderates Abdrücken der Halsgefässe am Nacken bzw. in der Nähe des Ohres, verschwindet - einfach mal ausprobieren, falls ihr glaubt eine solche Fistel zu haben (nicht mit Gewalt und zu viel Druck!)
Nach der Angiographie hatte ich tatsächlich eine Verbesserung des Ohrgeräusches vernommen. Teilweise war dies auch ganz Weg. Ich hatte deshalb kurz an der Entscheidung zur OP gezweifelt, doch kam es eine Woche vor dem Eingriff wieder und war genauso stark wie zu Beginn des Jahres. Als ich dies schilderte, sagte die Neuroradiologin, dass es durchaus durch das Kontrastmittel, welches bei der Angio gespritzt wird, zu einer vorübergehenden Besserung der Symptomatik kommen kann.
Sollte nichts von dem was ich beschrieben habe auf euch zutreffen, ist es wohl sehr unwahrscheinlich dass ihr eine AV-Durafistel habt.
Falls aber doch, bleibt beharrlich und zieht die Meinung eines Neuroradiologen heran. Das sind wirklich gute Fachleute und können im Zweifel helfen, die Symptome richtig einzuordnen.
10.05.2024 19:16 •
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