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Hallo,
ich bin Katharina. Ich habe seit 2 Jahren eine Angststörung und war deswegen in Therapie und einer Klinik.
Ich habe noch damit zu kämpfen aber kann meinen Alltag wieder ganz gut selbstständig gestalten.
Ich fand in der Klinik den Austausch mit anderen die das gleiche Problem haben ungemein toll.

Ich studiere Chemie und werde oft als dumm oder faul abgestempelt weil ich wegen der Angst nicht so leistungsfähig bin oder mich schlecht konzentrieren kann. Ich möchte aber nicht sagen dass ich eine Angststörung habe also muss ich mir das immer kommentarlos anhören. Ich finde es schlimm, dass mit psychischen Krankheiten nicht genauso offen umgegangen wird wie mit körperlichen. Schließlich sind wir keine Irren und können auch nichts dafür.
Wer würde wohl einen Rollstuhlfahrer anschnauzen dass er nicht schnell genug die Treppen hochkommt?

Ich hoffe hier im Forum Gleichgesinnte zu treffen mit denen ich mich austauschen kann.
Tschakka, ihr schafft das!

10.03.2011 13:56 • 06.03.2023 #1


11 Antworten ↓


Das ist auf jeden Fall ein Punkt an dem sich unsere Gesellschaft noch weiterentwickeln muss.

Noch vor 50 Jahren wurden Menschen mit körperlicher Behinderung als Krüppel abgestempelt die nur von oben herab bemitleidet wurden. Und Menschen die Taub, Stumm oder Taub-Stumm waren wurden wie Idioten behandelt. Jetzt ist es langsam an der Zeit, dass auch seelische Erkrankungen gesellschaftlich akzeptiert werden.


Wobei das bei Depressionen immerhin schon - halbwegs - der Fall ist.

(Aus dem Grund habe ich den meisten die danach fragten was mir fehlt gesagt, dass ich eine Depression hätte. Da das die einzige seelische Erkrankung ist die zurzeit gesellschaftlich akzeptiert wird.)

A


Psychische Krankheiten gleichstellen mit Erkrankungen

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Hallo Kathi85, herzlich Willkommen hier im Forum. Toll das Dir der Klinikaufenthalt wieder auf die Beine geholfen hat.
Die Sache mit der Akzeptanz unserer psychischen Erkrankungen hat aber auch damit zu tun, das es ganz viele Betroffene gibt, die selber nicht an eine Erkrankung glauben. Wir müssen erst einmal selber erkennen, das wir KRANK sind, genauso krank wie mit einer Grippe, einer Migräne, Diabetes, Herzinfakt oder sonstigen Erkrankungen. Dafür nehmen wir ganz selbstverständlich die vom Doc verabreichten Tablettchen und Säfte, damit es uns wir besser geht. Doch bei Depressionen und Ängsten jeglicher Art wollen wir meistens ohne Hilfsmittel gesund werden.
Außerdem schämen sich die meisten Betroffenen sehr für ihr nicht funktionieren so stark, das sie mit niemanden darüber sprechen können oder wollen.
Und solange Wir Betroffenen nicht in die große weite Welt hinaus gehen und Aufklärungsarbeit leisten, wie sollen uns gesunde Menschen verstehen?!
Ich habe immer meinen Mund aufgemacht, bin fast nur auf Verständnis gestossen, und die wenigen ohne Verständnis- auf die kann ich prima Verzichten! Ganz erstaunt war und bin ich immer wieder, wenn ich von mir erzähle, wie viele Menschen in meinem Umfeld dann auch den Mund aufmachen, und siehe da...es gibt viel mehr Menschen mit Depris und Ängsten wie ich mir je vorstellen konnte. Nur ich gehe offen damit um, was die anderen nicht tun, und nicht einmal in Betracht ziehen sich einmal vom Hausarzt, geschweige vom Psychologen beraten zu lassen!

Ja, es stimmt zwar schon dass einen Gesunde nicht verstehen wenn wir nichts erklären ABER ich bin der Meinung dass man da sehr vorsichtig vorgehen muss. Ich schäme mich nicht für meine Angst, aber dennoch möchte ich das nicht jedem auf die Nase binden weil es etwas persönliches ist was nicht jeden etwas angeht und weil ich mich auch nicht verwundbar machen möchte. Ich habe Angst, dass dann schnell an der ganzen Uni Gerüchte über mich im Umlauf wären ich wäre gestört.

Die Leute, denen ich es erzählt habe, haben allerdings fast durchweg so reagiert wie auch du es beschrieben hast, erstens mit Verständnis und zweitens mit ach ja, ich kenne jemand der hat das auch. Ich denke dass heute sehr viele Menschen unter Ängsten und Depressionen leiden. Depressionen sind mittlerweile langsam gesellschaftlich akzeptiert, aber das war auch ein steiniger Weg (s. Robert Enke...).

Außerdem muss man Vorsicht walten lassen da man allzu schnell vom Gesundheitssystem oder potentiellen Arbeitgebern abgestempelt wird sobald mein ein psychisches Problem hat.

Ich war heute an der Uni und mir wurde schon wieder vorgeworfen ich solle nicht nur das Minimalziel verfolgen (es ging um eine Reihe von Vorträgen die ich im Semester hören sollte, 7 waren Pflicht und mehr habe ich teils indirekt wegen der Angst auch nicht geschafft). Es ärgert mich so dass man direkt als faul hingestellt wird und sich niemand mal Gedanken macht ob da nicht auch was anderes dahinter steckt. Sofort diese Vorwürfe! Und man darf nichts sagen weil bei uns diese Willkür herrscht und man sich bloß nicht mit seinem Prof/Betreuer... anlegen darf. Gerade in meinem Fachbereich fehlt es den Leuten dermaßen an sozialer Kompetenz, daran sich in andere reinzuverstzen. Außerdem herrscht Arroganz ohne Ende. Das macht das Studium wirklich unnötig hart.

Zitat von Kathi85:
Ich denke dass heute sehr viele Menschen unter Ängsten und Depressionen leiden.


Das auf jeden Fall. Allein in den letzten 10 Jahren soll sich die Zahl an Depressionserkrankungen mehr als verdoppelt haben


Wobei meiner Einschätzung nach das volle Potential an Therapiemöglichkeiten noch lange nicht voll ausgeschöpft ist.

Vor allem betreffend der Möglichkeiten das Vegetative Nervensystem zu trainieren besteht noch einiges an Forschungsbedarf. Dabei gibt es zahlreiche Ansätze die sehr vielversprechend sind. (Beispielsweise über Kneipp-Anwendungen, Sauna und Ausdauersport)

Kann mir jemand einen Tipp geben wie ich mit den arroganten Menschen an der Uni umgehen kann? Ich bekomme oft gesagt nimm das nicht persönlich oder lass das nicht so an dich ran. Das ist für mich aber nicht hilfreich weil ich keine Ahnung habe wie ich das konkret umsetzen soll. Ich weiß dass ich ziemlich sensibel bin und Sachen schnell persönlich nehme. Ich möchte das gerne ändern bloß weiß ich wirklich nicht wie. Es kostet so viel Kraft mich ständig zu ärgern und über diese Leute aufzuregen.

Mir geht es sehr ähnlich.

Seit meiner Kindheit leide ich an Nervosität und Unruhezuständen. Dadurch wirke ich auf andere überfordert und werde von vielen unterschätzt.

Mir hilft es immer wenn ich mir klar mache, dass ich denen die mich unterschätzen - meistens - geistig überlegen bin.

Zudem bin ich davon überzeugt, dass ich endlich einen Weg gefunden habe wie ich meine Nerven wieder zu 100% reparieren kann. Wenn ich das geschaft habe, werden alle die mich zuvor immer für einen hektischen planlosen Tollpatsch gehalten haben sehen wie sie sich in mir getäuscht haben

Hm, ja ich denke auch dass ich denen geistig überlegen bin. Das soll jetzt nicht überheblich klingen. Aber das war schon so als ich klein war, dass ich reifer war als viele in meinem Alter. ZB fand ich es total blöd, dass Leute nach ihrem Aussehen beurteilt oder gemobbt wurden. Ich wurde dann leider auch gemobbt...
Mir waren immer andere Werte wichtig. Ich finde es wichtig, andere Menschen so zu behandeln wie ich selber auch behandelt werden möchte. Toleranz, und jeder ist gleich und so. Leider vergessen Menschen das sehr schnell, sobald sie in einer noch so kleinen Führungsposition sind. Sobald sie Leute unter sich haben, behandeln sie sie wie Dreck.
Da hilft es mir leider nicht wirklich, zu denken dass ich denen überlegen bin. Ich habe das Gefühl bei anderen Menschen nciht gut anzukommen weil ich eben nicht diese Werte habe wie die meisten anderen. Es tut gut dass es dir ähnlich geht und ich nicht allein bin

Ich glaube so, oder so ähnlich geht es den meisten Leuten die von Angststörungen betroffen sind.

Dadurch das wir sensibler sind als der Durchschnitt sind wir anderen in bestimmten intelektuellen Bereichen überlegen (vor allem was das Einfühlungsvermögen betrifft). Gleichzeitig genau dadurch aber auch anfälliger für Angst-Störungen und Depressionen.

Daher hoffe ich, dass die Therapiemöglichkeiten auf die ich gestoßen bin (Kneipp-Anwendungen, Sauna und Ausdauersport) nicht nur mir, sondern möglichst vielen Leuten helfen die von Angst-Störungen, Somatoformen Störungen und Depressionen betroffen sind.

Das Potential das in diesen Therapiemöglichkeiten steckt, wartet praktisch nur darauf endlich erkannt und im großen Umfang eingesetzt zu werden.

Ja, das was du über Einfühlungsvermögen sagst dem stimme ich voll und ganz zu.

Ich denke man sollte bei Angststörungen möglichst viele Therapieformen kombinieren. Nur Sport und Sauna oder nur Therapie bringt meiner Erfahrung nach viel weniger als alles zusammen.

Langsam glaube ich ja du wirst dafür bezahlt für Kneipp und Sauna Werbung zu machen

Hallo Kathi85,

toll, dass dir der Klinikaufenthalt geholfen hat. Der Austausch mit anderen hatte mir dort auch ganz gutgetan.
Ich finde gut, dass du dieses Thema mal ansprichst, weil in der Beziehung muss unsere Gesellschaft wirklich noch einiges lernen, habe ich aufgrund meiner Erkrankung schon negative Erfahrungen machen müssen in meinem Umfeld und das ist alles andere als hilfreich.

LG

Zitat von Kathi85:
Hallo,
ich bin Katharina. Ich habe seit 2 Jahren eine Angststörung und war deswegen in Therapie und einer Klinik.
Ich habe noch damit zu kämpfen aber kann meinen Alltag wieder ganz gut selbstständig gestalten.
Ich fand in der Klinik den Austausch mit anderen die das gleiche Problem haben ungemein toll.

Ich studiere Chemie und werde oft als dumm oder faul abgestempelt weil ich wegen der Angst nicht so leistungsfähig bin oder mich schlecht konzentrieren kann. Ich möchte aber nicht sagen dass ich eine Angststörung habe also muss ich mir das immer kommentarlos anhören. Ich finde es schlimm, dass mit psychischen Krankheiten nicht genauso offen umgegangen wird wie mit körperlichen. Schließlich sind wir keine Irren und können auch nichts dafür.
Wer würde wohl einen Rollstuhlfahrer anschnauzen dass er nicht schnell genug die Treppen hochkommt?

Ich hoffe hier im Forum Gleichgesinnte zu treffen mit denen ich mich austauschen kann.
Tschakka, ihr schafft das!


@Kathi85

Hallo Katharina

Bezüglich ...psychische Krankheiten gleichstellen mit Erkrankungen...

Super, dass Du den Alltag wieder ganz gut selbstständig gestalten kannst. Das freut mich. Respekt!

Ich hoffe auch immer und mich motiviert es, wenn Dritte Erfolg haben, aber bisher hat noch nichts bei mir geklappt. Bei mir scheint sich die Angst schon manifestiert zu haben, da ich das leider nicht erst seit gestern habe. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber ab wann ist das Hoffen unrealistisch und naiv?
Ich vergleiche das immer mit dem Lotto-Spiel. Manche hoffen auf den Jackpot, obwohl die Gewinn- Wahrscheinlichkeit bei 1:139 Millionen liegt. Sollte man da oder bei anderen Dingen hoffen? Nun gut...

Ich war auch schon in ein paar Kliniken (Ambulant, stationär usw.), habe Gruppen- und Einzeltherapien usw. ebenfalls hinter mir. Zwecks Austausch konnte ich z.B. nicht so viel mitnehmen. Denn die Masse ist eben anders und wenn man eine handvoll Gleichgesinnte bei der Therapie trifft und davon ein oder zwei Personen es nachvollziehen können, bringt mir das bei der Masse da draußen in der Welt recht wenig. Es ändert weder die Gesellschaft/Masse noch habe ich dann diesbezüglich etwas davon. Dennoch finde ich es gut, wenn Du daraus etwas mitnehmen konntest. Respekt!

Glückwunsch, dass Du studieren darfst. Denn auch das Studieren bzw. den Zugang dazu ist von Diskriminierung geprägt.Das mit dem Andichten von Faulsein oder Dumm kenne ich. Ich habe in allen Lebensbereichen schlechte Erfahrungen und Noten erhalten, da mir meine Angst immer im Weg stand. Dritte haben dies dann immer als Ausrede definiert und mich ebenso als dumm und faul betitelt.

Ich verstehe es, da ich das Problem auch kenne. Weißt Du, bei physischen Krankheiten (abgesehen von ein paar Ausnahmen) erkennen Dritte das Problem. Bei den meisten psychischen Krankheiten erkennt man offen nach außen nichts, sodass dies für Dritte schwer erkennbar und greifbar ist. Des Weiteren sind heute mehr denn je psychische Krankheiten ein TABU-THEMA bei uns im Westen, der Leistungsgesellschaft und im Kapitalismus. Zahlen zeigen ja eher das Gegenteil, dass Praxen, Kliniken usw. überfüllt sind. Die Masse hofiert damit nicht und gibt es nicht zu, da es zumeist mit Schwäche, unmännlich und nicht normgerecht assoziiert wird. Insofern ist es klar, dass normale Krankheiten anders angesehen und anerkannt werden, als psychische Erkrankungen!

Ich sehe da keinen Unterschied. Es ist beides gleichwertig.

Es liegt an der Masse/Gesellschaft, den Medien, der Norm, der Erziehung, Gruppen usw.
Schon als Kind wurde z.B. mir beigebracht, dass Männer dies und jenes (nicht) tun. Man solle sich zusammenreißen usw.

Ich kenne das alles und bin Betroffener, verstehe Dich daher auch sehr gut.

Shakalaka Boom Boom!

A


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Prof. Dr. Heuser-Collier
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