Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich mal in einem Forum wiederfinden würde, doch hier bin ich nun und möchte meine Angst mit euch teilen. In der Hoffnung auf einen Rat, Verständnis oder eine ähnliche Form des Zweifelns, denn momentan fühle ich mich mit meinen Beschwerden sehr allein. Bitte geht respektvoll mit dem Geschriebenen um, aber seid trotzdem ehrlich.
Zu meiner Person: Ich bin 24 Jahre alt, Studentin, schreibe gerade meine Bachelorarbeit und arbeite parallel beim sehr viel. Bis Januar diesen Jahres bin ich super sportlich gewesen, habe jeden Tag trainiert, meinem Körper eine Menge abverlangt. Ich habe viel getanzt und bin fast Marathon gelaufen und Sport, besonders Ausdauersport, war bis zu diesem Jahr mein Leben und Ausgleich zum stressigen Alltag
Seit Mitte Januar ging es mit meinen Beschwerden los und seitdem leider nur noch stetig bergab. Anfänglich waren es nur Knieschmerzen, weshalb ich der Meinung war, ich hätte es beim Training übertrieben. Es wurde aber nicht besser, hinzu kamen Missempfindungen und Steifheit in den Beinen, angefangen oberhalb der Knie. Meine Beine fühlten sich schwer und belegt an. Außerdem habe ich seitdem extreme Muskelzuckungen im Wadenbereich (aber auch anderen Regionen, z.B. den Händen, Schultern oder der Lippe), die immer in Ruhe vorkommen und einfach nicht mehr aufhören.
Die Zuckungen an den Waden kann ich permanent sehen, sie sehen aus wie große Beulen unter der Haut und machen mir eine Heidenangst, da sie einfach nicht aufhören und immer auf beiden Seiten, aber sehr unregelmäßig verlaufen. Durch sie kann ich mich nicht konzentrieren und beobachte meinen Körper ständig, was mich sehr belastet. Sichtbar sind sie teilweise auch in meinen Händen, aber nur ab und zu. Zudem habe ich ein Taubheits- und Schwächegefühl ist in meiner linken Wade, diese Stelle fühlt sich bis zum Fuß abwärts schwer und kraftlos an. Ebenso seit Neuestem meine linke Hand.
Ich habe zunächst folgende Untersuchungen vornehmen lassen: MRT Kniegelenk links und rechts, MRT Schädel und HWS, Blutwerte. Alles unauffällig, Gott sei Dank, weshalb ich abwartete. Die Beschwerden gingen jedoch nach dem kurzen Moment der Freude einfach nicht weg, ich fühlte mich kraftlos, schlapp, ängstlich und allein, da ich auch von meiner Hausärztin mit den Worten Das ist alles nur in Ihrem Kopf mit einer Überweisung zum Psychologen weggeschickt wurde.
Dazu muss man an dieser Stelle sagen, dass die Angst vor schlimmen Krankheiten schon seit Längerem in mir schlummert, da ich vor fast 10 Jahren im Alter von 15 Jahren aufgrund einer Hirnhautentzündung und einer parallelen Blutvergiftung im Koma lag. Ich habe also schon einmal am eigenen Leib erlebt, wie es ist, eine seltene und schlimme Diagnose zu erhalten, ohne je zu erfahren, wie es dazu gekommen ist. Ich weiß, dass ich seitdem total panisch reagiere, wenn etwas mit meinem Körper nicht stimmt und erst jetzt begreife ich, wie tief diese schlimme Erfahrung eigentlich in mir sitzt, was sie mit mir anrichtet und an welchen Punkt meines jungen Lebens sie mich gebracht hat.
Doch erstmal weiter im Text:
Als ich über familiäre Kontakte zu einer kleinstädtischen Neurologin ging und meine Symptome beschrieb, fragte sie mich nach meinem Impfstatus. Die kompletten Beschwerden, körperlich als auch seelisch, starteten nämlich genau zwei Wochen nach meiner Booster-Impfung, die ich circa knapp über einen Monat nach meiner Corona-Infektion hatte. Seit dieser Zeit quäle ich mich nun mit der Frage, was mit meinem Körper nicht stimmt. Und zerbreche daran.
Sie überwies mich mit Verdacht auf eine Entzündung des ZNS in ein Krankenhaus, da sie stark davon überzeugt war, die Probleme hätten etwas mit der dritten Impfung zutun. Dort wollte das natürlich keiner hören und der Verdacht wurde vehement abgewiesen. Es wurde eine Lumbalpunktion gemacht sowie MRT des Lenden- und Brustwirbelbereichs – ohne Befund. Außerdem wurde die Nervengeschwindigkeit meiner Beine gemessen: Zweimal kam heraus, dass ein Wert (genau an meiner linken Wade, wo ich die Taubheitsgefühle habe) für mein Alter sehr grenzwertig sei und sie nicht wüssten, ob sie es als Schaden oder "noch im Rahmen" einstufen sollten. Am nächsten Morgen sollte ich den Wert erneut messen lassen, nachdem ich heiß geduscht hatte – und plötzlich war er im Normalbereich, was ich nicht verstehen kann, da ich doch an dieser Stelle auch dieses Schwächegefühl habe. Auch jetzt noch.
Nun. Ich wurde ohne Folgetermin und weitere Untersuchungen entlassen und hatte nach wie vor keine Ahnung, was mit mir nicht stimmt. Ich merkte aber, dass etwas nicht in Ordnung ist, da ich meinen (sonst normalerweise sehr fitten) Körper sehr gut kenne. Die Laborwerte zeigen einen leicht erhöhten CK-Wert, was aber nicht weiter beobachtet wurde, da ich mich relativ viel bewege. Es wurde gesagt, das kann vorkommen - sogar bei Stress. Und dieser Stress und die innere, psychische Belastung ist seit Januar schließlich Dauerzustand meines Körpers.
Es wurde zunächst kein EMG gemacht, obwohl ich meine Zuckungen ansprach. Als ich wieder zu Hause war, ging es mir noch schlechter als davor. Ich hatte mir so sehr gewünscht, dass mit dem Krankenhaus-Check (zu dem ich mich wirklich überwunden habe, schließlich habe ich seit der Sache damals panische Angst) endlich mit einer Lösung nach Hause komme, durch die ich weiß, was nun zu tun ist, damit es wieder bergauf geht und ich endlich wieder lachen kann. Vergeblich. Meine Hände und Waden verkrampften, alles kribbelte und zuckte ununterbrochen. Ich sehe jede Bewegung unter der Haut und meine innere Panik diesbezüglich macht es sicher nicht besser.
Ich fing an zu googeln – leider Gottes, denn das wurde mir zum Verhängnis – und stieß, egal wie ich es drehte, auf ALS. Seitdem wird alles immer schlimmer, ich wurde psychologisch mit der Diagnose hypochondrische Störung aufgenommen und ich kann im wahrsten Sinne des Wortes nicht sagen, ob mein Zustand schlimmer wird, weil ich wirklich diese Krankheit entwickele oder weil meine Psyche mich dahin treibt. Ich habe eine wundervolle Beziehung, tolle Freunde und Familie und, wenn man es so sagen kann, so ein schönes Leben. Weshalb meine Angst, bald nicht mehr auf dieser Welt und ernsthaft krank zum sein, immer schlimmer wird.
Es mag sich für einige vielleicht komisch anhören, denn ich selbst kenne viele, die sich über Krankheiten so gar keinen Kopf machen. Aber ich bin eben so. Während Andere in so einem Ausnahmezustand denken würden Ich bin doch viel zu jung, die Krankheit ist super selten, wieso sollte ausgerechnet ich diese Krankheit bekommen? ist in meinem Kopf nur der Gedanke Was, wenn es wieder mich trifft?, da es im Umkehrschluss eben ausgerechnet ICH war, die auch damals diese schlimme Krankheit bekommen hat.
Doch bei dieser AL*-Angst bin ich nun an einem Punkt angekommen, an dem ich zerbreche. Ich habe gegoogelt, bin absolut panisch geworden und stecke aktuell so in meiner Angstspirale fest, dass ich jeden Tag nur weine und nicht mit mir allein sein kann. Ich habe Panikattacken, Probleme zu reden und total depressive Verstimmungen, meine Familie, meine Freunde, jeder sagt, es sei meine Psyche und körperlich habe ich nichts, doch ich kann das nicht glauben, denn die Symptome sind ja da! Und man kann sie ja sogar sehen. Ich bin total schlapp, meine Arme und Beine sind kraftlos, alles zuckt und zappelt. Zusätzlich bilde ich mir ein, meine Muskeln gehen zurück. Ich habe einfach keine Kraft mehr. Aus dem sonst so glücklichen und lebensfrohen Mädchen wurde ein Mensch, der nur noch in Angst lebt.
Ich habe mir zusätzlich eine privatärztliche Neurologin gesucht, da es mir mittlerweile sogar egal war, es selbst zahlen zu müssen – ich wollte nur endlich eine Lösung finden und das Gefühl haben, es sorgt sich jemand um meine körperlichen Beschwerden. Sie sagte, ich soll dringend an meiner Angst arbeiten und überwies mich auf meine Bitte trotzdem zu einem EMG, das erst in einem Monat ist. Ansonsten sagte sie (wie viele andere auch), dass sie sich nicht vorstellen könne, als würde ich eine A** entwickeln.
Ich wartete seitdem nur noch auf den Termin in einem Monat, wartete und bangte, da ich irgendwie dachte, ich könne bis dato nicht richtig leben, weil sich ja dann dort erst rausstellen würde, dass es hoffentlich nicht das ist, wovor ich mich am meisten fürchte.
Letzte Woche ist mir das Warten abgenommen worden: Beim Radfahren ist mir die Hand eingeschlafen und seitdem ist sie taub, auch jetzt noch, wir sind am Abend in die Notaufnahme gefahren und ich musste dort bleiben. So kam ich endlich zu einem beiläufigem EMG, was unauffällig war. Ich teilte dem Arzt im Krankenhaus meine Angst vor der schlimmen Krankheit mit und er sagte, wenn irgendetwas wäre, dann hätte er es im EMG gesehen. Obwohl es in genau dem Moment nicht sichtbar gezuckt hat? Und haben Sie auch wirklich die richtige Stelle untersucht?, fragte ich. Ja, Sie haben keine AL*., meinte er.
Und jetzt kommt es: Dennoch kann ich einfach nicht aufatmen und mich damit abfinden. Statt glücklich zu sein, wurde es NOCH SCHLIMMER. Ich habe leider gelesen (sinnlos!), dass auch ein EMG eine A** nicht ausschließen kann beziehungsweise jemand schon einmal ca. 8 EMGs hatte, die unauffällig waren und dann trotzdem eine A** entwickelt hat. Ich weiß, dass das für mein Alter sehr unwahrscheinlich wäre, aber komme von der permanenten Angst nicht weg! Jetzt denke ich schon wieder Was, wenn es nur falsch gemessen wurde? Was, wenn es sich noch entwickelt?, da auch die anderen Symptome dafür sprechen.
Ich habe abgenommen, obwohl ich sehr viel esse, worüber ich mich normalerweise super freuen würde, doch nein, ich kann nicht; ich kann mich nicht freuen, denn ich habe gelesen, dass man bei der Krankheit auch am Anfang stark abbaut. Mein Freund sagt, das hat nichts damit zutun, es ist der seelische Dauerzustand, der das verursacht. Aber ich kann es einfach nicht annehmen und gehe vom Allerschlimmsten aus.
Zudem habe ich kaum Kraft, bin schlapp, mein Bein und meine Hand sind nach wie vor taub und selbst meine Zunge fühlt sich schwer und zuckend an, weshalb ich schon einmal eine Panikattacke hatte, da ich dachte, ich kann nicht sprechen. Sie hat außerdem wellige Außenränder und pulsiert – mein Freund sagt, das ist so, da das meine Zahnabdrücke sind – aber was habe ich sofort gelesen?! Anzeichen für AL*! Ich kann nicht mehr, verliere mich immer mehr in diesem Loch.
Der Arzt im Krankenhaus meinte, ich solle mir Hilfe suchen, denn ich habe nichts körperliches. Und alles, was ich dachte Was, wenn er es nur einfach nicht erkannt hat? Er sagte, auch die tauben Glieder kann die Psyche verursachen und ich solle nicht weiter graben. Und trotzdem bin ich wieder permanent am suchen, wer mir das ausschließen kann, obwohl mich schon ungefähr 4 Ärzte angesehen haben und meinten, das kann nicht sein. In meinem Kopf ist immer wieder Aber was ist, wenn doch? und dann Erst jetzt ist es ja noch sichtbarer, in dem Moment, in dem ich da war, war es ja auch noch nicht so schlimm.
Ich habe das Gefühl, ich kann nicht mehr lachen. Solang, bis ich endlich weiß, das ist es nicht. Die körperlichen Beschwerden werden immer schlimmer und ich habe sogar das Gefühl, dass die Haut an meinen Händen und Füßen dünner wird.
Kann man sich wirklich so krass in seiner Angst verlieren, dass die Psyche es schafft, DAS anzurichten? Was soll ich nun tun? Mich weiter untersuchen lassen? Den Ärzten trauen? An meinem seelischen Zustand muss ich arbeiten, das ist ein Fakt. Ich bin so verzweifelt und weiß nicht, wie ich hier hingekommen bin. Was aber klar ist: Ich möchte um jeden Preis hier raus! So möchte ich mich nicht mehr fühlen. Ich möchte einfach nur mein Leben zurück.
Vielen Dank an alle, die es bis hierhin gelesen haben. Ich musste einfach mal das loswerden, was seit fast schon einem halben Jahr mein ständiger Wegbegleiter ist. Vielleicht kann mir jemand einen Rat geben, vielleicht geht es auch jemandem ähnlich. Bis dann
18.05.2022 17:54 • • 31.08.2023 x 3 #1