Guten Morgen Eulalia,
ich bin auch kein Hau-drauf-Mensch und natürlich braucht man im Leben unterschiedliche Gangarten, sowohl bei dem, was man bekommt, als auch bei dem, wie man durch die gegend läuft und mit anderen umgeht. Wenn man wie die Axt im Walde wäre, bekäme man das bald zu spüren, weil gewöhnlich die Menschen dann auch zurückschlagen, sei's auch nur verbal. Man würde sich damit nix Gutes tun und anderen auch nicht.
Aber es gibt nicht nur unter den Therapeuten Schlafnasen, sondern auch unter den Patienten. Und Jammer-und Selbstmitleidsthread und Bitte tröstet mich, statt dass ich's selber mach'!-Threads gibt's in jedem irgendwie gearteten Psy-Forum en masse. Man wundert sich, dass sich die Leute nicht selber damit langweilen.
Was mich auf alle Fälle richtig giftig macht, ist dieses direkt oder durch die Zeilen formulierte Pochen auf Mitgefühl und Empathie. Das sind Dinge, die ich gerne gebe, aber aus freien Stücken und nicht wenn sie quasi aus einem mit theatralischem Aufstand und Gemecker, wenn nix kommt, aus einem rausgepresst werden.
Man hat kein Recht auf gar nix und Ansprüche darf man einzig und allein an sich selber stellen. Das ist etwas, was halt manche nicht gerne hören, die es zur Gewohnheit gemacht haben, andere einzuspannen, um sich emotional stabilisieren zu lassen.
Es ist in weiten Teilen eine Co-Abhängigkeit, die in Foren läuft. Und das Schlimme ist, dass daneben alles andere kaum noch geht und sein darf. Die Schnarchnase gewinnen in Foren leider.
Ich hab' im Laufe meiner Zeit soviele Therapeuten gesehen, dass ich weiß, wovon ich rede. Darunter war auch eine Dipl-Psych. Eine sehr liebe Frau, voller Mitgefühl, gescheit und in Anbetracht meiner tollen Vorgeschichte und Verfassung hat sie mich dann 1 1/2 Jahre in Watte gepackt, Empathie bis zum Umfallen... Nach dieser Zeit hätte ich mich in der Klapse abgeben können. Warum? Weil man mit so einem sachte Anfassen jemandem unterschwellig das Selbstvertrauen untergräbt. Wenn ich jemanden wie ein Wrack behandle, das nix schafft, nix kann und nix mehr aushält, wie soll er dann Selbstvertrauen haben, um die Anforderungen im Leben zu schaffen? Es war eine Katastrophe, was mit diesem Gepamper angerichtet wurde. Nie waren die Ängste schlimmer als nach diesem Empathierausch. Draußen kam ich mit keinem mehr klar. Ist ja logo, wenn man so in der Therapie verweichlicht wird und somit dann auch eine falsche Erwartungshaltung antrainiert bekommt. Was nützt es denn, wenn man da noch mehr zum Weichei gemacht wird, wenn man vorher schon nicht mehr mit dem Draußen fertig wird? Klar kann man dann hinterher schreien, die Menschen wären gemein, oberflächlich und unsensibel. DAS SIND SIE SOGAR AUCH OFT. Aber ein guter Therapeut bringt seine Patienten soweit, dass sie in dieser Welt da draußen mit diesen Menschen da draußen zurecht kommen, ohne drunter zu leiden. Und da hilft nur, seine Frustrationstoleranz zu verbessern. Und das klappt nicht mit Dauerempathiedusche, davon werden die nur noch sensibler, als sie es eh schon sind und deshalb reagieren sie doch auf alles Mögliche, was anderen keine Schwierigkeiten macht.
Und das wollen sie halt alle nicht hören, wenn sie krank sind. Sie wollen nicht hören, dass sie sich ändern müssen und ihre Erwartungen abschminken müssen, sondern sie wollen, dass die Welt sich so ändert, dass sie sie mit ihren tausend Macken immer noch kuschelig finden. Aber es läuft eben so nicht.
Nimm' die Menschen, wie sie sind. Es gibt keine anderen! Ist meines Wissens nach von Konrad Adenauer.
Ja, ich bin nicht kuschelig lieb und nett zu jedem User in einem Forum. Und so wie ich sind x Menschen auf dieser Welt und noch viel schlimmer und noch viel unsensibler und noch viel härter. Also sollte man sich mal langsam drauf einstellen bzw. muss man dann weiter vor Angst zittern und vielleicht in seiner Wohnung sitzen bleiben, weil es draußen sooo gefährlich ist.
Angst vorm Erröten und Angst davor, zu zittern und und.... Was man hier alles findet...
Wenn die Leute nicht aus allem ein Drama machen würden, hätten viele diese Ängste nie. Was ist schlimm dran, mal rot zu werden oder öfter, oder wenn andere sehen, dass man zittert? Nix! GAR NIX! Andere registrieren das und denken sich halt, ok, das ist ein schüchterner Mensch oder jemand ist aufgeregt und das war's. Aber was macht der Betroffene? Eine Staatsaffaire draus! Und dann ist das Problem da.
Ich weiß nicht, wie die User hier zu einer gesunden Einstellung, zu einer gesunden Haltung, zu einer gesunden Bewertung kommen wollen, wenn sie gegenseitig ihre Macken so pflegen und kultivieren?
Hier fehlen Leute, die mal knallhart sagen:Hör' doch auf mit dem Quatsch! Warum denkst Du so einen bescheuerten Käse über Dich, über andere, über diese Welt?.
Es ist ganz viel Fishing for compliments und Fishing for attention, Fishing for ... hier im Spiel. Die wollen oft gar nichts ändern, sondern sich nur hier die Seele balsamieren lassen.
Das wäre alles noch ok, aber sie sorgen genau damit dafür, dass sie die Erkrankung behalten und sie pflegen sie wie ein Haustier. Sie machen sich selber die größten Sorgen und dann beklagen sie sich.
Was mich überrascht, ist, dass jemand, der selber dann vom Fach ist, diese Empathieforderung dann noch unterstützt. Dass sowas in emotionale Abhängigkeit und Instabilität, statt zum Gegenteil führt, sollte einem mit Psychologiestudium doch auch bekannt sein. Ich jedenfalls hab' kein extra Psychologiestudium gebraucht, um Fortschritte zu erzielen. Und wenn jemand eigentlich das beruflich macht und dann ummer noch an seiner Angsterkrankung leidet, dann weiß ich nicht, was dessen Rat wirklich wert ist. Da bin ich dann mal an dem Punkt, wo ich sehr skeptisch werde.
Wo ich einfach genervt reagiere, ist, wenn jemand aus'm Stegreif Empathie von mir will, weil ich sie nur an die geben will, die mir sympathisch sind und für Menschen, die nicht zu kämpfen bereit sind, bin ich nicht bereit, nette Gefühle zu investieren. So'ne Haltung will ich nicht honorieren.
Aber das hier hat durchaus das Potential, dass mancher hier vielleicht mal aufwacht und merkt, was er sich selber antut mit seiner bequemen Haltung der Erkrankung und vor allem sich selbst gegenüber. Oh, die Angsterkrankung ist so schlimm, ich kann sie nicht loswerden, es ist Schicksal, ich bin ausgeliefert... Ja, gut, wer so denken will, wird diese Eimstellung dann auch in der Realität in Wahrheit verwandeln und sich damit selbst bestätigen. Aber diese Wahrheit gilt dann nur für ihn, während andere da rauskommen werden.
Ab und zu einer kleiner Schocker hat manchem schon viel mehr gebracht als das empathische Gesäusel.
Aber generell Eulalia, Du hast mit sehr vielem recht. Hier soviel zu posten wird kaum was ändern, wenn die nix ändern wollen. Und jeder hat sensible, verletzlichere Phasen und Seiten, die berücksichtige ich auch im Alltag. Aber ich mache gerne auch mal Kontrastprogramm zum forenüblichen im Selbstmitleidbaden bzw. andere bemitleiden. Mitleid hilft nicht und Trösten macht auf Dauern nur labiler, lebensuntüchtig und abhängig.
Wer da raus will, muss sich selber aktiv drum bemühen, nicht von anderen fordern, dass sie ihn hätscheln.
Liebe Grüße
15.06.2012 08:19 •
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