Hallo,
jedes Medikament kann (theoretisch) abhängig machen - wenn man glaubt, dass es ohne nicht mehr geht. Jedoch gibt es (z.B. bei den Benzodiazepinen) eine klare, körperliche Abhängigkeit - der Entzug ist alles, nur nicht lustig. Ich vertrete nach eigenen Erfahrungen eine gemischte Meinung. Auch ich habe ja bis vor der Angst mein Leben ohne Medikamente recht gut gelebt, ich nahm nicht mal Aspirin bei Kopfschmerzen. Seit der Angst bin ich zum Hypochonder geworden - möchte auf der einen Seite ein Mittel das mir hilft, auf der anderen Seite habe ich wiederum Angst vor den Nebenwirkungen. Treten die auf: Wird meine Angst um so schlimmer, ich schmeiße das Mittel in die Ecke und denke: Es muss auch ohne gehen.
Insgesamt jedoch muss man abwägen, welche Folgen die andauernde Angst mich sich bringt: Magenprobleme, Schwindel, Muskelverspannungen, sozialer Rückzug, Depressionen, erhöhtes Schmerzempfinden und vieles mehr. Das heisst, die Angst (unbehandelt) zieht eine ganze Menge Probleme nach sich - ist es dann nicht ratsam, ggf. doch eine Medikation zu nehmen? Lieber ein Mittel gegen das Hauptproblem als viele gegen die Folgeprobleme? Sicher, Medikamente lösen auch nicht den Grund der Angst, aber machen doch in den meisten Fällen überhaupt wieder eine Teilnahme am Leben möglich oder gar an einer Therapie (was nützt mir eine Therapie, wenn ich vor lauter Angst den Weg dahin nicht bewältigen kann oder nur wie ein zitterndes Häufchen Elend vor dem Therapeuten hocke).
Nehmen wir nur mal Nackenverspannungen (mit denen habe ich aktuell enorm zu kämpfen): Ist der Nacken verspannt, fällt es schwer den immer so hochgelobten Sport zu betreiben. Man nimmt eine Schonhaltung ein. Was passiert: Es wird schlimmer. Man schon sich noch mehr. Irgendwann ist kaum noch eine aktive Teilnahme am Leben möglich, schon kleinste Bewegungen verursachen Schmerzen. Und in diesem Fall kann es ratsam sein, ein Medikament zu nehmen um den Teufelskreis zu durchbrechen, um wieder beweglich zu werden - und es dann zu bleiben, unter langsamer Rücknahme der Medikationen.
Wenn man schlecht sehen kann: Nimmt man eine Brille - da macht sich auch kaum jemand Gedanken. Die, die es ohne Tabletten schaffen: Respekt. Aber welche Unmengen an Energie und Lebenszeit, an Freude und schönen Momenten klaut diese Lieber schei. fühlen als Pillen nehmen-Einstellung? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Und sicher, Therapie (meist engmaschig) ist der beste Weg - mir geht es (wenn ich mal wieder eine Vorstellung bei einem neuen Therapeuten habe der sich dann überfordert sieht) auch nach 1 - 2 Stunden reden viel, viel besser. Aber das gibt unser System nicht her: 2 mal die Woche ohne Blick auf die Uhr alles raus lassen.
Ich denke, Du solltest es ggf. mit einem leichten Mittel probieren - hier kann Dich ein Arzt beraten. Aber es bleibt am Ende: Deine Entscheidung.