App im Playstore
Pfeil rechts
53

Liebe Community,

bisher war ich nur eine stille Mitleserin, aber jetzt möchte ich die Initiative ergreifen und meine Geschichte teilen, um vielleicht einen Denkanstoß zu erhalten.

Ich leide schon seit Jahren unter verschiedenen Symptomen, die täglich auftreten, mal schwächer und mal stärker, jedoch geht es mir selten „gut“ und ich fühle mich eigentlich nie „normal“.

Laut Hausarzt bin ich vor 5 Jahren das erste Mal vorstellig geworden mit folgenden Symptomen:
-Tägliche, plötzlich auftretende Erschöpfung ( sowohl mental als auch körperlich)
-Benommenheit und Schwankschwindel ( wie nach Alk., jedoch trinke ich überhaupt keinen Alk.) sowie außer Hauses das Gefühl, meine Beine tragen mich nicht und geben nach
-Nicht richtig „anwesend“, DP/DR, wobei ich mich seit Jahren in keinem Moment mehr „normal“ gefühlt habe
-Das Gefühl ohnmächtig zu werden, wobei das noch nie passiert ist
-Konzentrationsschwierigkeiten ( in unangenehmen Situationen sogar Wortfindungsstörungen)
-Herzstolpern, Extrasystolen

Schon während meines Studiums vor ca. 8 Jahren habe ich mich bei meiner damaligen Hausärztin mit ähnlichen Symptomen vorgestellt. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, aber auch zu der Zeit waren alle Untersuchungsergebnisse in Ordnung. Im Anschluss habe ich einfach weitergemacht.

Ich habe in den letzten drei Jahren mehrfach Blut abgenommen bekommen, die Ergebnisse waren immer einwandfrei.
Ich war mehrfach beim Hausarzt, außerdem beim HNO, Neurologen, Gynäkologen, Kardiologen und Orthopäden.
Es wurde ein MRT vom Schädel, ein Ultraschall der Schilddrüse, ein Ruhe-EKG, ein Belastungs-EKG sowie ein Herzultraschall durchgeführt. Alle Ergebnisse waren ohne Befund.
Mein Hausarzt sagte mir zuletzt, wenn ich eine Krankheit hätte, wäre es eine, die noch nicht bekannt ist.
Mein letzter Weg führte mich zu einer Therapeutin. Dieser Schritt ist mir schwer gefallen, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass diese Symptome psychischer Natur sind. Nachdem die Therapeutin mich fragte, welche Therapieform nach meinem Ermessen für mich geeignet wäre und mir sagte, dass Schwankschwindel nicht typisch für ein psychisches Problem sei, habe ich den Mut verloren und die Therapie nach der ersten Sitzung abgebrochen. An dieser Stelle hätte ich anders handeln sollen.

Ich möchte noch anmerken, dass ich trotz meines Zustandes immer funktioniert habe; wahrscheinlich weil ich Angst hatte, dass, wenn ich es nicht tun würde, ich als nicht belastbar abgestempelt werden würde. Ich war im Umkehrschluss maximal 2-3 Tage im Jahr krankgeschrieben. Vor diesem Hintergrund scheint meine Sorgen niemand wirklich ernstzunehmen. Ich arbeite als Projektleiterin und habe eine Führungsrolle übernommen, sodass ich funktionieren musste. Zumindest habe ich mir das abverlangt. Dass ich mich teilweise vor Schwankschwindel nicht getraut habe auf Toilette zu gehen, wusste aber niemand. Oder, dass ich in größeren Runden das Gefühl hatte, meine Beine können mich nicht mehr tragen.
Ich gehe drei Mal wöchentlich ins Fitnessstudio, wobei ich gemäß Trainingsplan kontinuierlich die Gewichte erhöhe. Außerdem mache ich Yoga. Dann frage ich mich, wie kann mein Körper diese schweren Gewichte stemmen, aber scheint dann wiederum unter seinem eigenen Gewicht nachzugeben. Und wie kann ich Yogaposen auf einem Bein meistern und dann wiederum das Gefühl haben, auf einem schwankenden Boot zu laufen. Wie passt das alles noch zusammen? Mittlerweile weiß ich einfach nicht mehr weiter. Dieser Zustand ist unerträglich und ich will mich einfach nur wieder „normal“ fühlen. Eine kurze Sekunde meine Umgebung voll wahrnehmen und nicht wie in einem Film oder durch eine Scheibe. Alles um mich herum ist gedämpft. Meine Gedanken kreisen 24/7 nur um tödliche Krankheiten. Sobald ich für eine mögliche Krankheit Entwarnung bekomme, google ich nach der nächsten Alternative, weil mein Gehirn nicht akzeptieren will, dass es eventuell ein psychisches Problem sein könnte.
Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als wieder zu fühlen und wahrzunehmen, wie ich es mal getan habe. Aber selbst die Erinnerung daran schwindet langsam. Ich möchte nur für einen kurzen Augenblick den Sonnenuntergang genießen, wie ich es früher getan habe. Es würde mir schon reichen, meine Erinnerung an dieses Gefühl aufzufrischen.

Entschuldigt den langen Text, aber es fällt mir schwer mich kurz zu fassen.

Vielleicht hat jemand ähnliche Erfahrungen, Tips oder kann mir zumindest das Gefühl geben, nicht alleine damit zu sein.

Ich danke euch für eure Zeit

29.03.2024 23:46 • 31.03.2024 x 8 #1


43 Antworten ↓


Hier mal ganz viel Informationen für Dich. Ich hoffe, dass du auch wirklich in die Links hereinschaust.
Für mich als Leser deines Beitrages liegen die Ursachen seiner zahlreichen Beschwerden.....ganz tief in dir versteckt, verdrängt, abgedeckelt, weggesperrt.

https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/...he120.html

https://www.neurologen-und-psychiater-i...heitsbild/

Körperliche Beschwerden haben eine Auswirkung auf das seelische Befinden und umgekehrt. Bei psychosomatischen Erkrankungen liegt zumindest ein Teil der Ursachen im seelischen Bereich. Auslöser können zum Beispiel Stress, Ängste oder traumatische Erlebnisse sein

Bei psychosomatischen Erkrankungen können etwa seelische Belastungen, Stress, Lebenskrisen oder traumatische Erfahrungen körperliche Beschwerden auslösen und/oder verstärken. Dabei kann es z.B. zu Verdauungsproblemen, chronischen Schmerzen, Herzbeschwerden oder Tinnitus kommen.

Psychosomatik: wenn die Seele körperlich krank macht
ständige Erschöpfung und Müdigkeit.
Schmerzen.
Magen-Darm- und Verdauungsbeschwerden.
Herz-Kreislaufsystem-Probleme wie hoher Blutdruck oder Herzstolpern.

Psychosomatische Symptome sind psychisch verursachte körperliche Beschwerden. “Psychosomatisch” bedeutet aber nicht, dass sich der Betroffene die Symptome “einbildet”.

A


Jeder Tag ist eine Qual - Benommenheit, Schwindel, etc

x 3


Hey,

Ich verstehe wie du dich fühlst. Zwar tritt es bei mir nur phasenweise auf und ist kein kontinuierlicher Zustand, die Symptomatik aber kenne ich nur zu gut.

Da du ärztlich durchgecheckt bist, ist es vielleicht eine somatoformen Störung mit hypochondrischen Anteilen, die nicht selten auch von einer weiteren psychischen Krankheit begleitet wird. Zum Beispiel gibt es da somatoforme Depressionen oder Angststörungen, die sich durch die körperlichen Beschwerden bemerkbar machen.
Betroffen sind oft Menschen, die Schwierigkeiten haben ihre Emotionen auszudrücken/für sich selbst zu benennen und gleichzeitig sehr sensibel für körperliche Veränderungen sind. Aber auch unverarbeitete Traumata, Persönlichkeitstyp (mit Verdrängungsverhalten, Perfektionismus, Überforderungsgefühle etc.) spielt dabei eine Rolle.

Was die Therapie anbelangt, solltest du es nochmal versuchen. Das war keine professionelle Herangehensweise von der einen Therapeutin damals. Schwankschwindel tritt sehr wohl und auch sehr häufig bei somatoformen Störungen auf und so wie du deine Probleme geschildert hast, kommt sowohl eine Verhaltenstherapie als auch eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie in Frage.

In deinem Leben scheinst du ein Mensch zu sein, der viel Verantwortung trägt und dem auch viel daran gelegen ist, alles richtig zu machen. Trotz des Leidensdrucks hast du kaum Fehltage und doch steigert du selbst in deiner Freizeit deine Leistungen , z.B beim Krafttraining immer weiter. Beim Lesen alleine hört sich das schon nach einer sehr großen Last und einer Überforderung an. Gönnst du dir auch mal Tage, wo du überhaupt nichts tust, überhaupt nichts erreichen musst?

Du schreibst über dich selbst, dass du funktionieren musst und sonst die Angst hast, als nicht belastbar abgestempelt zu werden. Da denkt man eher an einen wenig geliebten Apparat als an einen Menschen bei solchen Formulierungen. Und es klingt so, als wäre es mit großer Scham verbunden, sollte der Apparat dann tatsächlich nicht mehr funktionieren, besonders wenn es von anderen bemerkt wird.

Ich denke, das Wichtigste ist, dass du dir erstmal den Druck nimmst und für dich akzeptierst, dass du eine seelische Erkrankung haben könntest und dass das keinen Einfluss auf deinen Wert als Person hat. Gönn dir eine Auszeit. Am besten (und das findest du bestimmt doof) lass dich krankschreiben! Entdecke ein neues Hobby, das leistungsfrei ist. Mandalas ausmalen, durch die Natur spazieren, Romane lesen etc.

@HannahAbott super Beitrag

@HannahAbott
Vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort
Wenn ich deine Antwort lese fällt mir auf, dass ich wirklich nicht loslassen kann. Ich arbeite schon morgens To-Do-Listen in meinem Kopf ab, sortiere sogar die Aufgaben, sodass ich möglichst wenig Zeit verliere.
Ich wurde als Kind mit unglaublich viel Liebe überschüttet, sowohl von meinen Eltern als auch von meinen Großeltern. Ich habe nie das Gefühl gehabt, mir die Liebe erkämpfen zu müssen. Aber jetzt als erwachsener Mensch habe ich umso mehr das Bedürfnis, alles zu tun, um genug zu sein. Ich empfinde mir gegenüber nur Negatives, Schuldgefühle, Zukunftsängste. Wenn jemand mich komisch anschaut oder schlechte Laune hat, lässt mich das umgehend an mir selbst zweifeln und ich fühle mich verantwortlich.
Die Ängste beziehen sich auch häufig auf die Zukunft. Ich bin Mitte 30, habe keinen Partner ( nach einer langen Beziehung) und keine Kinder. Dabei wünsche ich mir das so sehr. Und auch dann kommen Gedanken auf darüber, dass ich es nicht verdiene das alles zu haben. Und natürlich auch, dass dafür keine Zeit mehr bleibt. Meine Sorgen würden wahrscheinlich ganze Bücher füllen
Ich habe angefangen mich mit Meditation und Entspannungstechniken auseinanderzusetzen, aber in meinem Kopf herrscht ein so lautes Gewitter, dass ich nur schwer zur Ruhe komme.
Wenn ich spazieren gehe und versuche einfach nur die Natur zu genießen, kommen häufig die Symptome dazwischen. Dann denke ich nur noch darüber nach, endlich wieder zuhause zu sein. Ich werde mich wohl erneut mit dem Thema Therapie auseinandersetzen müssen.
Es tut auf jeden Fall gut, sich auszutauschen. Vielen Dank!

Zitat von Hedonistic:
Aber jetzt als erwachsener Mensch habe ich umso mehr das Bedürfnis, alles zu tun, um genug zu sein. Ich empfinde mir gegenüber nur Negatives, Schuldgefühle, Zukunftsängste. Wenn jemand mich komisch anschaut oder schlechte Laune hat, lässt mich das umgehend an mir selbst zweifeln und ich fühle mich verantwortlich.
Die Ängste beziehen sich auch häufig auf die Zukunft. Ich bin Mitte 30, habe keinen Partner ( nach einer langen Beziehung) und keine Kinder. Dabei wünsche ich mir das so sehr. Und auch dann kommen Gedanken auf darüber, dass ich es nicht verdiene das alles zu haben. Und natürlich auch, dass dafür keine Zeit mehr bleibt. Meine Sorgen würden wahrscheinlich ganze Bücher füllen


Vielleicht könntest du auch Bücher füllen.
Aber in erster Linie scheinen deine Sorgen dir jedoch körperliche Beschwerden und Symptome zu bereiten. Psychosomatik.
Anscheinend hätte ich mir meinen Beitrag mit den Informationen und Links wohl auch in die Haare schmieren können. Okay....

@KenTucky eventuell ist sie aber auch noch nicht dazugekommen deine links durchzulesen?

@Hermine89 das ist möglich.
Manche möchten aber lieber klagen und Verständnis bekommen, anstatt tatsächlich Hilfe.
Die Option, ein psychisches Problem zu haben, schließen manche Menschen kategorisch aus. Auch über viele Jahre.
Oft auch gerne die besonders starken Menschen, denen es wichtig ist zu funktionieren.
Unterstellen möchte ich das aber niemandem hier.

@KenTucky
Vielen Dank für deinen Beitrag! Mir wurde dieser erst jetzt angezeigt, ich weiß nicht warum. Ich habe heute Morgen lediglich HannahAbbotts Beitrag gesehen und darauf geantwortet. Ich widme mich jetzt den Links, danke dir!

@Hedonistic

Liebe Hedonistic, sehr gut, dass Du Dich entschlossen hast, vom stillen Mitleser zum aktiven Mitglied zu werden. Ich hoffe, wir können Dir ein wenig Input geben.

Zuerst einmal - Du bist nicht allein. Der Text, den Du verfasst hast, könnte von mir sein. Ich habe diesen Weg auch 1:1 durch und bekomme so langsam eine Ahnung, wo bei mir die Knackpunkte liegen. Daher springen sie mir in Deinen Text komplett ins Auge.

Bei Dir tobt sich eine klassiche Somatisierungsstörung aus. Dein Körper läuft Amok weil deine Seele weint und Du nicht zuhörst. Etwas in Deinem Leben ist im Ungleichgewicht, und das musst du dringend rausfinden.

Zitat von Hedonistic:
Nachdem die Therapeutin mich fragte, welche Therapieform nach meinem Ermessen für mich geeignet wäre und mir sagte, dass Schwankschwindel nicht typisch für ein psychisches Problem sei, habe ich den Mut verloren und die Therapie nach der ersten Sitzung abgebrochen.

Was für ein Vollpfosten! Da bekomme ich echt Blutdruck. Sei froh, dass Du bei Ihr keine Therapie gemacht hast - obwohl sie dringend notwendig wäre, um Deine Probleme in den Griff zu bekommen. Schwankschwindel ist eines der typischten Symptome für ein psychisches Problem (natürlich sollte es immer auch nochmal ärztlich abgeklärt werden - aber in der Regel wird da nichts gefunden). In der Psychosomatik stehen körperliche Symptome in der Regel ziemlich genau für das, wie wir sie spüren (und für die es klassische Redensarten im Volksmund gibt): etwas sitzt uns im Nacken, nimmt uns die Luft zum atmen, liegt uns im Magen, bringt uns zum Kotzen, macht uns eine x. Angst. Weißt Du wofür psychogener Schwindel steht? Wir machen und selbst etwas vor, wollen etwas nicht wahrhaben. Als mein Therapeut mir das mal gesagt hat, ging das bei mir voll auf die Zwölf.

Zitat von Hedonistic:
Ich möchte noch anmerken, dass ich trotz meines Zustandes immer funktioniert habe; wahrscheinlich weil ich Angst hatte, dass, wenn ich es nicht tun würde, ich als nicht belastbar abgestempelt werden würde.


Zitat von Hedonistic:
sodass ich funktionieren musste.


Zitat von Hedonistic:
Zumindest habe ich mir das abverlangt


Zitat von Hedonistic:
weil mein Gehirn nicht akzeptieren will, dass es eventuell ein psychisches Problem sein könnte.

Und genau da, liegt der Hase im Pfeffer. Genau an dem Punkt stehe ich auch gerade (daher spreche ich jetzt mal von mir - ich denke, Du wirst Dich da auch erkennen): Ich akzeptiere nicht, dass ich bin wie ich bin, weil ich nie genüge. Ich bin in meinem Kopf nie gut genug. Egal, was ich mache, es ist falsch. Ich habe einen unglaublich starken Perfektionisten in meinem Kopf, der mir immer sagt, dass ich die perfekte Frau, Ehefrau, Mutter, Tochter, Arbeitehmerin, Freundin, Patientin etc. sein muss. Sonst bin ich nicht gut genug und werde nicht geliebt. Diesen Ansprung KANN aber niemand in dieser Welt erfüllen, denn wir sind Menschen, mit Fehlern, Ecken und Kanten. Und wenn ich dann z.B. eine zugesagte Unterstützung im Alltag bei meinen hochbetagten Eltern absagen muss, weil es mir nicht gut geht, überzieht mich mein Kopf mit den tollsten Gardinenpredigten. Ich kann es dann nicht akzeptieren, dass es halt gerade nicht geht. Ich stelle mich immer hinten an und nie in den Mittelpunkt. Anderes ist immer wichtiger.

Ich habe auch vor mir selbst bis letzte Woche nicht akzeptiert, dass ich eine Depression habe und aktuell wieder ganz unten im Bodensatz angekommen bin, so dass aktuell nichts mehr geht. Es kam noch eine langwierige Zahnbehandlung dazu plus ein hartnäckiger Infekt, der mich seit einer Woche quält. Jetzt geht nichts mehr und ich bin diese Woche bei meinem Therapeuten komplett zusammengebrochen bei der Erkenntnis, dass ich nicht nur irgendwie Ängste oder eine Somatisierungsstörung habe, sondern eine handfeste Depression und das ich da aktuell wohl nicht so schnell rauskomme. Dass ich auch nächste Woche auf der Arbeit nicht so tun werden könne, als wäre nichts, sondern dass ich mich wohl krank schreiben lasse muss und bei meiner Chefin entsprechend Farbe bekennen muss und die komplette, schöne, bunte Fassade, die ich im letzten Jahr für sie aufgebaut habe, wieder einreissen muss. Aber mein Körper hat ganz klar die Reißleine gezogen - ich kann aktuell nichts mehr. Selbst ein Gang die Straße hoch und runter macht mir gerade nur Angst und nimmt mir die Luft zum Atmen.

Und dieser Kampf ist extrem erschöpfend. Er zieht uns quasi die komplette Energie aus dem System. Diesen Kampf können wir nur verlieren. Und so lange wir nicht an den Punkt kommen, dass wir uns WIRKLICH, WIRKLICH selbst akzeptieren, und zwar genau so wie wir sind - krank, schwach, nicht leistungsfähig, am Boden und völlig planlos, wird es nicht besser werden. Wir müssen lernen, uns anderen zuzumuten, und zwar genau in unseren schlechten Phasen. Sieh her, das bin ich im Moment, und ich kann Dir gerade nichts anbieten - außer meinem Versprechen, dass ich weiter für mich einstehen und kämpfen werde.

Es gibt natürlich die Möglichkeit, über Medikamente zu gehen. Die stabilisieren erst einmal, wenn Du das richtige gefunden hast. Aber die lösen natürlich nicht das Grundproblem, das musst Du weiterhin angehen, wenn sich auf Dauer was ändern soll.

Ich finde mich hier auch wieder. Viele der Symptome, die beschrieben wurden, hab ich ebenfalls chronisch. Hinzu kommt eine zunehmende Muskelschwäche und Erschöpfung. Kaum gehe ich 10 Minuten, muss ich mich 5 stunden lang ausruhen und bin todmüde. Die Muskeln sind zwar vorhanden und es funktioniert, wenn ich mich anstrenge. Aber danach falle ich in ein Erschöpfungsloch. Ich hab das seit Beginn der Pandemie und es wurde immer schlimmer.

Ich habe mich dann noch 3 Jahre gequält mit all den Symptomen. Habe einen Nebenjob gestartet, weil ich mehr Geld verdienen wollte, habe 50h im vollzeit Job geackert und 10h in dem Nebenjob, der körperlich sehr anspruchsvoll war. Mit keiner meiner Arbeiten war ich zufrieden, immer habe jch mir die Kritik zu Herzen genommen und wollte Lob von Kollegen und vorgesetzten. Ich wollte anerkannt werden. Aber je länger ich den Kampf machte, desto erschöpfter war ich.

Irgendwann auf der Arbeit dann bin ich schwach, zittrig und Schweiß gebadet den Flur entlang gegangen, konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, mir war übel und ich hatte Angst. Seitdem bin ich zu Hause und es geht nicht so richtig vorran leider. Minimal vielleicht.

Zusätzlich habe ich auch mit chronischer Hyperventilation zu kämpfen. Ich atme zuviel, wenn ich müde werde, weil ich die Müdigkeit nicht akzeptieren kann und unterbewusst dagegen anatme. Das hab ich 2-6 Stunden täglich und es ist sehr anstrengend. Aber sobald ich dann eine Atemübung mache, wird es wieder besser.

Mein größtes Problem ist vermutlich, dass auch ich es schwer anerkennen kann, dass ich psychisch krank bin, weil es eben keine Beweise dafür gibt, dass die Symptome psychisch sind. Es gibt keinen Blutwert, der sagt Du hast eine hypochondrische und somatoforme Störung und Angsterkrankung und Depression und Neurasthenie und Dystemia und und und. Da ist es leichter, eine physische Erkrankung verantwortlich zu machen.

Zitat von Hedonistic:
Aber jetzt als erwachsener Mensch habe ich umso mehr das Bedürfnis, alles zu tun, um genug zu sein. Ich empfinde mir gegenüber nur Negatives, Schuldgefühle, Zukunftsängste. Wenn jemand mich komisch anschaut oder schlechte Laune hat, lässt mich das umgehend an mir selbst zweifeln und ich fühle mich verantwortlich.

Bingo, voll auf die Zwölf. Solltest Du eine Therapie beginnen, druck diesen Satz aus und nimm ihn mit. Es wird Dir viel Zeit ersparen

Ich bin, wie ich bin. Und wenn das jemand anderem nicht gefällt, wie ich bin, hat er Pech gahabt. So einfach - und doch so schwer.

Wenn Du es Dir finanziell leisten kannst, schau Dich doch mal um, ob bei Dir in der Nähe jemand Körperpsychotherapie anwendet. Das kann gerade bei den ausufernden Somatisierungsstörungen echte Wunder vollbringen. Allerdings musst Du Dir da gut die Ausbildungen der Therapeuten anschauen. In der Regel sind da Heilpraktiker für Psychotherapie (ist meiner auch) - aber da gibt es auch welche, die nur Wochenendseminare gemacht haben. Da würde ich die Finger von lassen. Meiner z.B. hat eine jahrelange Ausbildung gemacht und dann lange Zeit an BfA-Rehakliniken gearbeitet, bevor er sich selbstständig gemacht hat. Er arbeitet jetzt insgesamt 30 Jahre in dem Job. Da ist dann schon sehr viel Erfahrung vorhanden.

Zitat von NochSoEiner:
Mein größtes Problem ist vermutlich, dass auch ich es schwer anerkennen kann, dass ich psychisch krank bin,

Es ist aber auch wirklich unglaublich, was die Psyche mit dem Körper als Sprachrohr oder Signalgeber so anstellen kann.
Sprich mir denen, die ihre Symptome wieder losgeworden sind, nachdem sie die Ursache erkannt und behandeln ließen.
Oder zumindest eine deutliche Verbesserung erfahren haben und weiterhin daran arbeiten.

Zitat von KenTucky:
Sprich mir denen, die ihre Symptome wieder losgeworden sind, nachdem sie die Ursache erkannt und behandeln ließen.

Das ist immer das Problem. Diese Menschen reden garnicht mehr von körperlichen Symptomen. Ausschließlich von seelischen. Meine seelischen Probleme sind mir zurzeit total egal. Ich wikl nur noch diese körperlichen Symptome loswerden. Es erzählt nur keiner, welche körperlichen Symptome durch die Aufarbeitung verschwinden

Zitat von NochSoEiner:
Es erzählt nur keiner, welche körperlichen Symptome durch die Aufarbeitung verschwinden

Da könnte ich dir so einiges berichten, befürchte aber du wirst es nicht glauben und auch nicht hören wollen.
Zitat von NochSoEiner:
Meine seelischen Probleme sind mir zurzeit total egal. Ich will nur noch diese körperlichen Symptome loswerden.

So wird es aber nichts werden. Mit ich will aber funktioniert kaum etwas ohne irgendeine Einsicht.

@KenTucky Ja du hast natürlich recht. Ich weiß das auch. Es ist nur sehr schwer, aus dieser Gedankenschleife rauszukommen. Ich hoffe weiterhin auf die Wirkung von sertralin. Nehme nun seit 5 Tagen 50mg. Ab 7 Tage kann angeblich die erste Wirkung eintreten und nach maximal 8 Wochen hat man wohl die volle Wirkung. Ich versuche weiter gegen diese Gedanken und Symptome anzugehen.

Das gute ist, dass es mir langsam egaler wird und ein klein bisschen ruhe in den Körper einkehrt. Es ist halt schwer, diese unangenehme ruhe auszuhalten. Ich war sonst jahrelang nur unter Strom und kannte garkeine Müdigkeit.

Zitat von NochSoEiner:
Ich war sonst jahrelang nur unter Strom

Ist dort vielleicht dein Problem versteckt?
Bist du auch so ein Funktionierer gewesen? Nun funktionierst du leider nicht mehr
Sponsor-Mitgliedschaft

@KenTucky Ja das war es wohl. Wirklich funktioniert hab ich nie, aber ich hab es immer versucht zu funktionieren. Ich beschreibe das immer gern als chronisch scheiternder Perfektionist

Hallo Hedonistic,

dass es Dir gar nicht gut geht, kann ich mir gut vorstellen.

Zitat von Hedonistic:
Entschuldigt den langen Text, aber es fällt mir schwer mich kurz zu fassen.

Bestimmt kann es Dir helfen, wenn Du beginnst zu lernen, Dich in Texten und Gesprächen deutlich
kürzer und somit auf das Wesentliche zu beschränken.

Zitat von Hedonistic:
Ich empfinde mir gegenüber nur Negatives, Schuldgefühle, Zukunftsängste.


Zitat von Hedonistic:
Wenn jemand mich komisch anschaut oder schlechte Laune hat, lässt mich das umgehend an mir selbst zweifeln und ich fühle mich verantwortlich.


Zitat von Hedonistic:
aber in meinem Kopf herrscht ein so lautes Gewitter, dass ich nur schwer zur Ruhe komme.


Zitat von Hedonistic:
Sobald ich für eine mögliche Krankheit Entwarnung bekomme, google ich nach der nächsten Alternative, weil mein Gehirn nicht akzeptieren will, dass es eventuell ein psychisches Problem sein könnte.


Dann lies doch bitte mal was Du schreibst. Warum glaubst Du nicht daran, dass es überwiegend
eine psychische Beeinträchtigung ist, die Dir täglich Dein Leben schwer macht?

Kannst Du dir vorstellen, dass das auch daran liegen kann, dass Du fast nur unterbewusst
denkst und funktionierst?
Das menschliche Unterbewusstsein kann normalerweise selbst keine logische Erklärung
für Fragen finden.
Da solltest Du möglichst schnell beginnen, mal bewusst über das, was sagst und machst,
nachdenken.

@Hedonistic

Das ist natürlich eine Suche, die niemals befriedigt werden kann, wenn du nach der Anerkennung und Liebe suchst mit der du in der Kindheit überhäuft wurdest. Ich glaube, du bist eigentlich an einem Punkt, wo du rein intellektuell schon ganz genau weißt, was mit dir los ist, nur emotional bist du noch blockiert. Wie du ja schon ahnst, sind die Maßstäbe die du aus deiner Kindheit mit in dein Erwachsenenleben genommen hast unrealistisch und werden dich auf lange Sicht unglücklich machen.

Ein gutes Ziel ist da, denke ich, ein gutes Verhältnis zum Mittelmaß aufzubauen. Statt ständig nach Liebe und Bewunderung zu suchen, reicht einem dann irgendwann Akzeptanz. Statt die bestmögliche oder optimale Leistung zu bringen, genügt es dann einen durchschnittlichen Beitrag geleistet zu haben. Und das ist so befreiend!

Ich glaube, Mittelmaß ist auch etwas, was aus heutiger Sicht einen sehr schlechten Ruf hat. Gerade durch die sozialen Medien bekommen wir permanent suggeriert, dass es nur schöne erfolgreiche, super gesunde Menschen mit glänzenden Beziehungen und Finanzen da draußen gibt. Dabei sind der überwiegende Teil von uns kleine Leute mit gewöhnlichen Leben und Fehlern, Sorgen und Problemen und auch darin liegt Schönheit!

A


x 4


Pfeil rechts



Youtube Video

Dr. Matthias Nagel
App im Playstore