Zitat von psycho-idiot:@Hypochonder-Man scheint so dass fast alle hier Medis nehmen. Wirklich geholfen haben mir AD und Opripramol für 1 Jahr nicht, verhindern nur das Denken so ein Therapeut. Klinik zum Schluss: wir können in 6 Wochen nicht heilen, was jahrelang im Argen liegt. Stopp Technik , muskelentspannung, Ablenkung, ...
Es mag Fälle geben, denen (nur) eine dauerhafte Einnahme von Psychopharmaka wirklich hilft und bei denen alle anderen Sachen (Psychotherapie etc) nicht ausreichen oder kaum Wirkung zeigen. Es ist eben immer sehr schwer einzuschätzen glaube ich. Selbst Therapeuten und Ärzte tun sich da schwer. Es ist ja auch kein Wunder. Kein Therapeut bekommt mit, wie sich der Patient 24 Stunden verhält, ob er die Tipps, die ihm z.B. in Verhaltenstherapien gegeben werden (die wirkt bei Hypochondrie eigentlich schon recht gut), wirklich umsetzt oder es zumindest versucht.
Im Klartext: Ich kann in den Therapiestunden die ganze Zeit behaupten und sagen, dass ich das oder das getan/versucht habe, es aber einfach nicht hilft und in Wirklichkeit habe ich keinen einzigen Verhaltenstipp wirklich versucht, sei es, weil ich einfach nicht geglaubt habe, dass es etwas bringt oder weil ich zu faul war (was sicherlich Teil der Erkrankung ist, besonders, wenn Depressionen mit im Spiel sind; andererseits weiß ich auch von mir selbst, dass da oft mehr gegangen wäre, wenn ich mich nicht ganz so hätte gehen lassen - das ist also auch ein wenig Selbstkritik an mir gerade).
Natürlich kannst du nicht erwarten, dass das alles schnell geht (6 Wochen Klinik etc). Und selbst, wenn es mit der Zeit besser wird - es hilft nichts - man muss dauerhaft dran bleiben. Das ist eben nicht so wie ein Bruch am Knochen, der irgendwann verheilt ist und dann muss man nicht mehr zur Krankengymnastik/Physio. Es ist wie beim Sport - wer sich gehen lässt für einige Monate und nichts mehr macht, der landet wieder bei null Kondition bzw. die Muskeln gehen komplett zurück. Der Unterschied ist nur, dass der Sportler einfach nicht mehr so fit ist, aber er rutscht leidenstechnisch nicht wie wir in den kompletten Minusbereich ab.
Das Gegenteil von Passivität, also möglichst viel Bewegung ist nicht nur bei Depressionen fast schon der Goldweg oder zumindest unbedingt einen längeren Versuch wert - auch bei Angststörungen (und damit natürlich auch bei Hypochondrie) ist das eine Sache, die meiner Meinung nach den größten Durchbruch ermöglichen kann (der Thread von @Calima ist z.B. ein echter Musterfall, aber so extrem muss man es nicht einmal schaffen). Medikamente haben da definitiv schlechtere Karten im Vergleich zu Sport/körperlicher Aktivität. Pillen schlucken ist aber eben der bequemere Weg, anstatt sich jeden Tag sozusagen zu quälen, diesen einen Punkt zu überwinden, um aktiv zu werden (gilt übrigens auch für soziale Kontakte, die einen ähnlichen Effekt haben - auch Hypochonder neigen sehr dazu, sich sozial zurückzuziehen).
Das ist eben diese Schwierigkeit und Kacke an der ganzen Geschichte - diese Gefahr der Passivität. Ich kenne es ja selbst. Man lässt sich schleichend über Jahre körperlich immer mehr gehen, macht oft nicht mal 1000 Schritte am Tag, weicht Treffen mit Freunden und anderen Menschen immer mehr aus - flackt gut gesagt eben die meiste Zeit nur noch auf der Couch herum und glotzt in seine Bildschirme (TV, PC, Smartphone), ernährt sich vielleicht dann auch noch immer schlechter und schluckt vielleicht eben noch seine Medis. Dass diese Kombination auf Dauer die Lebenserwartung nicht gerade erhöht - dazu braucht keiner von uns eine Studie und da hilft es auch nicht, wenn man 10x im Monat zum Arzt rennt, um seine Blutwerte checken zu lassen samt EKG. Dass ein häufiges Rennen zum Doc eher das Leben verlängert (weil man angeblich ja Krankheiten weniger übersieht), ist übrigens auch eine gefährliche Annahme/ein Irrglaube. Auch da gibt es Untersuchungen dazu, die das Gegenteil aufzeigen und wer mal genau nachdenkt und beobachtet, der wird auch verstehen, warum das auch nicht der bessere Königsweg ist. Wie viele Stress-Hormone schütten wir denn immer aus, wenn wir jedes Mal zum Doc rennen und dann auf die Ergebnisse warten? - Bestimmt nicht wenig und die Arztbesuche können dann auch zur Sucht werden mit regelmäßigem Stress-Schub. Da war doch dann noch was mit diesem Stress oder den Stress-Hormonen oder? Ach ja - die sind nicht so gut für unsere Gesundheit und schon gar nicht, wenn sie oft und regelmäßig anklopfen.
Genau das ist aber ein Problem bei uns Hypochondern - wir denken, wir könnten unser Leben verlängern oder unsere Gesundheit unter Kontrolle haben, wenn wir oft zum Arzt rennen. Genau das ist aber der falsche Weg. Stattdessen sollten wir lieber im Wald (herum)rennen anstatt zum Doc .
Loslassen, Akzeptanz und Vertrauen samt Umsetzen der Verhaltenstherapie-Tipps und eben regelmäßiger Bewegung (dazu reicht schon ein täglicher Spaziergang von 30 Min), dazu noch Entspannungsübungen/Meditation (auch täglich, nicht alle paar Wochen) - das wäre der richtige Weg. Blöd nur, dass er eben so schwer ist, aber genau diese Schwierigkeit, es zu tun - DAS ist auch unsere psychische Erkrankung oder zumindest ein großer Teil davon. Nicht selten ist ein Teil auch einfach die banale, menschliche Bequemlichkeit und Faulheit (ja, das erlaube ich mir zu sagen, denn ich bin mittlerweile so ehrlich zu mir selbst, dass ich mich da zu gut kenne ).
Allen hier (inkl. mir) jedenfalls viel Glück und Kraft, dass sie es schaffen, den A... hochzukriegen und dann Besserung erfahren bis hin zur kompletten Heilung!