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Hallo liebes Forum,

ich habe seit Anfang dieses Jahres extreme Krankheitsängste und leide natürlich auch stark darunter. Das Ganze fing damit an, dass ich einige Tage ein Engegefühl in der Brust hatte, welches in einer leichten Panikattacke endete, in der ich dachte, dass ich nun sterbe. Das war komplett ungewohnt, da ich zwar schon immer ein ängstlicher und sich sorgender Mensch war, aber im Vorfeld keinerlei Erfahrungen mit wirklichen Ängsten vor Krankheiten oder Panikattacken hatte. Nach dieser Panikattacke (die ich damals noch nicht als Panikattacke identifizieren konnte) war ich mehrmals beim Arzt, da ich davon überzeugt war, dass etwas mit meinem Herzen nicht stimmt. Jedes Mal wurde mir versichert, dass ich vollkommen gesund bin, jedoch war diese Rückversicherung immer nur kurz zufriedenstellend. Natürlich wurde auch viel gegoogelt, was, oh Wunder, die Ängste verstärkt hat und nicht, wie gehofft, lindern konnte. Zudem kam ein starkes Fokussieren auf die Symptome hinzu.

Wir spulen vor in dem März: Zwischenzeitlich habe ich eine Therapie angefangen, die Angst vor einer Erkrankung des Herzens blieb aber weiterhin bestehen und beherrschte meinen Alltag. Dadurch lebte ich in einem dauerhaft gestressten Zustand der Angst und Panik, was nach einer gewissen Zeit auch in körperlichen Symptomen mündete.
Dann, Mitte März, war die Angst vor Herzproblemen letztendlich weg und ist bisher auch nicht wieder gekommen! Klingt erstmal gut, wenn das Ganze nicht von einer Angst vor einem Hirntumor abgelöst worden wäre.

Kleiner Disclaimer: Ich weiß, dass diese Ängste sehr irrational sind. Es fühlt sich auch in einem klaren und nicht so ängstlichen Zustand (in dem ich gerade weitestgehend bin), sehr komisch an, das alles mal so aufzuschreiben und ist echt schwer zu glauben, dass mein Verstand diese Sachen überhaupt als Bedrohung sieht. Ich weiß aber zudem sehr gut, dass ich wieder in einen ängstlichen Modus komme, der sich diese Horror Szenarien ausmalt, dann in eine starke Panik verfällt und letzten Endens überzeugt sein wird, einen Hirntumor zu haben.

Alles fing, vor mittlerweile über 4 Monaten, mit wirklich leichten Kopfschmerzen/ Kopfweh an. Ich war mit meiner Freundin in Paris, diese Kopfschmerzen hatten aber meinen ganzen Fokus, sodass ich diese eigentlich wunderschöne Zeit gar nicht genießen konnte. Schnell hatten Dr. Google und ich mich diagnostiziert: Hirntumor. Auch wenn es natürlich bei leichten (Schmerzskala: 1- maximal 2 von 10) Kopfschmerzen kompletter Quatsch ist, sich mit einem Hirntumor zu diagnostizieren, habe ich es extrem ernst genommen. Ein paar Tage später, als ich wieder zuhause war, stellte sich heraus, dass ich Corona bekommen habe und die Kopfschmerzen wahrscheinlich davon kamen. So schön so gut, meine Ängste waren fast komplett weg, da ich mir das Ganze erklären konnte. Sobald ich wieder negativ war, die Kopfschmerzen aber immer noch leicht da waren, fingen die Ängste abrupt wieder an und begleiten mich bis heute. Es gab in den letzten 4 Monaten nur wenige Tage, an denen das ganze Thema Hirntumor keinen Platz in meinen Gedanken fand. Und diese Gedanken sind, wie ihr euch denken könnt, sehr düster und negativ, da sie immer ein Horror Szenario enthalten. Dementsprechend fühle ich mich auch oft einfach nicht gut. Es gibt aber auch Zeiten, in denen ich mich echt lebendig fühle, wie beispielsweise vor ein paar Tagen. Ich war mit meiner Freundin in Lübeck, die Zeit war wunderschön, die negativen Gedanken weniger und meine körperlichen Symptome nicht existent.

Damit das Ganze nicht viel zu lang wird, obwohl das alles natürlich sehr komplex ist, erzähle ich noch eben wie es momentan ist: Die Kopfschmerzen sind schon seit Monaten weg, natürlich habe ich immer mal leichtes Kopfweh, aber nie besorgniserregend. Außerdem weiß ich, dass, wenn meine Kopfschmerzen vor ein paar Monaten von einem HT gekommen wären, sie mittlerweile wahrscheinlich unerträglich wären (wenigstens eine Information, die mein Verstand logisch verarbeiten kann). So viel dazu. Mit der Zeit sind aber andere Beschwerden gekommen. Ich hatte vor 1-2 Monaten immer mal eine leichte Übelkeit, diese war auch nie stark oder hat irgendwie in einem Erbrechen geendet. Außerdem habe ich bemerkt, dass es immer da war, wenn meine Gedanken sehr negativ waren und ich mich auch sehr stark drauf fokussiert habe. Nach einer oder zwei Wochen war es dann auch wieder weg. Dann kam immer mal ein leichtes Muskelzucken. Es fing an mit dem Auge, was mittlerweile auch schon wieder aufgehört hat und dann kamen irgendwann mal die Finger. Auch das war nie stark und ist weitestgehend wieder weg. Dieses Zucken sind ja auch Symptome für Ängste und dem daraus resultierenden Stress. Meine Sehstärke hat außerdem etwas abgenommen, aber das schon sehr lange und ich war deswegen beim Augenarzt und wurde mit einer leichten Hornhautverkrümmung diagnostiziert, brauche also nur eine Brille. All diese Symptome sind natürlich auch einer starken Aufmerksamkeit bedingt. Wenn ich ein Zucken im Augenlid oder Finger wahrnehme, konzentriere ich mich extrem darauf und warte nur wieder drauf, dass es erneut passiert, um dann sagen zu können: Da ist es wieder, ich habe garantiert einen Hirntumor! Mehr ist es aber eigentlich auch nicht wirklich, also keine Sprachstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Sehstörungen (Doppelbilder etc.), Schwindel, Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit oder ähnliches. Oft habe ich auch gar nichts an Symptomen, aber dieser Glaubenssatz Ich habe einen HT ist mittlerweile so verankert, dass es nicht mal eines Symptoms bedarf.

Ein weiterer Punkt, den ich oft nutze, um mich zu beruhigen, ist meine sportliche Leistungsfähigkeit. Ich gehe ins Fitnessstudio, bewege mich sonst auch relativ viel und baue momentan echt ganz gut Muskeln auf. Klingt sehr merkwürdig, da es mir sonst echt dreckig geht, aber trotzdem bekomme ich es momentan gut hin, stärker zu werden und Progress zu machen. In meinen klaren Momenten sage ich mir dann: Du bist momentan so stark wie noch nie und baust Muskeln auf, das würdest du garantiert nicht als Schwerkranker! Das hilft leider aber auch nur kurz. Ich hatte bisher nie Probleme mit wirklichen Erkrankungen und bin auch sonst eher selten mal angeschlagen, habe also eigentlich auch ein ganz gutes Immunsystem.

Ich weiß dass es viel Text ist, vielleicht liest es aber der/ die ein oder andere und kann mir eventuell beruhigende Worte da lassen! Vielen Dank im Voraus.

Liebe Grüße,
Jannik

19.07.2022 16:37 • 19.07.2022 #1


5 Antworten ↓


Du hast kein einziges Symptom eines HT, stattdessen hast du eine ausgeprägte Hypochondrie entwickelt. Herzliches Beileid. Du versuchst dir rationale Konstrukte zu bauen, um deine Krankheitsangst auszuräumen, was ein mühseliger und langer Weg ist, der auch oft nicht zum Ziel führt. Hast du letztlich den HT ausgeräumt, sucht sich deine Angst etwas neues. Ich würde dir raten, zu versuchen, grundlos zu vertrauen und ein Restrisiko inklusive Tod, in Kauf zu nehmen.

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Habe ich wirklich keinen Hirntumor?

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Hallo Jannik,

in Abhängigkeit davon, wie oft du Kopfschmerzen hast, kannst du schon zum Hausarzt gehen und das mal abklären lassen. Ganz sicher würde man einen HT im CT oder MRT sehen. Man muss meistens abwägen, ob genug Symptome da sind, dass ein solche Bestrahlung gerechtfertigt wäre. Das weiß aber dein Arzt.

Aber Kopfschmerzen alleine können richtig viele Ursachen haben: Dehydration, Verspannungen im Schulter- und Halsbereich, Stress, Schlafmangel usw. In meinem Umfeld kenne ich mittlerweile einige, die Kopfschmerzen wegen Verspannungen hatten. Konnte über eine Physiotherapie gelöst werden. Augenlidzucken kann ein einfaches Muskelzucken sein, was durch Stress oder Mineralstoffmangel ausgelöst wird. Ich kann dir sagen, dass ich beides hatte und immernoch ab und zu habe. Ich wurde mal in die Röhre geschoben und habe ganz sicher keinen HT. Und die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, dass das bei dir auch so ist.

Wenn du dann vom Arzt gesagt bekommen hast, dass du keinen HT hast, würde ich mal abwarten, wie du darauf reagierst. Mit der Angst ist das so eine Sache. Manche lassen sich durchein Arztgespräch beruhigen. Manchen reicht das nicht. Es folgen immer neue Arztbesuche, die dann nur kurz für Ruhe sorgen. Wenn du merkst, dass du in so eine Spirale kommst, würde ich dir dringend eine Psychotherapie empfehlen. Je länger du damit wartest, desto mehr fressen sich die Angstgedanken in deinen Kopf rein und desto schwieriger lässt sich das wieder verlernen.

Zitat von doremon:
Hallo Jannik, in Abhängigkeit davon, wie oft du Kopfschmerzen hast, kannst du schon zum Hausarzt gehen und das mal abklären lassen. Ganz sicher würde man einen HT im CT oder MRT sehen. Man muss meistens abwägen, ob genug Symptome da sind, dass ein solche Bestrahlung gerechtfertigt wäre. Das weiß aber dein Arzt. ...

Ich halte es für einen Fehler, die Angst über ein CT/MRT auszuräumen. Zu sehen und damit zu 100% zu wissen, dass da nichts ist, verschafft eine unmittelbare Befreiung aus der Angst, fördert dadurch aber das Bedürfnis, zukünftig Sicherheit umso mehr durch absolute Gewissheit zu empfinden, mit dem Resultat, dass das gesunde Vertrauen in den eigenen Körper (Vertrauen definiert sich nicht durch Wissen, im Gegenteil) noch mehr schwindet. Ergo geht es dir zunächst sehr viel besser, mittel- langfristig gräbst du das Loch in dem du sitzt aber auf diesem Wege (CT/MRT) nur noch tiefer.

Davon abgesehen würde ich niemals wegen so etwas ein CT machen. Die Strahlenbelastung ist nicht unerheblich, von daher immer MRT, wenn es denn sein muss. Auf Kontrastmittel würde ich beim MRT ebenfalls verzichten.

Wenn es nicht mehr der Hirntumor ist, wird es vielleicht Angst vor Leberkrebs sein. Danach kommt Magenkrebs oder eine Herzneurose.. habe ich leider alles schon gedanklich gehabt und so, wie du es schilderst, klingt es wirklich nach Hypochondrie. Wenn beim MRT alles gut ist, sucht deine Psyche sich eine neue Angst. Versuch zu akzeptieren, dass du eher Hilfe in Form einer Therapie brauchst. Alles Gute dir

Zitat von GoodFriend:
Ich halte es für einen Fehler, die Angst über ein CT/MRT auszuräumen. Zu sehen und damit zu 100% zu wissen, dass da nichts ist, verschafft eine unmittelbare Befreiung aus der Angst, fördert dadurch aber das Bedürfnis, zukünftig Sicherheit umso mehr durch absolute Gewissheit zu empfinden, mit dem Resultat, dass ...


Darauf wollte ich nicht hinaus. Daher eine Klarstellung: Aus meiner Sicht kann es nicht schaden, mal deswegen den Hausarzt zu konsultieren. Der wird ein paar Symptome abfragen usw. und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit kein CT oder MRT einleiten. Ich wollte nur sagen, dass diese Methoden bei berechtigtem Verdacht genutzt werden können.

Natürlich muss man nicht zum Arzt gehen. Aber ein Mal zur ärztlichen Abklärung sollten auch Angstpatienten dürfen. Nur sollte dann klar sein, dass das Verlangen nach mehr Untersuchungen ein klares Anzeichen für eine Angststörung ist und psychotherapeutischer Maßnahmen bedarf.





Dr. Matthias Nagel
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