Es gibt einen Spruch, der mir eigentlich nicht so gefällt, aber zu stimmen scheint. Nicht die Dinge ängstigen uns, sondern die Interpretation der Dinge. Über viele Dinge würde man sich vermutlich nicht großartig kümmern, wenn es nicht das Internet gebe, wo man ungefiltert nach Sachen suchen kann. Und wenn man das erste Mal mit dieser Krankheit konfrontiert wird, dann erschrecken wohl die meisten Menschen. Aber mein Eindruck ist, es gibt deutlich mehr Menschen, die vor ALS Angst haben und deshalb sogar in Behandlung gingen als wirklich ALS-Kranke. Man kann hier sogar von Geschichten lesen, wie Menschen wegen dieser Angst in stationärer Behandlung waren. Das sagt doch schon viel darüber aus, wie selten die eigentliche Krankheit an sich ist.
Zu den Symptomen, Janaa, eigentlich kenne ich die ziemlich gut. Zum einen die Phasen, wo kleine Anstrengungen kurze Zeit später Schmerzen und Muskelkater auslösten. Das passiert mir öfters. Und dann mache ich wieder 10km-Wanderungen und bin am nächsten Tag wieder fit. Manchmal mache ich fast nichts und es tut dann an verschiedensten Stellen weh oder es fühlt sich blöd an. Ich hatte das letztens vor 2 Monaten, wo ich quasi kaum bewegte, aber meine Knie richtig gummiartig wurden. Ich saß in einem Konzert und beide Knie kribbelten wie wild und ich dachte, ich könnte nicht mehr aufstehen. So eine Mischung aus Krampf, Jucken und Kraftlosigkeit. Aber ich konnte normal aufstehen und gehen. Nur es fühlte sich wackelig an. Und die Tage danach gingen die Schmerzen die Beine rauf und runter, hatte sie in Armen und Händen, meist parallel. Ich schreibe das einem möglichen Fibromyalgie-Schub zu. Ärztlich ist das nicht bestätigt, aber letztlich habe ich keine Lust mich von zig Rheumaärzten usw. untersuchen zu lassen, weil es leider keinen direkten Bluttest usw. gibt. Es hat einfach mit meiner Psyche zu tun, dass ich mich bei den Symptomen so reinsteigern kann, dass quasi ein fester Händedruck mir starke Schmerzen bereiten kann, wo andere sagen, das war doch nichts.
Und das zweite ist die Selbstbeobachtung. Wie soll man wirklich sagen können, ob man jetzt schwächer ist als gestern oder letzten Monat? Dazu müsste man hochgenau und reproduzierbar alle möglichen Kraftwerte messen, um das objektivierbar zu machen. Wenn man sich extrem selbst beobachtet, dann nimmt man Dinge wahr, die nicht da sind. Ja, dann kann einem plötzlich das Essbesteck schwerer vorkommen als gestern. Aber am nächsten Tag ist alles wieder normal. Das ist keine wirkliche Schwäche, sondern eine gefühlte. Ich habe mal bei einer Show erlebt, wie jemand einem Mann aus dem Publikum einredete, dass da ein Koffer steht, der gefüllt mit Bleigewichten ist und das es unmöglich ist den hochzuheben und er es gar nicht probieren müsse. Der Mann versuchte es und schaffte es wirklich nicht. Und was war? Der Koffer war leer. Das war reine Einbildung, dass es sich um einen schweren Gegenstand handelte. Der Mensch ist manipulierbar und wir wenden das unbewusst auf uns selbst an. Wenn man das mal durchschaut hat, was unsere Psyche alles anstellen kann, sieht man die Sachen nicht immer, aber öfters entspannter.
24.05.2019 01:07 •
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