Hallo ES-Genossen,
ich schreibe hier mal mit, weil ich selber seit mehr als 15 Jahren Extrasystolen habe, da war mittlerweile wohl alles dabei, was die ES-Kiste hergibt: Einzelne, Serien, salvenartige, leichte, schwere, bei denen der ganze Körper bebt, mit Schwindel, weil die Pause so lang ist, in Ruhe, bei Belastung, nach Belastung, einfach alles.
Das alles wurde mehrfach kardiologisch abgeklärt, immer alles harmlos, keine Ursache feststellbar. Ich litt dann unter Panikattacken, die immer häufiger wurden und dann auch zu umfangreichem Vermeidungsverhalten und -Denken führten. Mittlerweile habe ich immer noch ES, aber: Ich leide nicht mehr darunter. Und wohl deswegen spüre ich auch viel weniger von ihnen.
Hier mal mein Weg, vlt. ist da für den einen oder anderen etwas Brauchbares dabei.
Ich habe mir mithilfe einer Verhaltenstherapie innerhalb der vergangenen vier Jahre beigebracht:
Akzeptanz der Extrasystolen:
- Akzeptieren, dass sie da sind und wohl bleiben werden.
- weg von dem Ich-will-das-sie-weg-sind Gedanken.
- hinnehmen, dass sie mal gar nicht auftreten, dann wieder mal massiv, ohne dass es einen ersichtlichen Grund dafür gibt
- hinnehmen, dass sie bei Aufregung und Stress höchstwahrscheinlich mehr werden
- alle, wirklich alle Gedanken, die in eine andere Richtung gehen, konsequent stoppen.
Beruhigen:
- Grundanspannung senken (bei mir mit täglich Jacobsen)
- Sport zum Adrenalinabbau und zum Konditionsaufbau. Senkt den Puls, stabilisiert Blutdruck und erhöht die Frequenzvariabilität.
- Verspannungsabbau: Dehn- und Kräftigungsübungen für den Rumpf
- immer wieder klarmachen, dass die ES wirklich harmlos sind, egal wie shice sie sich anfühlen, egal ob sie sich verändern, egal ob es mehr oder weniger sind.
Ignorieren:
- kein Reinhorchen mehr, ob es viel oder wenig sind
- keine Pulskontrolle mehr, Hände weg vom Handgelenk, von der Halsschlagader oder auch vom Reinhorchen ohne irgendwas anzufassen
- unter keinen Umständen wegen der ES auf etwas verzichten, was ich machen möchte oder muss
- keine Beschäftigung mehr mit Ursachensuche, kein Googlen, kein anderweitiges recherchieren.
Konfrontieren:
- Situationen gezielt aufsuchen, vor denen ich besonders Schiss hatte, dass dort vermehrt ES auftreten: Bei mir: Besprechungen, Vorträge, allein übernachten, Sport, allein reisen, Fliegen ...
Das ist jetzt hier nur ein Punkt, ist aber sicher der, der am schwersten zu erarbeiten war und am wirkungsvollsten ist. Alles was oben steht, dient im Prinzip der Vorbereitung und Effektivität dieser Konfrontationen.
erfolglos hingegen waren eigentlich alle Versuche, die ES zu reduzieren:
- Magnesium
- orthopädische Abklärung
- Alk. (trinke sowieso max. 2 B. pro Woche, die habe ich dann auch noch weggelassen) kein Effekt
- Verzicht auf Kaffee (trinke ich auch sowieso wenig, zu der Zeit dann monatelang gar nicht, kein Effekt)
- auf der Couch verharren, wenn viele ES auftreten (macht es weder besser noch schlimmer)
Am Anfang der Therapie hielt ich eigentlich jedes oben genannte Stichwort für unerreichbar und die Hälfte davon auch für Eso-Humbug. Schön geredete Shice ist am Ende doch immer noch: Shice. Das Umdenken, umdeuten und anderssehen hat bei mir in ziemlich kleinen Schritten stattgefunden.
Mein Kardiologe wollte und will mir übrigens keine Betablocker verordnen, weil er sagt, dass es dafür keine kardiologische Indikation gibt.
Euch alles Gute.
Amyg.Dala
01.12.2014 14:44 •
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