Zitat von Paelsa:Es ist ja ein Unterschied, ob ich mich nur bedroht FÜHLE oder ob ich wirklich gefährdet werde, was nun leider der Fall sein kann.
Das kann es aber doch genauso gut durch Krebs, Schlaganfall oder gerissene Blutgefäße. In Deutschland sterben jedes Jahr 270.000 Menschen an einem Schlaganfall - auch junge. Echte Prophylaxe gibt es nicht, wenn es einen trifft, ist es so. Die Zahl der Coronatoten liegt aktuell bei 9600, hochgerechnet auf ein Jahr, also um die 20.000. Die Wahrscheinlichkeit, an einem Schlaganfall zu sterben, ist also in Sachen wirklicher Gefährdung deutlich größer.
Ich denke, es ist kein Zufall, dass du eine solch große Angst vor Erregern hast. Bei Krankheiten, die mit Erregern im Zusammenhang stehen, kann man sich der Illusion hingeben, man hätte es in der Hand, eine Infektion mit diesen zu vermeiden.
In unserer Erziehung hören wir immer wieder die Aufforderung, uns zu wehren, wenn uns Unrecht geschieht. Petzen hingegen ist verpönt. Und natürlich gibt es überall auch markige Redner, die schon gewusst hätten, wie man dem anderen die Grenzen aufzeigt. Die Tatsache, dass es Situationen gibt, in denen es einem nichts nutzt, sich zu wehren oder gegen die man sich schlicht nicht wehren kann, weil man zu schwach, zu klein, zu unerfahren... ist dann der (scheinbar) bittere Beweis, dass man es nicht anders verdient hat, WEIL man sich nicht ausreichend zur Wehr setzen konnte.
Frauen, die von ihren Männern misshandelt werden, sind oft genau in diesem Dilemma gefangen. Jeder Außenstehende würde empört raten, sich das nicht gefallen zu lassen. Aber wie das gehen soll, wenn man in einem Netz aus Gewalt und Angst gefangen ist, bleibt offen. Also bleibt über lange Zeit nichts anderes, als sich möglichst so angepasst und unauffällig zu verhalten, dass man die Wut des Partners nicht provoziert. Man wird zum Meister im Erkennen kleinster Stimmungsschwankungen, weil einem nichts bleibt, als verzweifelt zu versuchen, die Katastrophe im Ansatz zu erkennen und damit vielleicht abzuwenden. In der Regel erfolglos, weil man sich niemals ausreichend richtig verhalten KANN, um der Misshandlung zu entgehen.
Wenn du verzweifelt versuchst, die Kontamination von dir fern zu halten, indem du deinen Zwangshandlungen folgst, kämpfst du den selben aussichtslosen Kampf, denn im Fall der Fälle ist eine Infektion nicht zu verhindern. Und das Gefühl der eigenen Schuld daran, treibt dich gnadenlos dazu, immer weiter damit zu machen, weil du irgendwann gelernt hast, dass man sich erfolgreich schützen kann, wenn man sich nur genug anstrengt.
Dem ist aber nicht so. Manchmal können wir uns wehren. Manchmal aber auch nicht. Ein winzig kleines Virus kann die ganze Menschheit ausrotten. Corona wird das nicht tun, aber es gibt genügend andere, die das Potential dazu haben.
Im Fall von Corona haben wir eine ziemlich gute Chance, auch bei einer Infektion glimpflich davon zu kommen.
29.08.2020 12:13 • #42