Zitat von Herbst35: Ich denke auch, es ist eine Sucht. Bei mir war es das auch. Wenn auch nicht ganz so lange. Und wenn ich mein Herz jetzt ab und zu stolpern „höre“, merke ich, wie die Sucht über mir schwebt. Und dann nicht wieder von vorne anfangen: wenn man das schafft, hat man schon viel gewonnen.
So ist es.
Man kann doch hier offen und ehrlich reden/schreiben.
Ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass bei mir manchmal immer noch hier und da die Versuchung aufkommt, mal wieder das eine oder andere Symptom zu googeln (letztens, als ich mal wieder Corona hatte war das z.B. so).
Es ist halt wie mit vielen alltäglichen Dingen (sich beim Essen beherrschen, Internet-Sucht allgemein oder oder oder) - man muss sich nicht schämen, diese Versuchungen zu haben und sollte sie auch akzeptieren, denn so ist der Mensch nun einmal - er ist schwach und bequem und neigt sehr schnell zu bestimmten Gewohnheiten.
Und trotzdem wäre es falsch, sich einfach zu sagen Ist halt so. Ich bin halt so. Ich kann mich ändern. Ich kann da nichts machen. Es ist meine psychische Erkrankung, die Schuld daran ist!.
Nein - da liegt nämlich der Hase im Pfeffer begraben!
Wir können zwar großteils nichts dafür, dass wir unsere Erkrankungen hier bekommen haben, aber es ist auf keinen Fall so, dass wir selbst keinen Einfluss darauf hätten, wie es damit weiter geht, ob es besser wird oder immer schlecht bleibt.
Man muss sich einfach mal konkret ein bisschen damit beschäftigen, welche Tricks oder notfalls auch Kindersicherungen man sich bauen könnte, um eben z.B. nicht mehr zu googeln oder eben nicht mehr ständig den Puls zu messen.
Oder auch einfach mal einsehen, dass es ohne Veränderungen im aktuellen Leben nicht klappt, seine Ängste wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Beispiele hierfür:
- Warum überhaupt das Smartphone immer zu Arzt-Besuchen mitnehmen?
Stirbt man deshalb, wenn man das Ding mal daheim lässt? Und nein - die Ausrede Dann kann ich ja niemanden verständigen im Notfall ist Käse! Man ist dort unter Menschen und kann jederzeit Hilfe bekommen, wenn es sein sollte.
Lasst eure Smartphones doch einfach mal daheim, wenn ihr zum Arzt geht. Dann ist die Möglichkeit, einfach mal im Wartezimmer wieder zu googeln gar nicht möglich.
- Warum eine Smartwatch mit Pulsmesser besitzen?
Allein das Besitzen eines Gerätes, welches einem jederzeit ermöglicht, seinen Puls zu messen oder gar EKGs aufzuzeichnen erweitert die Wahrscheinlichkeiten, dass daraus Blödsinn und Leid für Hypochonder wird. Ja, das Ding hat viel gekostet. Muss man es daher rein aus Geldgründen behalten? Verkauft das Ding bei Kleinanzeigen und tut eurer psychischen Gesundheit etwas Gutes. Das Smartphone wird reichen, wobei selbst das Ding bzw. das Internet allgemein eigentlich an sich schon auch ein Trigger-Equipment ist (kein Witz!).
- Warum nicht z.B. mal analysieren, ob einem der aktuelle Job noch gut tut oder gar mehr Nerven kostet/Leid erzeugt, als es früher der Fall war.
Ein Kumpel von mir jammert mir seit zehn Jahren regelmäßig vor, wie blöd sein Job ist, wieviel Stress das ist und wie kaputt ihn das macht. Er ist immer wieder krank, hangelt sich von Urlaub zu Urlaub und träumt immer davon, in 15 Jahren auf Altersteilzeit reduzieren zu können. Ich und andere Freund haben ihm schon 100x gesagt, dass er sich doch mal woanders bewerben und nach einem anderen Job Ausschau halten sollte. Aber nein - kein einziger Versuch der Neuorientierung fand statt. Stattdessen kamen immer Ausreden (Woanders verdiene ich wahrscheinlich weniger. Ich bin glaube ich schon zu festgefahren in meiner Branche - etwas Neues ist zu viel Umstellung!....).
EInige Freunde haben es dann irgendwann aufgegeben. Selbst Schuld ist er. Er will es wohl tief im Inneren nicht anders. Er will wohl weiter leiden und jammern., hat einer mal gesagt.
Wer nur wartet und hofft, dass die Angststörung irgendwann weggeht, wer die Schuld dafür immer bei anderen Menschen oder allgemein der Außenwelt sucht, wer nicht versteht, dass er selbst aktiv werden muss, kreativ und auch Risiken eingehen muss, wer nicht versteht, dass dieser Weg super-anstrengend sein MUSS (!), damit Hoffnung auf Besserung da ist, der wird leider sehr wahrscheinlich nie aus dem Teufelskreis entkommen können. Das sind harte Worte, ich weiß, aber es leider die Wahrheit und es schadet nicht, diese ab und zu mal präsentiert zu bekommen (mir hat es gut getan!).
Verlasst euch nicht auf die 10. ambulante Psychotherapie oder Medikamente, welche oftmals nur die Konflikte, Probleme, Passivität von uns allen überdecken. Ändern können wirklich wenn überhaupt nur wir selbst etwas und dazu muss man eben klein anfangen und sich mal konkret ein bisschen clever überlegen, welche kleinen Krücken, Helferlein wir verteilen oder einstellen können, damit Süchte wie oben beschrieben eben nicht mehr so leicht ihren Weg finden.
Ich wünsche (uns) allen, dass das gelingt.