Hallo Zusammen,
auch wenn der Thread schon etwas älter und scheinbar auch abgeschlossen ist, wollte ich doch mal meine Erfahrungen, bzw. Leidensgeschichte mit der Cardiophobie erzählen. Bekommen hab ich sie vor ein paar Jahren beim *beep*, an sich war alles gut, aber beim Einschlafen dachte ich immer wieder, dass mein Herz stehen bleiben würde. Ich hab dann ne wirklich ziemlich bescheuerte Zeit durchgemacht, weil sich das mit anderem Stress hochgeschaukelt hat und so.. Mittlerweile allerdings gut 1 1/2 Jahre vergangen und seit circa 9 Monaten hab ich so gut wie keine Probleme mehr mit Cardiophobie. Ich hab keine Therapie oder so etwas gemacht, sondern habe ein paar Tricks entdeckt, die mir sehr geholfen haben:
Was man ja generell bei der ganzen Sache verliert ist das Vertrauen in das eigene Herz. Man traut ihm nicht mehr zu, dass es fähig ist, den Körper am Leben zu halten, sondern ist ständig skeptisch ihm gegenüber. Was mir hier nach und nach rausgeholfen hat, war, mein Herz einfach total machen zu lassen, was es will. Zwei Finger am Handgelenk um zu spüren, dass es noch schlägt, und einfach den befürchteten Herzstillstand kommen lassen. Er kommt nämlich nicht, versprochen. Als ich das zum ersten mal gemacht habe, dachte ich, mein Herz würde genau in der Sekunde stehen bleiben, aber in Wirklichkeit war einfach nur einmal meine Konzentration nicht unterbewusst auf den Puls gelenkt - er war natürlich trotzdem noch da, wie ich an meinem Handgelenk gemerkt habe. Ich glaube, für das erste mal sollte man dafür am besten bei einer vertrauten Person sein, die dann den Notarzt rufen könnte, wenn was passieren würde - was es nicht tut. Immer wenn ich dann später meinen Puls so stark gespürt habe oder Angst hatte, habe ich das wieder gemacht, und jedes mal hat es geholfen. Ein anderer Tipp, den ich entdeckt habe, war, mir bewusst zu machen, dass ich vor meiner Phobie kein. Einziges. Mal. Irgendein Problem mit meinem Herz hatte. Warum sollte sich das, vor allem wenn der Arzt sagt, dass alles gut ist, von heute auf morgen ändern? Nur weil ich Angst davor bekommen habe? Eigentlich doch nicht. So unglaublich viele Leute haben mal in einer ruhigen Situation einen Puls von 120 oder morgens einen von knapp 50, überleben tun sie's trotzdem.
Das große Problem der Cardiophobie ist in meinen Augen die Uneingeschränktheit, mit der man denkt, wenn man sie hat. Weil ein Herzstillstand ja wirklich keine spaßige Angelegenheit ist, und man diesen befürchtet, fokussiert man sich viel extremer darauf, als das bei belangloseren Phobien der Fall ist, und ist auch viel weniger bereit, davon abzusehen, weil man dann ja auf der Stelle stirbt. Ich bin nur ein sechzehnjähriger Junge und habe keine wirkliche Ahnung von dem allen, aber meiner Erfahrung nach ist es genau so. Ich habe auch mal gelesen, dass Menschen, die an Cardiophobie leiden, oft tief im Inneren Zweifel an der Realität haben, auch das war bei mir der Fall. Hier kann ich nur jedem mit auf den Weg geben, dass, ob das jetzt alles echt ist oder nicht, es trotzdem das Leben ist was man jetzt nunmal lebt, und ob man Angst hat oder nicht, oder zweifelt, ändert daran rein gar nichts, es macht nur sehr vieles sehr viel weniger angenehm.
Ich hoffe, dass das hier Leute lesen, die die gleichen oder ähnliche Probleme haben wie ich, und dass ich denen damit helfen kann/konnte. Ich hätte in der blödesten Phase glaub ich nichts eher gebraucht, als jemanden, der mich auf meiner Ebene versteht und nicht nur sagt ja, das ist alles nur in deinem Kopf.
Peace Out!
03.05.2015 21:31 •
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