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Hallo Zusammen,

lange habe ich überlegt hier einen Text zu verfassen und würde mich sehr über einen Austausch freuen.

Kurz zu meiner Geschichte: schon seit meiner Kindheit habe ich viele Ängste und bin generell eine sehr ängstliche Person. Ich hatte damals sehr stark mit Albträumen und derealisation zu kämpfen, sowie mit Verlustängsten und konnte auch lange Zeit nicht alleine in einem Raum schlafen.
Ich vermute das ich schon als Kind eine GAS hatte. Mit 15 Jahren habe ich es dann in den Griff bekommen, habe mein Leben etwas umgekrempelt viel Gewicht verloren und einen guten Abschluss gemacht, sowie eine Ausbildung angefangen.
Im September 2019 habe ich auf der Arbeit plötzlich eine Panikattacke bekommen und mein Leben war nicht mehr wie vorher. Ich hatte plötzlich Angst nach draußen zu gehen und alleine Auto zu fahren. Dies ging soweit das ich für 4 Monate in die Klinik musste. Seit dem lebe ich damit. Bei mir wurde eine Depression und eine generalisierte Angststörung diagnostiziert.
Ich lebe nun seit 4 Jahren damit, habe es jedoch geschafft nach der Klinik wieder arbeiten zu gehen und habe mittlerweile ein Studium begonnen.

In letzter Zeit geht es mir jedoch wieder schlechter und mein Kopf fühlt sich wie ein einziges Gedankenkarussell an.
Ich bin generell ein sehr nervöser und unruhiger Mensch, als Kind war ich auch sehr aggressiv und wurde vor zwei Jahren auch auf ADHS getestet (mit negativen Befund). Diesen Befund habe ich aber für mich nicht akzeptiert und bin der Überzeugung das trotzdem irgendwas nicht stimmt (typischer Angstpatient halt). Mir fällt es oft schwer auf der Arbeit bei einer Sache zu bleiben und ich bin unkonzentriert, da ich sehr auf meine Umwelt achte.

Meine Stimmung schwankt sehr über den Tag und durch zu viel googeln habe ich Angst vor einer Bipolaren Störung.
Außerdem habe ich seit ca. einem Jahr Tics, die eher vokal sind und nur unter Anspannung auftreten (wenn ich alleine bin). Diese habe ich aber gut unter Kontrolle und es tritt meist nur auf wenn ich an belastende oder beschämende Situation denke, dadurch rutschen mir einige Wörter raus. Dies führt dazu das ich Angst habe Tourette zu haben.

Meine größte Angst ist jedoch die Verrückt zu werden und eine Psychose zu bekommen. Erst vor kurzem war ich mit meiner Freundin in Amsterdam, es waren sehr viele Menschen dort und ich hatte das Gefühl aus der Haut zu fahren. Es war eine starke Reizüberflutung und ich hatte ein starkes derealisationsgefühl, sodass ich dachte ich verliere die Kontrolle und werde verrückt. Die Gedanken schossen durch meinen Kopf, jedoch habe ich den Tag ausgehalten, war jedoch abends dann total ausgelaugt.
Solche Situationen, machen mir starke Angst verrückt zu werden und ich achte nun auf jede Kleinigkeit, z.b. habe ich Angst plötzlich Sachen zu sehen oder frage meine Freundin ob sie auch bestimmte Sachen hört, einfach um mich abzusichern, dass ich nicht verwirrt oder schizophren bin.

Kennt jemand denn auch generell leichte Tics ? Und solche Situationen von starker derealisation, mit einer Angst verrückt zu werden und eine Psychose zu bekommen?.

Würde mich über einen Austausch freuen.

LG

26.02.2023 14:32 • 27.02.2023 #1


3 Antworten ↓


Willkommen im Forum und danke, dass du deine Sorgen teilst

Ich leide auch, schon seit 15 Jahren, an Panik und Ängsten. Vieles von dem was du schreibst kann ich also gut nachvollziehen. Daher will ich auf ein paar Punkte von dir eingehen. Manches klingt vielleicht belehrend, aber das soll es gar nicht sein, sondern das spiegelt nur meine eigenen Erfahrungen wider.

Zitat von Angst19:
Kennt jemand denn auch generell leichte Tics ?

Was du beschreibst sind aus meiner Sicht keine Tics. Das hat jeder in gewissem Maß. Mir geht es da ganz ähnlich. Auch das mit den beschämenden Situationen aus der Vergangenheit kenne ich ganz gut. Diese Gefühl von cringe und der Schauer über den Rücken sind aber was ganz normales.

Mittlerweile komme ich damit ganz gut klar, in dem ich mir klar mache, dass das alles schon lange vergangen ist, kein Mensch mehr darüber nachdenkt und ich mich vermutlich ohnehin nicht korrekt an die Situation erinnere. Dass ich mich an Dinge falsch erinnere, oder damalige Situationen komplett falsch einschätze, habe ich schon durch mehrere Gespräche mit anderen damals anwesenden bestätigt. Ich habe eine weitaus schlechtere Erinnerung als ich immer dachte. Das war eine sehr befreiende Erkenntnis.

Nimm dir folgendes Zitat zu Herzen: Wenn du nicht denkst, dass du als Kind/Jugendlicher ein völliger Idiot warst, dann heißt das, dass du immer noch einer bist.

Dass man in Amsterdan mit großen Menschenmengen eine Reizüberflutung bekommt ist völlig normal, wenn man eher ein ruhiger Mensch ist. Dein erster Gedanke sollte hier nicht sein oh ich bin wohl ein kranker Mensch, sondern wer erträgt bitte so eine Flut an Menschen auf einem Haufen, lass uns gehen. Es ist völlig legitim sowas nicht zu mögen und sich danach ausgelaugt zu fühlen.

Dein ADHS Befund war negativ. Also hast du kein ADHS, auch keine leichte oder irgendeine andere Form. Denn auch das hätte man dir diagnostiziert.

Zitat von Angst19:
Meine Stimmung schwankt sehr über den Tag und durch zu viel googeln habe ich Angst vor einer Bipolaren Störung.

Eine bipolare Störung geht weit über Stimmungsschwankungen hinaus. Das sind richtige Wesensveränderung die sich da abspielen. In meiner Zeit als Zivi hatte ich Kontakt mit mehreren Menschen die das hatten. Wenn auch nur der geringste Zweifel besteht, und vor allem jemand von außen, z.B. deine Freundin, dir nicht sagst, dass du eine Bipolare Störung hast, dann hast du ganz sicher auch keine.

Du solltest mit deinen Selbstdiagnosen echt vorsichtig sein. Was ich so lese, macht dich aus meiner Sicht vor allem zu einem Hypochonder und den damit verbundenen Ängsten.
Mir scheint es, dass du viel im Internet über Krankheiten liest, und du dir dann alles von dir raussuchst was dazu passen können. Das ist jedoch völliger Unsinn.

Höre bitte bitte auf zu Googeln. Noch nie in der Geschichte der Menschheit hat Googeln über Krankheiten für irgendjemanden irgendeinen einen Nutzen gehabt (so weit lehne ich mich jetzt mal aus dem Fenster )
Am besten verpasst du dir mal ein ordentliches Internetverbot. Mal 2 Wochen keine digitalen Medien. Ich mache das auch hinundwieder. Das tut meiner Angsttörung und meinen Depressionen sehr gut. Da man dadruch automatisch auch mehr vor die Tür geht. Und mein Ruhepuls geht auch messbar einige Punkte runter. Lässt sich heutzutage natürlich nur schwer durchhalten.

Zu deiner Nervösität und Stimmungsschwankungen gäbe es auf jeden Fall aber noch Dinge die man abklären sollte, falls noch nicht geschehen:
- Vitamin D
- B12
- Schilddrüse (Blut- und Ultraschalluntersuchung)


Lass dich nicht unterkriegen

A


Wechselnde Krankheitsängste / Kontrollverlustangst

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Vielen Dank für deine Antwort und die wertvollen Tipps.

Ich muss dazu sagen, dass ich mich im ersten Beitrag versucht habe kurz zu halten und das wesentliche zu schreiben, weil ich sonst auch 20 Seiten schreiben könnte .


Zitat:
Dass man in Amsterdan mit großen Menschenmengen eine Reizüberflutung bekommt ist völlig normal, wenn man eher ein ruhiger Mensch ist.

Im Nachhinein betrachtet ist das aufjedenfall so, aber in der Situation wo man so benommen ist und das Gefühl hat die Kontrolle zu verlieren, bzw Angst hat in Wahn zu geraten, ist es immer schwierig sich zu beruhigen.
Jedoch bin ich froh, dass ich es ausgehalten habe.

Aktuell gehe ich wieder nach zwei Jahren zum Therapeuten und mache zum ersten mal eine Verhaltenstherapie.
Nach dem ich im Frühjahr 2020 aus der Klinik entlassen wurde, war ich beim tiefenpsychologen, dies hat eher wenig gebracht. Ich habe mir aber selber Techniken angeeignet um mit der Krankheit umzugehen und bin wieder normal arbeiten gegangen, habe mit Freunden viel unternommen, auch wenn es zum Teil mit viel Angst verbunden war.

Zitat:
Höre bitte bitte auf zu Googeln.

Das ist ein sehr großes Problem von mir und ich krieg deswegen auch immer Ärger von meinem Therapeuten. Ich versuche immer Erklärungen für meinen Zustand zu finden, bzw lese mir auch generell was über Krankheiten durch.
Ich weiß es ist dumm und ich arbeite aktuell dran, wenn es nach Google geht habe ich sowieso schon alle vorstellbaren Krankheiten .

Zitat:
Zu deiner Nervösität und Stimmungsschwankungen gäbe es auf jeden Fall aber noch Dinge die man abklären sollte, falls noch nicht geschehen:
- Vitamin D
- B12
- Schilddrüse (Blut- und Ultraschalluntersuchung)

Ich habe Hashimoto und lasse die Werte alle 6 Monate bei einer Fachärztin überprüfen. Vitamin D Fülle ich auch auf, wenn ein Mangel besteht.

Da ich die Krankheit die letzten zwei Jahre gut in Griff bekommen habe, habe ich mir ein neues Ziel gesetzt und will einen neuen Berufsweg einschlagen.
Nach 3 Jahren Ausbildung und 3 Jahren Berufserfahrung, habe ich ein Jahr mein Fachabi nachgeholt und letztes Jahr im September habe ich dann mein Studium angefangen. In der Klausuren Phase im Januar habe ich mich total gestresst und unter Druck gesetzt, sodass die Symptome mit voller Wucht zurück kamen.

Abschließend lässt sich sagen, dass ich depressive Episoden habe, jedoch die Generalisierte Angststörung im Vordergrund steht und ich immer verschiedene Ängste habe mit körperlichen Symptomen (Brustschmerzen, Kopfschmerzen).
Es wechseln sich hauptsächlich immer krankheitsängste (psychisch oder physish) und Zukunftsängste ab, zudem kommen noch Angst um die Familie und Personen die mir wichtig sind.

Aufjedenfall noch mal danke für deine Tipps und Erfahrungen.

Wenn ich fragen darf, würde ich gerne wissen wie du die letzten 15 Jahre damit gelebt hast, bzw. wie es bei dir mit Arbeit oder evtl. sogar Uni ausgesehen hat ? ( falls du auch studiert hast). Und nimmst du Psychopharmaka?.

Lass dich ebenfalls nicht unterkriegen .

Zitat von Angst19:
Wenn ich fragen darf, würde ich gerne wissen wie du die letzten 15 Jahre damit gelebt hast, bzw. wie es bei dir mit Arbeit oder evtl. sogar Uni ausgesehen hat ? ( falls du auch studiert hast). Und nimmst du Psychopharmaka?.


So richtig angefangen hat das bei mir zum Glück erst nach dem Studium. Ich bin alleine in eine neue Stadt gezogen, neuer Beruf, und es gab einen überrschenden Todesfall in der Familie. Angefangen hat es mit Herzrasen und Magendarmbeschwerden, dich sich dann in völlige Panik entwickelt haben.
Hinzu kam auch noch eine Medikamentenunverträglichkeit (Buscopan), dass ich über Jahre hinweg genommen habe, aber eben zeitlich versetzt zu Herzklopfen geführt hat.
Die Panikattacken kamen dann immer häufiger zu unpassensten Momenten und ich habe mich irgendwann kaum noch aus dem Haus getraut.

Dennoch bin ich noch viele Jahre einfach so weiter arbeiten gegangen und habe es einfach so gut es ging ausgehalten. Medikamente wollte ich nicht (außer Notfall Tavor) und begonnene Psychotherapien haben mir nichts gegegben, sodass ich diese nie lange gemacht habe.

So wirklich schlimm wurde es erst die letzten 5-6 Jahre. Ich habe dann auch meinen Job gekündigt und bin erstmal wieder zurück in die Heimat, wo ich heute noch bin. Seither habe ich das Haus über die Jahre immer seltener verlassen, dank Corona hat sich das irgendwann aber tückischerweise trotzdem ziemlich normal angefühlt. Vor 3 Jahren bin ich dann auch noch an einer chronischen Darmkrankheit erkrankt (Colitis). Die macht das Haus verlassen ohnehin noch schwieriger. Das lässt sich aber einfach nicht ändern, da das vorallem eine genetische Krankheit ist. Da ich eine große Familie habe, ist das aber alles nicht so schlimm wie es klingt. Ich war eh nie der Mensch der groß den Drang nach draußen hatte.

Gerne würde ich behaupten ich hätte die Panik im Griff. Auch wenn ich nun schon seit über einem Jahr keine Attacke mehr hatte, mache ich doch noch viel Vermeidungsverhalten. Die Panik hat also vor allem mich im Griff, erlaubt mir aber doch langsam immer mehr. Ich muss vor allem erstmal wieder lernen, dass ich im überhaupt im Stande bin Dinge zu tun

Zur Zeit bin ich wieder optimistischer. Meine Krankheit ist in Remission, und durch Zwerchfell-Training ist dieses ständige beklemmende Gefühl fast komplett verschwunden.

Ich glaube das ist bei mir der Kern meines Problems. Ich hänge seit ich 14 bin (also seit über 23 Jahren) häufig und lange vor dem Rechner. Mein Zwerchfell ist dadruch total verkürzt und verklebt, obwohl ich eigentlich schon eher der sportliche Mensch war. Das daraus resultierende beklemmende Gefühl (Brustenge, schweres Atmen, verspannter Nacken, Kopfschmerzen) macht mich sehr empfindlich für Stress und ich komme schnell über mein Limit.

Ich mache diese Übungen erst seit wenigen Wochen und es geht mir wirklich so gut wie lange nicht. Hätte ich das nur früher entdeckt
Ich will diese Übung wirklich jedem, der an dieser beklemmenden Angst leidet, ans Herz legen:
Trigger

https://www.youtube.com/watch?v=UAdTGgVUBrY



Schön zu lesen, dass du in Behandlung bist und dein Leben ja doch noch weitgehend lebst
Ich denke nicht, dass du verrückt bist/wirst, kann aber verstehen, dass man solche Sorgen bekommt, wenn das generelle Körpervertrauen nicht mehr so da ist.

Sind den psychische Erkrankungen bei dir in der Familie vorhanden? Das ist ja in dem Fall durchaus ein guter Indikator.




Youtube Video

Dr. Matthias Nagel
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