Angst vor Demenz
Hallo Leute,
das ist mein erster Beitrag hier im Forum. Ich bin 33 Jahre alt und weiblich. Erstmal zur Vorgeschichte:
Ich habe bereits seit langem, ca. 15 Jahre eine Angststörung, die sich in verschiedenen Bereichen, auch Krankheitsängsten äußert. In den Phasen, in denen die Angst besonders stark ist kommen auch depressive Symptome hinzu. Die erste größere Angst, die mir in meiner Geschichte auffällt, ist die Angst vor Leukämie, die ich mit ca. 18 Jahren das erste Mal hatte. Es gab aber auch noch weitere Krankheiten vor denen ich Angst hatte, wie Tollwut, Vogelgrippe, Sepsis, weißer Hautkrebs um nur mal ein paar Beispiele zu nennen. Manchmal habe ich deswegen richtig schwierige Phasen, in denen ich an kaum etwas anderes denken kann und dementsprechend auch schon Probleme in der Schule, Uni und Arbeit hatte. Die Diagnose ist aber trotzdem eine generalisierte Angststörung, da ich auch vor anderen Dingen als Krankheiten Angst habe. Zum Beispiel habe ich auch Verlustängste, also so in die Richtung, dass meinem Partner etwas passieren könnte. Versagensängste und zum Teil soziale Ängste kommen auch hinzu. Des Weiteren habe ich auch Flugangst. Eine Zeit lang hatte ich auch Angst unrechtmäßig verurteilt und ins Gefängnis zu müssen. Also wie ihr seht die Palette ist groß und die Ängste kommen und gehen. Die einzige Angst, die eigentlich immer über die Jahre geblieben ist und nicht kommt und geht ist die Flugangst.
Aktuell gibt es eine neue Angst. Also ganz neu ist sie nicht. Angefangen hat es eigentlich schon im April 2022, aber bisher war es eher eine Angst im Hinterkopf. Ich absolviere aktuell ein zweites Studium, in dem auch medizinische Themen behandelt werden. Eine Vorlesung beinhaltete bei uns auch neurologische Krankheiten wie Demenz. Ich hatte mich davor noch nie wirklich tiefer mit dem Thema beschäftigt und das obwohl die Schwester meiner Großmutter mit ca. Mitte/Ende 50 daran erkrankt ist. Ganz genau weiß ich das Erkrankungsalter nicht, nur dass sie als ich sie als Kind das letzte Mal gesehen habe, bevor sie in ein Heim kam schon deutliche Einbußen hatte. Ich denke da muss sie so Mitte 60 gewesen sein, ganz genau kann ich es aber nicht sagen. Offiziell hatte sie Alzheimer, ob das damals aber schon so genau untersucht wurde, weiß ich nicht. Theoretisch könnte es auch eine andere Demenzform gewesen sein.
Ich habe mich dann informiert und herausgefunden, dass es wirklich eine vererbbare Form der Alzheimer Demenz gibt, bei der die betroffenen recht früh erkranken. Diese wird aber autosomal dominant vererbt. Das heißt meine Großmutter und mein Vater (ihr Sohn) hätten auch früh, also unter 65 betroffen sein müssen, damit ich überhaupt betroffen sein kann. Meine Großmutter hat mittlerweile wirklich mittelgradige Demenzsymptome, sie ist aber schon 92 und ich denke da ist das ja irgendwo normal. Mein Vater ist 65 und geistig fit. Seine drei Geschwister, alle zwischen 60 und 64 sind auch bisher geistig fit. Selbst der Sohn meiner erkrankten Großtante, der jetzt auch so um die 60 sein müsste, ist geistig noch fit. Das heißt eigentlich kann dies aus logischen Gesichtspunkten nicht sein, dass ich diese erbliche Form habe, sonst müsste ja weitere dieser Verwandten in einem ähnlichen Alter erkrankt sein. Bei anderen Demenzformen wie frontotemporaler Demenz hat man zunächst andere Symptome, die denke ich bei mir auch nicht passen.
Ich konnte mich mit diesen logischen Argumenten weitgehend beruhigen. Aber selbst im April 2022 hat es angefangen, dass ich vermehrt darauf geachtet habe, wenn mir mal ein Wort nicht eingefallen ist und direkt ausgeflippt bin und dachte ich habe jetzt auch Demenz. Nachdem das Semester beendet war und ich die Klausur geschrieben habe, sind die Ängste wieder besser geworden und ich habe das Thema eigentlich schon fast wieder vergessen.
Nun habe ich generell ein schwieriges Verhältnis zu meiner Familie und Weihnachten ist immer eine anstrengende Zeit für mich. Auch mein Freund sieht Weihnachten nicht so positiv entgegen, da er auch Probleme mit seiner Familie hat. Das bedeutet wir waren schon vor Weihnachten beide nicht so super drauf. Ich habe auch schon eine Woche vorher gemerkt, dass ich mir wieder verstärkt Gedanken mache. In die Richtung, Rindfleisch in einem asiatischen Restaurant gegessen, Angst vor BSE. Am Weihnachtsbaum gestochen, geschaut, ob Tetanusimpfung noch aktuell, obwohl ich genau wusste, dass sie es noch ist. Dann hatte ich wieder bei etwas eingeschweißtem vom Metzger Angst vor Clostridium botulinum. Alles waren aber immer nur kurze Momente, aber kamen eben wieder auf.
Nun kommt das eigentliche Problem. Wir waren zwischen den Jahren meine Oma besuchen. Seitdem mache ich mir wieder Gedanken um Demenz, zumal meine Tante das Ganze immer sehr dramatisiert. Wir waren zuerst zusammen essen, da waren die Ängste eigentlich noch nicht da. Erst als wir mit meiner Tante alleine im Auto saßen und sie länger darüber geredet hat, habe ich schon gemerkt, dass es mir nicht so gut tut.
Seitdem wir abends wieder zu Hause waren, habe ich wieder angefangen zu googeln und mir die Symptome durchzulesen und auf jedes einzelne zu achten. Dann habe ich getestet wieviele Wörter ich mir zum Beispiel merken kann und sowas, weil das ja auch in Demenztests vorkommt. Also ich habe mich dauernd selbst kontrolliert. Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass die Spanne total je nach Wörtern und Aufmerksamkeit total variiert. Das hilft mir aber auch nicht wirklich. Mal konnte ich mir 7 merken, dann war ich happy. Waren es nur 5 dachte ich gleich wieder, ich habe doch Demenz. Bei längeren, komplizierteren Wörtern und starker Unkonzentriertheit waren es auch mal nur 4 Wörter. Dabei habe ich gelesen, dass ein Mensch sich im Durchschnitt 7 Zahlen, 6 Buchstaben oder 5 nicht zusammenhängende kurze Wörter im Kurzzeitgedächtnis merken kann, wenn er sich jedes Item max. 1 Sekunde anschaut und keine Geschichte aus den Wörtern bildet. Daher sollte ja bei mir alles in Ordnung sein. Diese Anzahl schaffe ich ja in der Regel auch. Manchmal ja auch mehr. Vor allem bin ich ja im Moment auch noch total neben der Spur und habe diese Versuche teilweise x Mal hintereinander gemacht und dann ist man ja auch nicht mehr konzentriert.
Das Schlimmste ist, dass ich AdHS habe, das habe ich natürlich auch schon immer. Ich war schon immer etwas verpeilt und vergesslich deswegen. Aber natürlich kommt jetzt bei mir direkt das totale Kopfkino, sobald eine dieser Situationen eintritt, in der ich etwas vergesse oder sobald mir ein Wort oder ein Name von irgendjemandem nicht gleich einfällt. Ich habe auch das Gefühl, dass es in den letzten Tagen durch diese Angst und depressiven Symptome schlimmer wird und ich natürlich wirklich noch unaufmerksamer und zerstreuter werde. Also verstärke ich ja meine Symptome noch selbst. Leider weiß ich gerade nicht so recht wie ich da wieder rauskomme, meine Therapeutin ist auch gerade noch im Urlaub und die Therapie ist noch am Anfang.
Ich versuche schon weniger zu googeln und diese Gedächtnistest zu lassen, ich glaube das hilft etwas. Aber jeder Moment, in dem ich wirklich etwas vergesse, wird ewig zerdacht. Ich versuche mir dann zwar zu sagen, dass das erstens jedem passiert und dass ich zweitens ja auch noch AdHS habe und schon immer zerstreuter und vergesslicher war, als andere und es ja nicht plötzlich neu ist. Aber so richtig beruhigen kann ich mich auch nicht. Mein Freund meint auch es hätte sich nichts verändert und ich wäre schon immer so verpeilt und vergesslich. Wenn ich es realistisch sehe, denke ich das auch. Dann kommen aber wieder diese Momente, in denen ich denke, war dies oder jenes auch schon wirklich immer so. Das macht meinen Kopf total kaputt und ich werde dadurch natürlich noch unkonzentrierter, es ist wirklich ein sich selbst verstärkender Teufelskreis.
Vielleicht hat hier jemand Erfahrung mit solchen Krankheitsängsten und kann mir ein paar Tipps geben, was ihm/ihr dabei geholfen hat.
Liebe Grüße
Eure Deprimaus