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Guten Tag, hallo,
sehr geehrtes Expertenteam,

am besten fange ich direkt an, mir schwirrt der Kopf. Es ist alles momentan zu viel. Mein Mann ist der ursprünglich Betroffene. Er leidet seit Jahren unter Angststörungen und Panikattacken. Nur bin ich jetzt schlussendlich an meine Grenzen geraten und kann , ihn nicht mehr auffangen. Meine Gedanken sind mittlerweile so düster, nur unser Kind und meine Schwangerschaft halten mich aufrecht.
Die eine Hälfte des Jahres klappt es wunderbar und die andere Hälfte des Jahres (Herbst-Wintermonate) überhaupt nicht.
Woher die Ängste kommen, weiß er nicht, seit ein paar Wochen ist er in tiefenpsychologischer Behandlung und die Gespräche scheinen ihm gut zu tun. Es ist nicht so, dass er ständig von diesen Ängsten begleitet wird, mal mehr mal weniger. Das letzte Mal aufgrund wahrscheinliche existentieller Ängste, als ich sagte , dass ich schwanger bin. Wir haben uns beide ein zweites Kind gewünscht. Es ging soweit, dass die ersten Wochen nach Wissen um die Schwangerschaft, er so verstört war, dass er von mir verlangte, das Kind abzutreiben. Diese Wochen haben mir besonders schwer zugesetzt. Ich habe mich dagegen entschieden. Mittlerweile ist er froh über meine Entscheidung und freut sich riesig auf das Baby.
Doch nun fangen die dunklen Monate wieder an und sein Wesen verändert sich wieder. Das konnte ich die letzten drei Jahre bewusst beobachten. Sicherlich, ich weiß, ein rein subjektive Einschätzung. Er zieht sich zurück, verbringt jede freie Minute an seinem PC, selbst wenn er mit unserem Kleinen spielt, alle 2 Minuten sofort an PC, auch beim Essen. Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass das nicht in Ordnung sei, dass er nicht bei der Sache ist und so den Eindruck vermittelt, wir sind zuviel, er will sich nur noch zurückziehen.
Er ignoriert es und wirft mir vor, ich übertreibe.. Er geht jedoch wieder unpünktlich bzw. sehr spät zur Arbeit. Läßt vieles schleifen. Es ist noch am Anfang.
Aber ich habe das Gefühl, ich kann einfach nicht mehr. Zumal er, wenn ich ihn darauf anspreche, mich schroff zurechtstaucht, dass ich nur herum nöle und alle Welt ihn doch bitte so lassen soll, wie er nun einmal ist. Alle wollen ihm, Entschuldigung, ans Bein pinkeln.
So beginnt es immer wieder. Ich komme nicht durch. Ich habe das Gefühl, ich zerbreche langsam daran.wir streiten dann nur noch, er ist auch sehr aggressiv, was mich auch aggressiv macht, meine Ohnmächtigkeit. Ich weiß nicht, an wen ich mich wenden kann. An seine Therapeutin? Ich will da nicht dazwischenfunken. Soll ich ausziehen (heute bin ich mit Sack und Pack erst einmal zu meinen Eltern geflüchtet, in Extremsituationen schon passiert) weil ich es einfach nicht mehr aushalte. Unser Kind leidet auch sehr darunter, zumal ich sehr gereizt reagiere. In einigen wenigen Monaten kommt unser zweites Kind auf die Welt. Ich sitze hier und bin nur am Weinen.

09.09.2007 16:05 • 10.09.2007 #1


1 Antwort ↓

Hallo Sisa,

willkommen im Forum !

Als ich Deinen Beitrag eben gelesen habe und versuchte, mich in Deine Situation zu versetzen, merkte auch ich ein inneres Uff und Anspannung in meiner Brust. Das hilft Dir natürlich nicht, aber ich habe großen Respekt davor, was Du in den letzten Jahren immer wieder zu tragen hattest. Du musst Deinen Mann sehr lieben, dass Du immer noch zu ihm hältst und ihn zu unterstützen versuchst. Und das mit Kind und Schwangerschaft. Ich hoffe, er weiß das, auch wenn er es in seinen schlechten Phasen nicht zeigen kann. Meine Hochachtung dafür !

Es ist schwierig, Dir so aus der Ferne einen Ratschlag zu geben. Aber ich möchte Dir einfach meine Gedanken hier wiedergeben und Du musst entscheiden, mit welchem Du etwas anfangen kannst und willst.

Du sprichst von Ängsten bei Deinem Mann. All Deine Schilderungen über die phasenweise Veränderung über die dunkle Jahreszeit und sein sich veränderndes Verhalten zu Hause und hinsichtlich seiner Arbeit weisen für mich allerdings mehr oder zusätzlich auf depressive Phasen Deines Mannes hin. Das würde auch sein Rückzugsverhalten in der Familie erklären. Er kann dann gar nicht anders, als er es tut - und sein Verhalten ist nicht gegen Euch gerichtet !
Natürlich können Ängste zugrunde liegen. Wenn aber eine depressive Entwicklung vorliegt, dann sollte diese m.E. auch oder sogar zuerst behandelt werden - und da empfehle ich nach heutigem Erkenntnisstand auch eine medikamentöse Komponente. Wenn man kaum Kraft verspürt, den Alltag zu überstehen, dann kann man in der Regel auch seine Ängste nicht bekämpfen. Vielleicht wäre Dein Mann ja bereit, einen psychiatrischen Fachkollegen aufzusuchen, denn er leidet ja wohl auch selbst unter der Situation. Depressionen können heute - gerade mit gut verträglichen Medikamenten und Psychotherapie - gut behandelt werden!

Was Du tun kannst? - Du hast schon viel getan, und scheinbar brauchst Du auch einmal eine Auszeit, um wieder zu Kräften zu kommen. Gib Deinem Mann nicht das Gefühl. dass Du für ihn verloren bist, zeige aber auch klar Deine Grenzen der Belastbarkeit auf, wo Deine Bedürfnisse sind und wo auch Deine Grenzen liegen. Und was Du auch von ihm brauchst, um auf Dauer mit ihm zusammen leben zu können und zu wollen. Das ist sicherlich schwer, aber auch für Deinen Mann wichtig und also auch kein Grund für Schuldgefühle.

Es spricht auch m.E. nichts dagegen - wenn Dein Mann und seine Therapeutin einverstanden sind - Dir einige gemeinsame Gespräche zu wünschen. Ihr seid schließlich derzeit in einer echten Krisensituation. Dabei wäre auch zu klären, wer von Euch welche Verantwortung für den anderen trägt, welche Verantwortung jeder für sich selbst hat und wer in erster Linie dran ist, sich zu verändern.

Du kannst Dir aber auch selbstverständlich eigenständig Hilfe holen - sei es in einer Beratungsstelle, in einer Angehörigen-Selbsthilfegruppe oder bei einem Psychotherapeuten. Schaue hierbei auf Deine eignen Bedürfnisse und mache Dich zumindest etwas unabhängiger vom psychischen Zustand Deines Mannes.

Ich wünsche Dir viel Kraft auf Deinem Weg, einen guten Verlauf Deiner Schwangerschaft und dass Ihr Beide einen guten Weg miteinander - und wenn es sein müsste, auch getrennt voneinander - findet.

Herzlichen Gruß

Bernd Remelius




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