Selbstbewußtsein

Hallo,

ich habe seit einer OP 2003 eine Angststörung, war deswegen schon zur einer 6wöchigen Kur und bin noch in einer Verhaltenstherapie.
Meine Psychlogin meinte das ich keine wirkliche Angststörung mehr habe sondern nur noch sehr stark ausgeprägt Phobien was das Auto fahren auf der AB betrifft(hatte alle heftigen Panickattacken im Auto) und kein Selbstbewußtsein mehr, daher Schluckstörungen beim Essen und trinken vor fremden Menschen.
Nun meine Frage, ich arbeite in einer stellv.Position und wirke auf diese Menschen sehr sehr Selbstbewußt! Merke aber wenn eine Feier ist und es ums Essen geht, das ich kaum was runterbekomme und ich mich wieder sehr unwohl fühle! Auch so Menschen die ich erst kennenlerne und die von meinem Problem erfahren können es einfach nicht glauben das ich kein Selbstbewußtsein habe. Mir wird auch bei fremden Menschen schwindelig und ich bekomme dieses Kloßgefühl im Hals.
Wie kann es sein das ich trotz allem so Selbstbewußt auf andere reagiere?
Ist es eine Schutzmauer die ich mir aufgebaut habe oder kehrt mein Selbstbewußtsein langsam wieder zurück!

Gruß smily30

Hallo smily30,

klar ist es möglich, nach außen ein anderes Bild aufzubauen und abzugeben, das dem eigentlich inneren Fühlen und Denken nicht entspricht. Das ist eine Fähigkeit - wenn sie richtig und sinnvoll eingesetzt wird -, die man auch als Teil der menschlichen sozialen Intelligenz sehen kann. Es ist nicht immer ratsam, unsicher aufzutreten, wenn man innerlich unsicher ist.

Trotzdem sollte natürlich nicht ständig und andauern eine solche Diskrepanz bestehen. Das merkst Du ja selbst. Dann entsteht eben ein Leidensdruck, weil Du ja innerlich ebenso sicher sein willst, wie Du nach außen wirkst.

Meist ist dies tatsächlich ein emotionaler Schutzschirm - häufig in der Kindheit entstanden, z.B. durch unsichere Bindungen zu wichtigen Personen - um sich vor gefühlsmäßigen Verletzungen durch andere zu schützen (wenn die sehen würden, was für ein Würstchen ich eigentlich bin), die man am meisten fürchtet. Zentral ist dabei die Abhängigkeit von sozialer Anerkennung und die Angst vor negativer Bewertung durch andere. Das erscheint mir bei Dir zentral zu sein.

Selbstbewußtsein ist mir ein zu unklarer Begriff, als dass er etwas helfen könnte. Wir unterscheiden neben der eigenen Selbstwahrnehmung, die Selbstakzeptanz, die Art des eigenen Selbstbildes und vor allem Selbstsicherheit (oder auch Kompetenzvertrauen in die eigene Person und in die eigenen Fähigkeiten). Es muß also immer geklärt werden, welche dieser Komponenten hat in welchen Situationen Einfluß ? und wie ist der - positiv oder negativ? - in wiefern? - und wie machst Du das selbst mit Dir mit welchen Gedanken, Gefühlen und Verhaltensmustern? - was sind Deine versteckten eigentlichen Ziele dabei? und was macht es Dir so schwer, andere Haltungen zu Dir und anderen einzunehmen usw.

Das wäre jetzt in diesem Rahmen zu komplex, aber Du siehst, dass es nicht damit getan ist, ganz allgemein von Selbstbewußtsein zu reden. Und all diese Faktoren verändern sich in der Regel nicht von alleine, weil wir die Tendenz haben, Gelerntes zu bewahren. Dazu bedarf es Arbeit an sich selbst - im Denken, hinsichtlich der eigenen Einstellungen und Haltungen und im TUN - das kann in Form einer Therapie sein, muß es aber nicht.

Man kann sich Selbstsicherheit nicht einfach einreden, sondern muß Situationen herstellen, deren erfolgreiche Bewältigung zu mehr Selbstsicherheit und Vertrauen in die eigene Person führen.

Ich hoffe, ich konnte Dir einige Anregungen geben. Falls Du sie noch nicht kennst, würde ich Dir folgende Selbsthilfebücher empfehlen:

- Merkle/Wolf, Gefühle verstehen, Probleme bewältigen, PAL Verlag
- Wolf/ Ängste verstehen und überwinden, PAL Verlag
- Ich kann, wenn ich will: Anleitung zur psychologischen Selbsthilfe
(Taschenbuch) von Arnold Lazarus und Allen Fay

Auch auf https://www.psychic.de/angst-vor-ablehnung.php solltest Du noch weitere interessante Informationen für Dich finden.

Herzliche Grüße

Bernd Remelius