Hallo!
Im Sommer letzten Jahres ist mein Vater kurz nach einer schweren, akuten Erkrankung gestorben. Es war ein ziemlich tiefgreifendes Erlebnis, tagelang haben meine Restfamilie und ich bis zur seiner letzten Minute an seinem Bett gesessen. Er lag im künstlichen Koma.
Natürlich ist seitdem nichts mehr so wie es war. Dennoch merke ich langsam, dass meine Trauer ihre gesunden Anteile verliert. Trotz therapeutischer Begleitung habe ich mich ziemlich vom Leben und den Menschen zurückgezogen. Jeder nähere Kontakt bereitet mir ein unbeschreibliches Unbehagen. Inzwischen ist deswegen sogar eine langjährige Freundschaft auf der Strecke geblieben. Alle Energie, die ich habe, brauche ich für meinen Job und meine Tiere. Obwohl ich mich einsam fühle, bin ich nicht in der Lage auf Menschen zu zugehen. Man kann fast sagen, dass ich das Interesse an ihnen und ihrer Gesellschaft verloren habe. Oberflächliche Kontakte und Bekanntschaften - eben alles, was nicht nahe geht - klappt. Ich würde sagen, ich habe Trauerarbeit geleistet, so gut ich konnte. Ich habe auch etliche Bücher zum Thema gelesen (auch v. Doris Wolff), arbeite selbst in einem helfenden Beruf. Ok, ich habe die ersten Monate vor allem funktioniert, tagsüber gearbeitet, mich dann um meine Mutter gekümmert und erst abends, wenn ich alleine war oder am Wochenende stundenlang geweint. Gefehlt hat mir die gemeinsame Trauer mit der Familie. Aber das war eben nicht möglich. Die Restfamilie hatte keine Kraft meine Trauer zu ertragen oder mitzutragen. Sie hatten mit sich selbst genug zu tun. Im Grunde hat leider jeder für sich getrauert. Ich habe das schweren Herzens akzeptieren müssen und andere Weg gesucht. Doch ich habe außer meiner Therapeutin eigentlich niemanden gefunden, der meine Not verstehen konnte. War ja nur mein Vater! Bin ja schon erwachsen!
Und statt dass sich langsam mal etwas verändert - nach 1 Jahr - überfällt mich immer wieder eine so enorme Fassungslosigkeit darüber, dass er tot ist, dass er nie wieder kommt, dass ich es kaum ertragen kann. Ich müsste es doch inzwischen verinnerlicht haben, dass er nicht mehr ist! Meine Traurigkeit ist ja ok, aber es ist immer aufs Neue so, als könne ich es nicht glauben oder als würde man mir gerade mitteilen, er sei gestorben. Ich kann es nur FASSUNGSLOSIGKEIT nennen. Erst im Mai diesen Jahres ist es mir gelungen Fotos von ihm anzusehen. Vorher habe ich das fast panisch gemieden, weil ich es nicht ertragen konnte. Bis vor Kurzem habe ich immer gedacht: Jetzt ist es gut. Wir haben alle die Aufgabe bestanden und tapfer durchgehalten. Jetzt kann Papa wieder kommen! Jetzt ist es genug! Absurd!
Langsam habe ich das Gefühl, ich gehe an meinem Schmerz zugrunde. Zudem bin ich mit meiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert worden und muss mich mit neuen Ängsten auseinandersetzen. Ich weiß erst jetzt, dass mein Vater mir und der ganzen Familie viel Sicherheit gegeben hat, dass ich trotz meines Alters eigentlich nur seine Tochter war. Jetzt bin ich Mutters Tochter und schaffe es nicht erwachsen zu werden. Was ist, wenn auch sie gehen wird? Es ist nicht so, dass ich keine eigene Persönlichkeit habe, so meine ich das nicht. Ich kann auch nicht sagen, dass meine Kindheit wunderbar und alles in Ordnung war. Ganz im Gegenteil. Ich habe aber so ziemlich alles verabeitet. Trotzdem ist in mir dieses Gefühl, ich hatte und habe nur meine Eltern, sonst niemanden. Und das wird immer so bleiben. Das Absurde ist, dass meine Eltern mich viel alleine gelassen haben und auch in ihrer Gesellschaft fühlte ich mich meist einsam, dennoch steht mir niemand so nahe wie sie.
Und es scheint mir nun, als habe ich endgültig aufgegeben. Als habe ich endgültig aufgehört zu leben und im positiven Sinne zu kämpfen. Es ist so, als erledige ich mein Tagewerk und warte ansonsten nur auf mein eigenes Ende.
Mag ja sein, dass das eine Form von Depression ist (habe u.a. chronische Dysthemie), meine Ängste haben auch ihr Gesicht verändert und sich verschlimmert, aber ich arbeite doch an mir, mir ist so vieles klar, warum will es mir nicht besser gehen? Es ist, als sei ich durch den Tod meines Vaters aufgewacht und habe kapiert, dass diese Einsamkeit, die ja einerseits gesucht und gewollt ist, mich anderseits aber auffrisst und ängstigt, niemals vergehen wird. Ich kann das einfach nicht erklären. Es ist, als habe ich gecheckt, dass ich mir mein ganzes Leben etwas vorgemacht habe und all das mein unabänderliches Schicksal ist.
Im Sommer letzten Jahres ist mein Vater kurz nach einer schweren, akuten Erkrankung gestorben. Es war ein ziemlich tiefgreifendes Erlebnis, tagelang haben meine Restfamilie und ich bis zur seiner letzten Minute an seinem Bett gesessen. Er lag im künstlichen Koma.
Natürlich ist seitdem nichts mehr so wie es war. Dennoch merke ich langsam, dass meine Trauer ihre gesunden Anteile verliert. Trotz therapeutischer Begleitung habe ich mich ziemlich vom Leben und den Menschen zurückgezogen. Jeder nähere Kontakt bereitet mir ein unbeschreibliches Unbehagen. Inzwischen ist deswegen sogar eine langjährige Freundschaft auf der Strecke geblieben. Alle Energie, die ich habe, brauche ich für meinen Job und meine Tiere. Obwohl ich mich einsam fühle, bin ich nicht in der Lage auf Menschen zu zugehen. Man kann fast sagen, dass ich das Interesse an ihnen und ihrer Gesellschaft verloren habe. Oberflächliche Kontakte und Bekanntschaften - eben alles, was nicht nahe geht - klappt. Ich würde sagen, ich habe Trauerarbeit geleistet, so gut ich konnte. Ich habe auch etliche Bücher zum Thema gelesen (auch v. Doris Wolff), arbeite selbst in einem helfenden Beruf. Ok, ich habe die ersten Monate vor allem funktioniert, tagsüber gearbeitet, mich dann um meine Mutter gekümmert und erst abends, wenn ich alleine war oder am Wochenende stundenlang geweint. Gefehlt hat mir die gemeinsame Trauer mit der Familie. Aber das war eben nicht möglich. Die Restfamilie hatte keine Kraft meine Trauer zu ertragen oder mitzutragen. Sie hatten mit sich selbst genug zu tun. Im Grunde hat leider jeder für sich getrauert. Ich habe das schweren Herzens akzeptieren müssen und andere Weg gesucht. Doch ich habe außer meiner Therapeutin eigentlich niemanden gefunden, der meine Not verstehen konnte. War ja nur mein Vater! Bin ja schon erwachsen!
Und statt dass sich langsam mal etwas verändert - nach 1 Jahr - überfällt mich immer wieder eine so enorme Fassungslosigkeit darüber, dass er tot ist, dass er nie wieder kommt, dass ich es kaum ertragen kann. Ich müsste es doch inzwischen verinnerlicht haben, dass er nicht mehr ist! Meine Traurigkeit ist ja ok, aber es ist immer aufs Neue so, als könne ich es nicht glauben oder als würde man mir gerade mitteilen, er sei gestorben. Ich kann es nur FASSUNGSLOSIGKEIT nennen. Erst im Mai diesen Jahres ist es mir gelungen Fotos von ihm anzusehen. Vorher habe ich das fast panisch gemieden, weil ich es nicht ertragen konnte. Bis vor Kurzem habe ich immer gedacht: Jetzt ist es gut. Wir haben alle die Aufgabe bestanden und tapfer durchgehalten. Jetzt kann Papa wieder kommen! Jetzt ist es genug! Absurd!
Langsam habe ich das Gefühl, ich gehe an meinem Schmerz zugrunde. Zudem bin ich mit meiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert worden und muss mich mit neuen Ängsten auseinandersetzen. Ich weiß erst jetzt, dass mein Vater mir und der ganzen Familie viel Sicherheit gegeben hat, dass ich trotz meines Alters eigentlich nur seine Tochter war. Jetzt bin ich Mutters Tochter und schaffe es nicht erwachsen zu werden. Was ist, wenn auch sie gehen wird? Es ist nicht so, dass ich keine eigene Persönlichkeit habe, so meine ich das nicht. Ich kann auch nicht sagen, dass meine Kindheit wunderbar und alles in Ordnung war. Ganz im Gegenteil. Ich habe aber so ziemlich alles verabeitet. Trotzdem ist in mir dieses Gefühl, ich hatte und habe nur meine Eltern, sonst niemanden. Und das wird immer so bleiben. Das Absurde ist, dass meine Eltern mich viel alleine gelassen haben und auch in ihrer Gesellschaft fühlte ich mich meist einsam, dennoch steht mir niemand so nahe wie sie.
Und es scheint mir nun, als habe ich endgültig aufgegeben. Als habe ich endgültig aufgehört zu leben und im positiven Sinne zu kämpfen. Es ist so, als erledige ich mein Tagewerk und warte ansonsten nur auf mein eigenes Ende.
Mag ja sein, dass das eine Form von Depression ist (habe u.a. chronische Dysthemie), meine Ängste haben auch ihr Gesicht verändert und sich verschlimmert, aber ich arbeite doch an mir, mir ist so vieles klar, warum will es mir nicht besser gehen? Es ist, als sei ich durch den Tod meines Vaters aufgewacht und habe kapiert, dass diese Einsamkeit, die ja einerseits gesucht und gewollt ist, mich anderseits aber auffrisst und ängstigt, niemals vergehen wird. Ich kann das einfach nicht erklären. Es ist, als habe ich gecheckt, dass ich mir mein ganzes Leben etwas vorgemacht habe und all das mein unabänderliches Schicksal ist.
29.08.2009 15:00 • • 30.08.2009 #1
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