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Liebe Frau Dr. Wolf, lieber Herr Remelius,

und schon wieder bin ich eigentlich im falschen Forum, hoffe trotzdem auf Ihre Hilfe, da Frau Dr. Wolf ja auch das Buch über die Trauer geschrieben hat.

Ich habe am Mittwoch ein Mitarbeitergespräch mit meiner Chefin. Davor habe ich furchtbar Angst, weil ich gerade per Zufall eine Liste gesehen habe, auf der sie meine Verfehlungen notiert hat. In erster Linie ging es um Dinge, die ich vergessen habe. Meine beste Freundin ist allerdings am 5. April verstorben und ich tue mich im Moment generell mit meinem Leben sehr schwer. Ich kann nicht schlafen, ich kann nicht richtig essen und bei der Arbeit bin ich halt unkonzentriert. Ich habe mich extra nicht krankschreiben lassen, weil hier in der Firma das Leben tobt und zu Hause, da wäre ich alleine. Aber anscheinend werde ich jetzt, vier Monate nach dem Tod meiner Freundin, den Anforderungen, die an mich gestellt werden, einfach nicht gerecht. Warum schreibe ich Ihnen nun? Ich wünschte so sehr, dass Sie einen Tipp haben, was ich meiner Chefin sagen kann, wenn sie auf meine Unkonzentriertheit zu sprechen kommt. Im Prinzip wünsche ich mir von Ihnen auch eine Art Absolution. Ich wünsche mir, dass sie mir sagen, es ist in Ordnung, dass ich nicht 100 % funktioniere, weil ich es mir anscheinend nicht selbst sagen kann und die Menschen um mich herum wohl auch langsam denken, es reicht mal mit meiner Trauer.

Abgesehen von den Punkten oben, habe ich leider auch wieder Panikattacken, die eigentlich seit 10 Jahren verschwunden waren. Das macht die Sache auch nicht besser. Kann man darüber mit einer Chefin reden?

Vielleicht finden Sie ein paar aufmunternde Worte für mich. Auf alle Fälle danke ich Ihnen ganz herzlich.

Gruß Astrid

22.07.2007 15:17 • 23.07.2007 #1


1 Antwort ↓

Liebe Astrid,

ich kann gut nachvollziehen, dass Du im Augenblick eine schwere Zeit durchmachst. Du hast sehr an Deiner Freundin gehangen und hast eine wichtige Bindung in Deinem Leben verloren. Da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, da ist Trauer wichtig und Du brauchst die Zeit, Dich innerlich zu lösen, Vertrautes los zu lassen. Das ist anstrengend und absorbiert Kräfte. Es ist nicht verwunderlich, dass Du dann bei der Arbeit öfter unkonzentriert bist. Dafür musst Du Dich nicht schämen, auch wenn in unserer heutigen Arbeitswelt oft das Gegenteil verlangt wird. Ich kann Dir keine Absolution erteilen, denn das kann wohl nur der liebe Gott, wenn Du an ihn glaubst. Aber meine Worte sind ehrlich gemeint.

Dass Du jetzt wieder die Anfänge von Panikattacken spürst, ist auf diesen Stress zurückzuführen. Dann greifen oft bei uns wieder alte Muster. Also arbeite besonders an Deiner Trauer, dass Du los lassen kannst und dass Du neue Inhalte für Dein eigenes Leben entwickeln kannst. Ziehe Dich trotz aller Trauer nicht zurück, auch wenn Du dazu am meisten Lust hast. Aktiviere alte Kontakte, suche Dir eine Selbsthilfegruppe, hole Dir - wenn notwendig - professionelle Beratung, treibe Sport - es gibt viele Wege - nur werde aktiv ! Vermeidungsverhalten würde Dir sicherlich am allerwenigstens helfen.

Vielleicht hilft Dir auch das Buch von Frau Dr.Wolf:
Doris Wolf
Einen geliebten Menschen verlieren
ISBN 978-3-923614-48-6

Schau Dich auch sonst mal auf der site : www.psychic.de nach weiteren Hilfen um.

Nun zu Deiner Frage wegen Deines Gespräches mit Deiner Chefin: Das ist sicherlich ein schwieriger Gang. Wichtig erscheint mir - ohne dass ich Deine Chefin kenne - offensiv vorzugehen und nicht den Eindruck zu erwecken, als müsstest Du am besten gleich kündigen. Man kann nicht immer 100% bringen - niemand ! Offensiv heißt: Spreche mit Deiner Chefin, dass Du im Augenblick aus privaten Gründen unter Anspannung stehst, dass Du weißt, das Du im Augenblick häufiger mal unkonzentriert bist. Bitte um Ihr Verständnis und versichere Ihr, dass Du versuchst, Dein Bestes zu geben, was Dir momentan möglich ist. Dass es aber auch hilfreich wäre, wenn sie Dir etwas Verständnis entgegen bringen könnte. Überlege mit ihr gemeinsam, ob es bei der Arbeit Entlastungsmöglichkeiten geben könnte. Aber ziehe Dich seelisch nicht vor Deiner Chefin aus ! Nicht alles geht sie etwas an. Sie hat als Chefin andere Interessen als Du ! Behalte das immer im Hinterkopf. Du wirst es schaffen.




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