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Hallo,

ich schiebe schon seit Jahren ein Problem mit mir rum, welches ich jetzt endlich in Angriff nehmen möchte.

Vor ca. 5 Jahren habe ich mir zum ersten mal einen der zahlreichen Zombiefilme auf dem Markt angesehen, allerdings ohne das ich das wirklich wollte. Ein Bekannter hat mich in einen Kinofilm geschleppt von dem ich gar nicht wusste das es ein solcher Film ist.
Die Folge war das ich totale Angst bekommen habe und nach dem Film sich meine Welt für einige Zeit total verändert hat. Anscheinend kann ich die Kinowelt schlecht von der realen Welt unterscheiden und versetzte mich dadurch zu sehr in den Film. Jedenfalls hatte ich danach noch 5 Monate an diesem Film zu knapsen. Ich konnte wenn es dunkel geworden ist nicht mehr raus, hatte angst morgens aus meiner Haustür zu treten, immer und überall habe ich mich mit der Situation identifiziert das Zombies um mich rum sein könnten hinter mir her rennen, an meiner Haustür stehen oder am Fenster, oder sich mein Umfeld plötzlich verändert und ich habe Fluchtwege gesucht, mir ständig überlget wie ich dieser vermeindlichen Gefahr entkommen kann (wie die leute im Film z.B). Das Schlimme für mich war, dass ich damals im Erdgeschoss gewohnt habe und deswegen in dieser Zeit mein Fenster und meine Türen immer verschlossen und die Gardinen zugezogen waren.
Dabei ist mir doch eigentlich ziemlich klar, dass es nur ein Film war und es keine Realität ist. Das sowas Biologisch nicht möglich ist und vor allem eigentlic ziemlich lächerlich.

Das Komische ist, dass ich mir andere Horrorfilme ohne Probleme anschauen kann, nur bei Zombiefilmen kommt diese Angst. Manchmal sitze ich auch im Kino und es kommt ein Trailer von einem Zombiefilm. Dann muss ich einfach die Augen zumachen und mir die Ohren zuhalten, bis meine Frau mir sagt, dass es vorbei ist und dennoch jedesmal wenn das geschieht bricht ein Teil dieser Angst wieder hervor.

Das Schlimmste war allerindgs, dass ich nachdem diese 5 Monate rum waren und es mir wieder besser ging, so doof war und mir Dawn of the Dead im Autokino angeguckt habe. Ich hab wohl gedacht, ich hätte nur Angst bekommen, weil es so überraschend kam damals im Kino, weil ich ja dachte es wäre ein Actionfilm.
Leider Fehlanzeige..

Das Ergebnis war wieder sehr krass. Diesesmal hatte ich sogar 1,5 Jahre damit zu kämpfen. Zum Glück hatte ich schon da meine Frau die mich unterstützt hat und wenn ich abends raus musste mit mir gegangen ist. Es gab sogar eine Zeit wo ich nachts nichtmal auf Toilette gehen wollte, weil ich angst hatte, dass im Flur ein Zombies steht und natürlich hatte ich ständig Alpträume von dem Mist. Mein Gehirn hat diese Kinogeschichte immer weiter gesponnen und mich in den Film mit eingbezogen.

Ich möchte das jetzt endlich hinter mich bringen. Mir klar machen das dies total irational ist und ich möchte mich nicht länger von dieser Angst beherrschen lassen.
Ich hab mit dem Gedanken gespielt mir ein Wochenende zu wählen in dem ich die ganzen Zombiefilme meiner Videothek ausleihe und sie mir alle anschaue. Quasi als Angsttherapie in der ich mich meiner Angst stelle und durch die hohe Anzahl der Filme abhärte. Nur weiß ich nicht, ob das der richtige Weg ist und ich würde gerne mal wissen, wie Ihr darüber denkt. Einerseits könnte ich mir schon vorstellen das es funktioniert, andererseits habe ich Angst in ein tiefes Loch zu fallen und wirklich einen knacks weg zu bekommen oder sowas. Ich will aber nicht mehr wie ein kleines Kind vor meiner Angst weichen und mir jedesmal die Augen und Ohren zuhalten müssen. Ich möchte in der Hinsicht endlich ein Rückrat bekommen.

Meine Frau ist übrigens Diplom psyhcologische Beraterin, leider hat sie in diesem Beruf keine Erfahrung, da sie das erst ganz frisch abgeschlossen hat. Wir haben darüber geredet und sie würde mich dabei unterstützen, bei mir sein und sich die Filme mit anschauen. Hinterher könnte man über den Film reden, wo ich welche Ängste habe und man könnte sich das Make off angucken indem man ja sieht, dass alles nur Show ist.

Vielen Dank schonmal für eure Antwort/Meinung.
Gruß

08.08.2007 09:50 • 09.08.2007 #1


1 Antwort ↓

Hallo Matthaei,

das ist sicherlich sehr schwierig für Dich, mit dieser Angst umzugehen, weil Du einerseits weißt, wie irrational die Angst ist (du reagierst sozusagen eher als kleines Kind in Dir) und andererseits aber die reale Angst, dass Gefühl übermächtig spürst. Zwar sind die Inhalte Deiner Angst nicht real, aber die Angst als Gefühl mit all Ihren physiologischen Begleiterscheinungen ist sehr wohl real für Dich.

Wie kann so etwas entstehen? Da ich Deine Lebensgeschichte und Dich selbst nicht kenne, muss ich hier ein wenig spekulieren und mein Wissen über Ängste bemühen. Bist Du auch sonst ein eher vorsichtiger oder ängstlicher Mensch? unsicher bzgl Deiner eignen Kraft und Selbstvertrauens? Vermeidest Du Konflikte eher oder gehst Du sie entschlossen und aktiv an? Ein solcher Zug in Deiner Persönlichkeit könnte die Grundlage sein, dass Du so heftig auf das Kinoerlebnis reagiert hast. Dass Dich der Film so unerwartet gefühlsmäßig und heftig berührte, tat sein Übriges. Es ist ein Angstgedächtnis entstanden. Die Schwelle, dass die Angst ausgelöst wird, hat sich erniedrigt. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die Angst im Autokino wieder ausgelöst wurde.Das Problem, dass Du Schwierigkeiten hast, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden, liegt nun wahrscheinlich daran, dass Du unbewusst und automatisch zwei Dinge getan hast, die die Angst immer mehr fixieren:
1. Du achtest in den Angstsituationen besonders auf Dein Gefühl und weniger darauf, was in Deinem Kopf dieses Gefühl auslöst und ob dies real ist
und noch wichtiger: 2. Du hast in der Realität genau das getan, was Angst nahe legt: Du bist aus den Situationen geflohen (z.B. möglichst schnell durch den dunklen Flur laufen) und hast angefangen, Situationen zu vermeiden (z.B nicht mehr abends raus gehen). Dies bedeutet aber immer, das der gleiche Ablauf im Gehirn immer wieder stabilisiert wird und sich einprägt.Die Angstschwelle wird herabgesetzt und Du bestätigst quasi Deine Befürchtungen selbst, d.h. Du unterscheidest in den Momenten nicht mehr zwischen Gefühl und Auslöser in Deinem Kopf.

Von daher ist Deine Idee, Dir Zombiefilme (mit Unterstützung Deiner Freundin) anzuschauen, gar nicht so schlecht. ABER: Dies führt nur dann zu einer Reduktion oder zum Verschwinden Deiner Angst, wenn Du es so lange tätest, bis das Anschauen der Filme und das Reproduzieren in Deiner Phantasie keine Angst mehr auslöst (und Du Dich am besten über den Quatsch amüsieren könntest) - und dies kann sehr heftig und belastend sein. Wenn Du beim Anschauen aber Deiner Angst nachgeben würdest und aus der Situation fliehst, wäre die Angst erneut stabilisiert. Dieses Vorgehen hat also ein Risiko. Und ihr müsst selbst entscheiden, ob ihr dies eingehen wollt.

Weniger schwierig, aber langwieriger wäre ein anderes Vorgehen: Zuerst entspannen lernen (z.B. mit Hilfe einer Kassette) und dann sich Szenen vorstellen, bis keine Angst mehr ausgelöst wird. Wenn das klappt - sich eventuell unter Entspannung reale Filme zeitlich schrittweise gesteigert anschauen - immer bis die Angst weniger wird. Am wichtigsten wäre aber, dass Du Deine Vermeidungsschritte abbaust, dich bewusst den vermiedenen Situationen im Alltag aussetzt und trotz Angst an Deinen Gedanken arbeitest.

Schaue Dir vielleicht hierzu auch mal die Bücher aus dem PAL-Verlag als Grundlage an: Gefühle verstehen, Probleme bewältigen sowie Ängste verstehen und überwinden - die können Dir noch weitere konkrete Hilfen geben.

Und wenn Du merkst - es klappt nicht auf diesem Weg oder es ist einfach für Dich im Moment zu schwierig - dann scheue Dich nicht, einen Psychotherapeuten (Verhaltenstherapie) aufzusuchen. Adressen kannst Du über Deine Krankenkasse erfahren oder auch hier über den Link Psychotherapeuten im Forum in einer Adressenliste finden.

Ich hoffe, ich konnte Dir etwas weiterhelfen und wünsche Dir viel Erfolg und Durchhaltevermögen. Deine Angst kann von Dir besiegt werden ! - vergiss das nie!

Herzlichen Gruß

Bernd Remelius




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