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Ihr Lieben,

ich fange einfach mal mit der aktuellen Situation an. Mittlerweile bin ich 50 Jahre alt und hatte immer ein extrem inniges Verhältnis zu meiner Mutter. Sie ist mittlerweile 84 Jahre alt, unheilbar an Krebs erkrankt und seit Bekanntwerden der Erkrankung im Januar 2023 dreht sich mein Leben nur noch um sie (ich bin auch seitdem krankgeschrieben). Mittlerweile bin ich regelrecht panisch, schlafe kaum noch, habe pausenlos Herzrasen und werde im wahrsten Sinne meines Lebens nicht mehr froh. Ich kann irgendwie akzeptieren, dass sie in naher Zukunft sterben wird, aber ich sehe mich dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass es ihr gut geht. Das ist vielleicht bis zu einem gewissen Punkt noch nachvollziehbar. Aber bei mir geht es mittlerweile bis hin zur Selbstaufgabe. Ich kann nicht mehr rational denken und agieren, sondern alles sind pure, ungesunde Emotionen.

In den letzten paar Tagen habe ich oft gedacht Alter, du musst dich irgendwie beruhigen, sonst kippst du bald tot um!.

Das Beruhigen klappt dann ein paar Minuten lang und im nächsten Moment bin ich wieder panisch. (Jetzt, wo ich das hier schreibe, geht's mir z.B. ganz gut)

Dass unsere Beziehung viel zu eng ist, ist mir seit gut 10 Jahren bewusst und ich habe es in dieser Zeit zumindest ein bisschen geschafft, mich freizumachen. Ich bin aus ihrem Einflussbereich gezogen, habe sie nur 1-2x im Monat besucht - aber zugegebenermaßen täglich mir ihr telefoniert. Sie war irgendwie noch immer von A bis Z ein extrem wichtiger Bezugspunkt für mich. Und das fällt mir jetzt krachend auf die Füße - und ich weiß nicht, wie ich mich auch nur halbwegs davon befreien soll.

Zum Verstehen vielleicht ein paar Details zu mir bzw. uns.

- Ich bin der Kleine (meine Schwestern sind 10+ Jahre älter), der einzige Junge und dazu auch noch der Behinderte (eine Körperbehinderung - für mich kein Problem)
- Ich hatte einen Vater, der jedoch Alk. und nur körperlich da war - ich habe keinerlei männliche Prägung erfahren.
- Meine Mutter war immer omnipräsent. Wenn es in der Schule Ärger gab, war sie da. Und sie ist z.B. sogar mit in die Schullandheime gefahren, auch wenn mir das als Kind schon nicht geheuer war.
- Mit Anfang 20 wollte ich dann ausziehen. Prompt starb meine Oma und meine Mutter trennte sich von meinem Vater. Sie wollte zurück ins Haus meiner Oma ziehen. Ich bin mit, weil ich wusste, dass sie das Haus alleine nicht halten und bewirtschaften konnte. (und ich es mal erben soll)
- Auch wenn es mir fast unangenehm ist - ich habe bis zum meinem 39. Lebensjahr zwei Zimmer in diesem Haus bewohnt. Ohne dass ich wirklich eigenständig leben konnte. Es war ein bisschen wie ein Leben im Kinderzimmer - Hotel Mama eben. Mir war das teilweise unangenehm, aber irgendwie war es halt auch komfortabel.
- Mit 40 habe ich dann eine Frau kennengelernt, die wörtlich sagte Du musst hier weg - gesagt, getan. Meine Mutter hat gejammert und geschluchzt - ich könne sie doch jetzt, wo sie alt und klapprig wird, nicht alleine lassen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie halbwegs damit zurecht kam.
- Sie beherrscht - bewusst oder unbewusst - perfekt die psychologische Kriegsführung und weiß ganz genau, welche Knöpfe sie drücken muss, um mich ins Straucheln zu bringen bzw. mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Das sind manchmal nur kleine Kommentare, die mich aber bis ins Mark treffen.

Mir ist die Psychologie hinter unserem krankhaft guten Verhältnis durchaus bewusst. Ich kann die Situation nur nicht durchbrechen.

Meine Mutter war von Januar bis Mitte März durchgehend (bis auf eine Woche) im Krankenhaus und ich habe sie täglich für mehrere Stunden besucht - weil ich mich dazu verpflichtet gefühlt habe und es mir andererseits aber auch gut tat. Mitte März kam sie dann nach Hause. Wir (eine meiner Schwestern und ich) haben uns 24 Stunden am Tag um sie gekümmert und bei ihr im Wohnzimmer campiert. (ich habe natürlich den Löwenanteil übernommen) Eigentlich war unsere Hoffnung, dass sie sich trotz der unheilbaren Erkrankung noch einmal ein bisschen erholt. (das war auch der Tenor der Ärzte) Geklappt hat das aber nicht, sie wurde immer weniger, ist stark sturzgefährdet und zudem auch noch hochgradig depressiv. Letztendlich wäre es erforderlich, dass pausenlos jemand bei ihr ist, weil sie nicht aufstehen, nicht frühstücken / zu Abend essen, nichts trinken würde. Da hilft auch kein Essen auf Rädern, kein Pflegedienst etc, (zumal sie fremde Leute im Haus so gar nicht haben möchte)

Auf die Frage, wie sie sich alles weiter vorstellt, sagte sie zwischenzeitlich mal, dass ich doch wieder bei ihr einziehen und mich um sie kümmern könnte. (sanierungsbedürftiges Haus, 1000qm Garten, täglich zwei Stunden Pendelzeit für mich) Nein, das werde ich keinesfalls!

Meine Schwester kam nun auf die Idee, sie zumindest erst einmal zur Kurzzeitpflege in ein Heim (dort wollte sie natürlich nie hin) zu bringen. Dort ist sie nun auch seit ein paar Tagen - augenscheinlich todunglücklich und gefühlt noch depressiver.

Und an dieser Stelle geht es mir persönlich nun schlechter als in dem letzten Monaten. Ich fühle mich elend, habe regelrecht Panik, ständiges Herzrasen. Ich denke pausenlos, ich würde sie im Stich lassen und habe keine Idee, wie ich mich von diesen (wohl unbegründeten) Schuldgefühlen befreien soll.

Meiner Ärztin habe ich schon die Geschichte unserer Verbindung erzählt. Sie versteht es aber wohl nur in Ansätzen, wie sehr ich gefangen bin.

Ich weiß nicht weiter und habe das Gefühl, dass ich die Situation nicht mehr lange aushalten kann.

Weiß jemand Rat oder hat Ideen?

Liebe Grüße und vielen Dank!

05.05.2023 16:45 • 09.05.2023 x 4 #1


18 Antworten ↓


Zitat von Vertigo:
Und an dieser Stelle geht es mir persönlich nun schlechter als in dem letzten Monaten. Ich fühle mich elend, habe regelrecht Panik, ständiges Herzrasen. Ich denke pausenlos, ich würde sie im Stich lassen und habe keine Idee, wie ich mich von diesen (wohl unbegründeten) Schuldgefühlen befreien soll.

Ich will hier anmerken, dass nicht DU deine Mutter im Stich lässt, sondern sie lässt DICH im Stich. Das musst du dir unbedingt in dein Hirn hämmern.
Sie hat dir dein Leben gestohlen, dafür gesorgt, dass es sich nur um sie dreht. Das Gegenteil sollte eine liebende Mutter machen.

Lasst sie im Heim. Da gehört sie hin, wenn sie nicht mehr alleine klar kommt. Ich weiß das kingt brutal. Aber DU hast ein EIGENES Leben. Das hätte dir deine Mutter immer wieder eintrichtern müssen. Aber das hat sie nicht, weil sie zu selbstsüchtig war.
Im Heim wird sie versorgt, da könnt ihr sie Besuchen, da wird sie beschäftigt. Es ist nicht wie daheim, das ist klar, aber es ist fast immer der beste Kompromiss für alle.

Geh zum Arzt und lass dir was zur Beruhigung geben. Von diesem bevorstehenden nervlichen Zusammenbruch wirst du Jahre brauchen um dich wieder zu erholen.

Du musst dich jetzt emotional von ihr trennen. Tu jetzt die Dinge die nötig sind, damit sie versorgt wird und du gesund wirst. In erster Linie geht es aber um dich selbst. Du bist ihr nicht dein Leben schuldig.

Meine Mutter hat viele viele Jahre Ihre Eltern und Schwiegereltern gepflegt und ist daran kaputt gegangen. Sie möchte auf gar keinen Fall von ihren Kindern gepflegt werden. Das will sie uns nicht antun.

A


Zu enge Mutter-Sohn-Beziehung / nun Krise

x 3


Ich selber kenne das auch, ich habe mich bisher auch noch nicht lösen kommen ( es kommt eher von mir)
Ich habe jedes Mal das Thema beim Psychologen, dass ich mein Leben leben soll und andere Leute um mich herum brauche und das nicht die Mutter sein darf.
Umsetzen kann ich gar nichts.
Ich lese mal den Beitrag mit, finde es ziemlich interessant

Ich hatte auch eine sehr enge Beziehung zu meiner Mutter. Als ich 27 war, starb sie plötzlich. War natürlich extrem für mich, da die Verbindung von einem Tag auf den anderren nicht mehr da war. Nutze jetzt schonmal die Gelegenheit, dich von ihr zu lösen.

In dem Moment, wo deine eigene Gesundheit oder Psyche leidet, würde ich Konsequenzen ziehen. Eltern arbeiten oft mit emotionaler Erpessung, teilweise auch mit sehr subtilen Methoden und oft nicht mal bewusst.

Also ich kann dir nur sagen, was ich machen würde. Ich würde alles organisieren, was sie braucht, und dann 1x die Woche oder vielelicht 2x zu Besuch kommen. Vielleicht geht ja auch ein Pflegedienst, der sie zu Hause besucht, ich kenne mich da nicht so aus.

Auf jeden Fall solltest du auch für dich sorgen, wie man mir in der Psychosomatischen Klinik immer gesagt hat. Finde einen Weg, dass es dir gut geht. Alles Gute!

Ich war in einer ähnlichen Situation. Ich lebte bis zu ihrem Tod vor 7 Jahren mit meiner Mutter. Mein Vater starb als ich 21 war. Danach lebten meine Mutter, meine Oma und ich zusammen in einem kleinen Haus in einem Haushalt. Meine Oma starb 2002. In den 90-er Jahren hatte ich zwischendurch 3 Jahre eine eigene Wohnung in der Nähe meiner Arbeitsstelle, um nicht täglich 60km fahren zu müssen, aber ich war dort unglücklich und bin wieder zurückgezogen. Allerdings ging alles von mir aus und meine Mutter hat nie in irgendeiner Weise verlangt oder mich erpresst bei ihr zu bleiben. Da ich immer Angst vor Beziehungen oder Partnerschaften hatte, stellte sich für mich das Problem gar nicht, wegziehen zu müssen. Ansonsten hätte ich es gemacht. Sie hat, solange es ihr gesundheitlich möglich war, den ganzen Haushalt gemacht und mir den Rücken freigehalten. In den letzten zwei Jahren ihres Lebens habe ich immer mehr übernehmen müssen.
Ich hatte auch die ganzen Jahre furchtbare Angst davor, dass sie stirbt und ich dann ganz alleine dastehe, da ich auch keine Geschwister oder sonstige Verwandtschaft hier habe.
Und dann war es soweit, meine Mutter hatte mit 79 einen gar nicht so schweren Schlaganfall und starb eine Woche später an inneren Blutungen infolge der Blutverdünner. Glücklicherweise kam es nicht dazu, dass sie zum Pflegefall wurde. Das hätte ich nicht leisten können und hätte sie in ein Pflegeheim gegeben. Und wundersamerweise kam ich mit der Situation ihres Todes sehr viel besser zurecht als ich mir das vorher ausgemalt hatte. Ich bin nicht verzweifelt und habe mich nicht umgebracht, wie ich vorher immer geplant hatte, wenn es soweit ist. Ganz im Gehenteil, ich habe ein ganz neues Leben begonnen und es geht mir besser als je zuvor, nachdem die Angst vor dem Verlust weg ist.

Hallo Ihr Lieben,

ganz herzlichen Dank für eure Beiträge.

Ich muss sagen, dass ich mich zumindest ein bisschen besser in den Griff bekomme, seit ich mir gestern die ganze Historie zwischen ihr und mir nochmal vor Augen geführt habe.

Ich werde sie natürlich nicht im Stich lassen, aber ich werde damit aufhören, zu sehr zu helikoptern und mehr auf mich achtgeben. Vielleicht schaffe ich es auch öfter mal, den Impuls, zu ihr ins Heim zu fahren, zu unterdrücken.

Nichtsdestotrotz ist es einfach immer noch ein Wechselbad der Gefühle. Schlafen geht nicht richtig, das Herz rast ständig.

Aber irgendwie bekomme ich mich schneller wieder in den Griff, wenn ich mir unsere Situation vor Augen führe.

Und weil hier ja auch von emotionaler Erpressung oder subtilen Methoden gesprochen wurde. Ja klar, die kenne ich auch. Und sie haben mich in den letzten Wochen tatsächlich manchmal ziemlich sauer gemacht, weil sie enormen Druck ausüben und für ein schlechtes Gewissen führen. Absicht oder nicht? Keine Ahnung, aber sehr belastend.

Und wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich vor so etwas oder auch vor Bestrafung durch Schweigen im Moment auch echt viel Angst. Ich weiß, dass sie es da im Heim so richtig kacke findet, und dass ich mich einfach auf Sprüche und Kommentare einstellen muss, die mir durch Mark und Bein gehen.

Gerade rief das Heim an. Sie ist in der Nacht gestürzt. Zum Glück ist nichts passiert, aber irgendwie bestätigt das ja auch noch einmal, dass es zuhause vermutlich viel zu gefährlich wäre. Dort sind zumindest sofort Fachleute vor Ort.

Wir haben meinen Vater zuhause gepflegt mit Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes und eines Hospizdienstes ungefähr ein halbes Jahr. Wir haben das ganz gut gemeistert, aber wir waren sechs Familienmitglieder die sich abgewechselt haben und mein Vater war ein sehr umgänglicher Patient. Und das ging teilweise schon an unsere Grenzen. Pflege zuhause eines todkranken Patienten, das ist enorm kräftezehrend, auch mental.

Du solltest zusehen, dass nicht dein eigenes Leben, also Partnerschaft und Beruf den Bach runter geht, denn die Lebenszeit deiner Mutter ist nun begrenzt, aber dein Leben wird weitergehen.

Mein Schwiegervater dagegen war ein Meister darin, seinen Willen auf subtile Weise durchzusetzen. Die ausländische Pflegekraft hat er nach vier Wochen rausgeworfen (obwohl es dazu keinen objektiven Grund gab) und seine Töchter mit emotionaler Erpressung dazu gebracht, dass sie die Pflege selbst übernommen haben, weit über die Grenzen des erträglichen hinaus. Das alles hat in der Familie tiefe Wunden hinterlassen und einiges lässt sich auch nicht mehr retten.

Was ich damit sagen will, ich verstehe deinen Wunsch deine Mutter bestmöglich zu begleiten, aber das ist nicht immer möglich. Wenn ihr ein gutes Pflegeheim sucht und euch mit Besuchen abwechselt, dann ist das in Ordnung.

Ach Leute,

heute Morgen ist es wieder schlimm. Mir geht's einfach unfassbar schlecht. Keine Lust zum Frühstücken, keinen Antrieb zum Anziehen und regelrecht Panik vor dem Besuch im Heim.

Eigentlich will ich noch zum Haus meiner Mutter fahren und zumindest den Rasen mähen. Ich bekomme den Hintern nicht hoch.

Am liebsten würde ich mich einbuddeln. Ich habe schon seit Anfang des Jahres ein Fläschchen Diazepam hier stehen, es aber bisher nur einmal angerührt, weil ich ja funktionieren muss. Ich würde jetzt gerne ein paar Tropfen nehmen und einfach schlafen.

Ich würde mir aber wieder Vorwürfe machen, wenn ich nicht ins Heim fahren würde - ich war ja schon gestern nicht dort und fühle mich verpflichtet (ja, ich weiß - rational betrachtet bin ich das wohl nicht) Mutter geht's doch so schlecht... Sie liegt da traurig im Zimmer ihrer Zimmernachbarin (sie lebt dort schon länger und hat das Zimmer weitestgehend unter Beschlag genommen - das soll aber nächste Woche geändert werden), guckt Löcher in die Luft. Als vorhin die Schwester anrief und vom nächtlichen Sturz erzählte, habe ich auch nochmal gefragt, ob sie sich denn dazu bewegen lässt, sich an irgendwelchen Angeboten zu beteiligen. Nee, tut sie nicht. (Sie ist halt auch Einzelgängerin) Sie lehnt alles ab Rational betrachtet müsste man vielleicht sogar sagen, dass das dann nicht mein Problem ist. Aber sie tut mir so leid...

Irgendwie brauche ich dringend Hilfe - sonst gehe ich kaputt...

Zitat von Vertigo:
Sie lehnt alles ab Rational betrachtet müsste man vielleicht sogar sagen, dass das dann nicht mein Problem ist. Aber sie tut mir so leid...

Deine Mutter ist ein eigenverantwortlicher Mensch. Es ist ihre eigene Entscheidung, wie sie gerade mit der Situation umgeht.
Nimm die Tropfen und schlaf. Wengistens dann morgen. Und dann sagst du ihr dass du sie 2 mal pro Woche besuchen kommst. Und dabei belässt du es. Das wird am anfang schwer sein, aber in 4 Wochen oder so hat sich das eingependelt.

Du darfst dich selbst nicht vernachlässigen. Damit ist niemandem, auch nicht deiner Mutter, geholfen.

Irgendwie brauche ich dringend Hilfe - sonst gehe ich kaputt...

Deine Seele schlägt Alarm...ich glaub du brauchst dringend etwas Abstand und mehr Ruhe. Heißt ja nicht dass du nichts mehr machst für sie, aber fahr das ganze etwas zurück, vielleicht einen Tag mal nicht ins Heim fahren und dem Impuls nicht nachgeben.

Du hast keine Schuld! Nicht an der viel zu engen Beziehung, die hat deine Mutter kreiert und dich gefangen gehalten, damit es ihr besser geht. Du hast aus Liebe und Bequemlichkeit mitgemacht. Das ist verständlich. Aber: Du kannst Deine Mutter weder glücklich machen noch retten! Das geht nicht. Du musst Deine kranke Mutter, die sterben wird wie wir alle, auch als Mensch sehen, als anderen Menschen, der dem Verfall und dem Tod von Anfang an anheim gegeben war. Wie jede/r. Deine Mutter ist keine Ausnahme, sondern ein Mensch wie jede/r andere. Insofern musst Du sie jetzt „gehen lassen“ und auch selbst zurücktreten. Lass Dich nicht mehr gefühlsmäßig erpressen oder gefangenhalten. So schwer ist das nicht, es ist eine Entscheidung, die nur Du treffen kannst. Du hast sie sehr lange aufgeschoben und das ehrt Dich, aber es hat Dir, wie Du selbst sagst, geschadet. Jetzt ist der Moment da, Zurückzutreten. Das bedeutet nicht, lieblos zu sein oder sie zu verraten, es bedeutet im Gegenteil, ihr unabhängige Liebe zu geben, im rechten Maß, ohne Zwang, ohne Verpflichtung, ohne Vermischung. Ihr Leben ist nicht Dein Leben! Das war es nie.
Fehlt Dir der Mut zur Entscheidung, hole Dir einen Seelsorger an Deine Seite (im Krankenhaus vorhanden).

Liebe Leute,

danke euch allen noch einmal für eure Antworten.

Ich möchte nur kurz nochmal anmerken, dass sie tatsächlich sterbenskrank ist und vermutlich sehr, sehr bald sterben wird.

Mit dem Gedanken komme ich ganz gut zurecht.

Und irgendwie bin ich auch in meiner eigenen Gedankenwelt ruhig und rational.

Gestern Abend ging es mir, wie auch schon in den letzten Monaten immer abends, richtig gut. Ich habe viel nachgedacht und mich tatsächlich auch irgendwie gedanklich von meiner Mutter verabschiedet, war dabei aber total ruhig und entspannt.

Ich kann auch schon die ganzen Monate gut einschlafen, auch wenn ich das Schlafengehen immer bis tief in die Nacht aufschiebe. Warum? Weil ich weiß, dass morgens mit dem ersten Augenaufschlag alles wieder von vorne losgeht.

So auch heute - gestern Abend ruhig und entspannt und heute Morgen macht mich alleine schon das permanente Herzrasen wahnsinnig. Und das, obwohl ich eigentlich behaupten würde, dass ich im Kopf ruhig bin.

Kann man so etwas irgendwie in den Griff bekommen?

Ach Leute,

eben rief das Heim an. Sie hat nach dem Frühstück das Bewusstsein verloren. Vermutlich Dehydrierung.

Und das, obwohl schon die Infusionen mit Flüssigkeit im Heim bereitstehen.

Gute Pflege, möchte ich behaupten...

Das ist wohl häufiger ein Problem bei alten Menschen, dass sie viel zu wenig trinken und das in den Pflegeheimen auch kaum überwacht wird. Wird sie denn nun mit Infusionen behandelt oder was wird gemacht?

Sie wurde ins Krankenhaus gebracht und liegt dort in der Notaufnahme. Vor 17.00 Uhr bekomme ich keine näheren Informationen. Ich habe darum gebeten, dass sie nicht einfach wieder ins Heim gebracht wird.

Ich würde mir wünschen, dass sie sie nochmal durchchecken, um zu schauen, wie weit der Krebs in den letzten Wochen fortgeschritten ist. Vielleicht um auch endlich mal eine Prognose zur Lebenserwartung zu bekommen. Tage, Wochen, Monate?

Dieses Hin und Her geht schon seit Anfang des Jahres so.

Anfang Januar aufgrund ihrer Beschwerden in die Klinik. Dort die Krebsdiagnose. Es war klar, dass es nicht heilbar ist. Über zwei Wochen stationärer Aufenthalt aufgrund ihrer körperlichen Verfassung und einer Lungenentzündung.

Dann wurde sie bis zum OP-Termin entlassen und sollte zwei Wochen später wieder aufgenommen werden. Nach 5 Tagen zuhause ist sie morgens kollabiert und kam mit dem RTW in ein anderes Krankenhaus. Verdacht auf Corona und / oder neuerliche Lungenentzündung. Eine Woche Isoliertstation - kein Corona aber Lungenentzündung.

Wieder eine Woche später Verlegung in ein anderes Krankenhaus zur OP. Die mUsste dann aber auch wieder um eine Woche verschoben werden. Nach der OP zwei Tage Intensivstation. Einen Tag nach der Verlegung auf die Normalstation Kollaps - wieder ein paar Tage Intensivstation.

Danach zwei Wochen Normalstation und dann Verlegung auf die Akutgeriatrie - wieder in einem anderen Krankenhaus. Das mittlerweile Dritte.

Nach zwei Wochen dort Entlassung nach Hause - ohne die erhoffte Besserung des Gesundheitszustandes.

Sechs Wochen lang zuhause alles gegeben, weil es immer hieß, dass sich ihr Zustand bessern müsste. Planungen getroffen - Tagespflegeeinrichtung, Pflegedienst usw. Zudem meinerseits die Wiedereingliederung in den Job geplant. Dann wieder binnen zwei Tagen Verschlechterung des Zustandes. Alle Planungen wieder im Eimer.

Nun seit Dienstag in der Kurzzeitpflege im Heim. Vorletzte Nacht der erste Sturz und morgens der Anruf vom Heim. Gestern Nachmittag war die Wunde (nicht groß) nicht versorgt und fing wieder an zu bluten. Pfleger versorgt die Wunde auf mein Bitten genervt. Kein Danke, kein Bitte.

Heute Morgen dann die Nachricht über den Kollaps und die neuerliche Aufnahme in einer Klinik.

Leute, ich drehe am Rad - mir ist das, neben meiner emotionalen Krise, einfach mittlerweile auch physisch viel zu viel.

Danke für's Lesen.

Ja, das ist verständlich, dass dir das alles zu viel ist. Ich hoffe, inzwischen weißt du etwas mehr über ihren Zustand.

Habt ihr euch schon mal über ein Hospiz informiert? Vielleicht könntet ihr sie da schon mal anmelden. Auch wenn nicht sofort ein Platz frei ist, wäre das vielleicht eine Möglichkeit für später.

Zitat von Vertigo:
Ihr Lieben, ich fange einfach mal mit der aktuellen Situation an. Mittlerweile bin ich 50 Jahre alt und hatte immer ein extrem inniges Verhältnis zu meiner Mutter. Sie ist mittlerweile 84 Jahre alt, unheilbar an Krebs erkrankt und seit Bekanntwerden der Erkrankung im Januar 2023 dreht sich mein Leben nur noch um sie ...

Ich verstehe dich sehr gut. Auch meine Mutter ist genauso wie deine.
Wünsche dir viel Kraft.
Sponsor-Mitgliedschaft

Moin Ihr,

sie ist erstmal im Krankenhaus und wird dort, zumindest nach meinem ersten Eindruck, sehr gut betreut.

Das beruhigt mich persönlich schon ungemein.

Sie bekommt Flüssigkeit, weil sie laut Auskünften der Klinik, komplett ausgetrocknet war. Das Heim sagt, dass das gar nicht sein kann und das Krankenhäuser das immer behaupten würden. Ich vertraue da eher der Klinik, wenn ich ehrlich sein soll und hoffe, dass sie erst einmal eine Weile dort bleiben kann.

Ich selber habe gleich auch nochmal einen Termin bei unserer Hausärztin, weil ich gestern SOS gefunkt habe.

Ich weiß einfach nicht, wie ich mich in den Griff bekommen soll.

Gestern dachte ich, dass ich nahezu bipolar agiere. Gestern Morgen vollkommen down, hypernervös, Herzrasen... Und nachdem ich aus dem Krankenhaus kam, regelrecht euphorisch. Ich saß singend im Auto, hatte endlich mal wieder Bock zum Lebensmitteleinkauf, habe mit Appetit gegessen.

Urplötzlich war's dann aber wieder anders...

Ich hasse die aktuelle Situation einfach Abgrundtief...

Zitat von Vertigo:
Gestern dachte ich, dass ich nahezu bipolar agiere. Gestern Morgen vollkommen down, hypernervös, Herzrasen... Und nachdem ich aus dem Krankenhaus kam, regelrecht euphorisch. Ich saß singend im Auto, hatte endlich mal wieder Bock zum Lebensmitteleinkauf, habe mit Appetit gegessen.

Du hast dich nach dem Krankenhaus gut gefühlt, weil du nicht allein bist mit der Verantwortung, sondern sich auch andere (Profis!) um deine Mutter kümmern. Nun genieße auch, dass du in einem Land mit solch einem guten System lebst und erlaube dir, entlastet zu sein und dich gut zu fühlen. Auch wenn es deiner Mutter schlecht geht, darf es dir gut gehen! Das ist eine völlig falsche innere Einstellung, dass es dir schlecht gehen muss, wenn es ihr (oder jemand anderem) schlecht geht. Mach dir das klar und erinnere dich an die Freude im Auto nach dem Krankenhausbesuch und dem Einkaufen der Lebensmittel Es zeigt ja, dass du fähig zum Freuen bist!

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Dr. Christina Wiesemann
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