Narandia
Seitdem bin ich fleißig auf Wohnungssuche, da ich meine momentane Wohnsituation so schnell wie möglich beenden möchte.
Gestern war ich auf einer Besichtigung, meine dritte. Die Wohnung, 48qm, ist gefühlt für mich ein Traum.
Große helle Räume, viel mehr Platz als ich in meiner vorigen Wohnung hatte (40qm). Ich könnte mich endlich mehr entfalten, mehr Möbel aufstellen, denn meine alte Wohnung wurde mir mit der Zeit einfach zu klein. Ich hatte kaum Lagermöglichkeiten und die Schrägen verhinderten das mitunter.
Der kleine Raum für die Küche ist perfekt für eine schöne neue Küchenzeile. Vielleicht ohne Platz für einen Tisch mit Stühlen, aber das spielt nicht so die Rolle.
Der Boden war ein PVC holzimitat in rot-dunkel. Auf sowas stand ich schon immer, wenn auch kein echtes Laminat oder Parkett
Das Bad hat zwar kein Fenster aber damit könnte ich mich erstmal arrangieren.
Die Lage ist okay. Nicht zentral. Wo ich da genau war wusste ich auch nicht. Hier oben ist eh alles fremd für mich.
Beim Vorbeifahren habe ich nur einen Penny gesehen.
Ich habe mich als Interessentin eingeschrieben. Wollte die Wohnung unbedingt haben.
Gestern vor dem Schlafen bekam ich allerdings einen Nervenzusammenbruch, als ich darüber nachgedacht habe.
Ich allein als Kleinstadt/Dorfkind in einer Großstadt. In einer Stadt, wo ich mich nirgends auskannte. Ich würde aus der Tür gehen, in alle Richtungen sehen, und nichts kennen. Nicht mal einen Baum oder ein Straßenschild, welche ihren festen Platz haben, wo sie vermutlich immer stehen.
Alles ist fremd, ich weiß nicht wie ich laufen muss um sicher und schnell mein Ziel zu erreichen. Welche Wege ich nehmen kann und welche nicht. Ich kenne weder gute noch schlechte Winkel der Gegend. Die nächste Bushaltestelle war auch 2 km entfernt.
Ich auf mich allein gestellt. Niemand der mir hilft, niemand der für mich da ist. In der Nähe eines Problemviertels alleine vor die Tür gehen. Abends, wenn es dunkel ist. Besonders im Winter, wenn es kaum Tag ist, wenn ich dann zu meinen Praktika oder sonstwo hin muss.
Ich mit meiner Sozialphobie, meiner Empfindlichkeit und fehlenden Sicherheit.
Mich überrumpelte unglaubliche Angst bei diesen Gedanken. Solch starke Angst alleine vor die Tür zu gehen und überfallen zu werden. Weil ich weiß, dass ich damit nicht leben könnte, wenn mir so etwas passieren würde.
Die Angst vor der Angst mich nicht mehr aus dem Haus zu trauen, obwohl ich doch wieder richtig zu leben anfangen wollte.
In meiner Heimat war ich immer alleine unterwegs, egal zu welcher Uhrzeit. Ich kannte alles dort, ich fühlte mich sicher, wenn ich alleine meines Weges ging. Auch wenn ich nachts um 22 Uhr noch zum Chinesen ging und mir Essen holte. Selbst Zugfahrten, wo abends gerne mal gruselige Gestalten am Bahnhof waren... ich hatte nie Angst davor. Ich wusste zwar, dass ich vorsichtig sein musste, spitzte dann immer besonders die Ohren und achtete dreifach stark auf meine Umgebung; aber ich fühlte mich sicher dort.
In dem Moment als mir die Tränen liefen, war meine Traumwohnung keine Option mehr für mich. Eine Wohnung überall dort im Umkreis war keine Option mehr für mich.
Ich weinte, ich ärgerte mich. Ich will so schnell wie möglich in meine eigene Wohnung. Aber so geht das nicht. Dann muss ich eben warten, bis ich hier im Kreis was finde.
Dort wo ich grade wohne könnte ich vermutlich ohne Probleme nachts in Richtung Edeka gehen. Hier habe ich mir schon genug Sicherheit angeeignet. Ich weiß wo die Wege und Straßen nach rechts und links hinführen.
Aber ich muss hier raus. So oder so.
Ich wusste, dass ich meine komplette Sicherheit einbüßen würde, wenn ich umziehe. Aber dass es so schlimm ist, auf diese Art und Weise, das habe ich nicht bedacht.
15.08.2018 09:06 • • 16.08.2018 #1