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Hallo,

ich habe eine kurze und präzise Frage:

Wohin wendet Ihr Euch bei (plötzlich) auftretenden Ängsten oder einem Gefühl tiefer Traurigkeit/Leere?

Zu mir:
Ich leide wohl unter Depression und Ängsten. Ich nehme derzeit 5 Milligramm Escitalopram pro Tag. Eine höhere Dosis führt bei mir nachmittags zu Schläfrigkeit, so dass ich regelmäßig 3 bis 4 Stunden schlafe. Ich mache derzeit eine Psychotherapie, deren Gegenstand eben Depression und Ängste (Versagensängste, Verlustängste, Prüfungsängste) sind.

Ich fühle im Moment eine große Leere in mir. Nichts scheint mir mehr Spaß zu machen. Mein Beruf kotzt mich an. Ich sehe darin verschwendete Lebenszeit, obwohl ich nur 30 Stunden darin arbeite und doch gut damit verdiene.

In Marburg, wo ich wohne, gibt es eine Vitos-Klinik. Dort war ich heute morgen und hatte um ein Gespräch gebeten. Ich bin abgewiesen worden. In der Klinik für Psychotherapie und Psychiatrie am Marburger Ortenberg war ich erst vor kurzem zur Weiterverschreibung von Escitalopram. Zu diesem Zeitpunkt war noch alles gut. Ich weiß nicht, warum ich diese Leere in mir jetzt wieder fühle.

Daher meine Frage: Wohin wendet Ihr Euch, wenn Ihr jemanden für ein Gespräch sucht? Beim ärztlichen Bereitschaftsdienst ist es komplett sinnlos. Die hören drei Minuten zu, verschreiben dann Tavor und dann heißt es Tschüss!. Die Telefonseelsorge ist für mich keine Alternative. Einmal wurde mir dort gut geholfen, einmal war es grottenschlecht. Ich brauche auch jemanden, den ich vor mir sehe.

Ich fühle so einen großen Druck auf dem Brustkorb und trotzdem eine große Leere in mir. Ich würde mich freuen, wenn mir hier jemand helfen könnte und mir sagen könnte, an wen ich mich wenden kann. Danke!

11.06.2017 15:20 • 12.06.2017 #1


7 Antworten ↓


Hallo Knusperhase,

hast Du einen Psychiater?
Wenn ja,geh hin und lass Dir ein Beruhigungsmittel verschreiben.
Z.B. Perazin,das macht nicht abhängig oder Promethazin.
Die innere Leere kommt von den Depressionen.Schwer zu ertragen.

Jemand schnell für ein Gespräch zu bekommen ist sehr schwer.Da bist Du hier schon richtig.

Langfristig brauchst Du Verhaltenstherapie und medikamentöse Unterstützung,das weisst Du sicher alles schon.

Wenn Du es nicht mehr aushältst,kannst Du jederzeit in die nächstgelegene Psychiatrie fahren und Dich dort aufnehmen lassen.
Da muss es aber schon richtig brennen.
Mehr kann ich Dir leider auch nicht mit auf den Weg geben.

A


Wohin wenden bei auftretender Angst bzw Depression

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Zitat von Flame:
Hallo Knusperhase,


Grüß Dich Flame! Vielen Dank für Deine Antwort.

Zitat von Flame:
hast Du einen Psychiater?


Ich war bereits zwei Mal bei Psychiatern. Danach war ich immer sehr enttäuscht von ihnen. Eventuell habe ich falsche Erwartungen an sie gehabt. So, wie ich es verstanden habe, verstehen sich Psychiater tatsächlich nur als Ärzte mit Spezialausbildung im Bereich der Psychiatrie, die Medikamente verschreiben. Es geht ihnen also -so wie ich es bisher verstanden habe- gar nicht mal so sehr um meine Lebenssituation und um meine Lebensumstände und welche Probleme damit verbunden sind und wie diese gelöst werden könnten. Die Pauschallösung eines Psychiaters (bitte korrigieren, wenn ich das nun etwas übertrieben formulieren sollte) heißt: Medikamente verschreiben. Ein anderes Leistungsspektrum bieten Psychiater anscheinend nicht. (Bitte auch hier korrigieren, sofern es unkorrekt sein sollte.)

Zitat von Flame:
Wenn ja,geh hin und lass Dir ein Beruhigungsmittel verschreiben.
Z.B. Perazin,das macht nicht abhängig oder Promethazin.


Vielen Dank für den Tipp. Von meinem Hausarzt habe ich bisher immer Tavor verschrieben bekommen. Er ist schon seit über 30 Jahren Hausarzt und kennt als Beruhigungsmittel anscheinend lediglich Lorazepam und Tavor. Von Perazin oder Promethazin habe ich noch nie etwas gehört.

Zitat von Flame:
Die innere Leere kommt von den Depressionen.Schwer zu ertragen.


Die innere Leere ist eine Empfindung, die ich vor einigen Wochen zum ersten Mal gespürt habe. Es ist eine bestimmte Art der Körperempfindung, bei der einem alles gleichgültig ist und man an nichts mehr Freude empfindet - so als sei man eine Art gefühlloser Zombie. In den letzten Stunden hat sich diese Empfindung etwas gelegt. Nichtsdestotrotz existiert diese Empfindung nicht ganz ohne Grund. Ich fühle mich Menschen gegenüber nicht verbunden. Ich fühle mich auch Dingen gegenüber nicht verbunden, d.h. ich empfinde keine Freunde, wenn ich einem bestimmten Hobby nachgehe, wie z.B. schwimmen oder Fahrrad fahren. Ich bemerke die Bewegungen dabei, aber diese Bewegungen lösen keine Emotionen bzw. Empfindungen aus.

Die derzeitige Verhaltenstherapie bewirkt wenig. Die Therapeutin ist sehr, sehr nett. Ich habe wirklich Vertrauen zu ihr. Wir verstehen uns sehr gut. Trotz allem bemerke ich, dass die Therapie an sich oftmals nicht viel mehr ist als sich zu unterhalten. Bitte nicht falsch verstehen: Das Reden hilft mir in der gegenwärtigen Situation, weil ich dabei merke, ich werde nicht allein gelassen. Aber die Psychotherapie ist auch in absehbarer Zeit wieder vorbei und ich befürchte, dass sie über die Gespräche hinaus keinen wirklichen Nutzen haben wird.

Zitat von Flame:
Jemand schnell für ein Gespräch zu bekommen ist sehr schwer.Da bist Du hier schon richtig.


Selbstverständlich freut es mich sehr, dass ich hier Antworten bekomme. Herzlichen Dank dafür! Aber ist es ganz grundsätzlich nicht recht traurig, dass es in der wirklichen Welt so schwierig ist, jemanden zu finden, der einem in solchen Situationen einfach nur zuhört?

Zitat von Flame:
Wenn Du es nicht mehr aushältst,kannst Du jederzeit in die nächstgelegene Psychiatrie fahren und Dich dort aufnehmen lassen.
Da muss es aber schon richtig brennen.


Ja. Ich weiß. Da muss es schon richtig brennen, sonst wird man von den Ärzten ohnehin nicht wirklich beachtet. Für mich ist immer die Frage, welchen Nutzen so eine Aufnahme bringen soll. In der Marburger Vitos-Klinik wird man ohnehin nur verwahrt und die Leute, die man dort um sich herum sieht, würden meine Depression und meine Ängste wohl noch steigern. Was bleibt, ist der Griff zu Beruhigungsmitteln, damit man schläft und hofft, dass es besser ist, wenn man wieder aufwacht. Ich glaube, in diesem Gesundheitssystem gibt es alles, nur halt niemanden, der einem richtig zuhört, wenn man das braucht.

Zitat von knusperhase:
Ich glaube, in diesem Gesundheitssystem gibt es alles, nur halt niemanden, der einem richtig zuhört, wenn man das braucht.


Na ja,nicht ganz.
Ich war z.B. die ganze letzte Woche vollstationär in der Psychiatrie,mir wurde durchaus zugehört,sowohl von den Ärzten als auch vom Pflegepersonal.Hatte da sicher auch Glück (gutes,motiviertes Personal)
Allerdings ging es mir auch extrem schlecht.

Mir fällt für Dich noch ein:

Es gibt kassenzugelassene Homöopathen.
Deren Grundsatz ist eine sehr ausführliche Anamnese und das ausführliche Eingehen auf körperliche wie psychische Symptome.
Die haben einen ganzheitlichen Ansatz und verschreiben auch keine chemischen Sachen.
Denen ist die Psychosomatik wohl bekannt und das täte Dir sicher gut.
Ich denke,das wäre für Dich das Richtige,die hören wirklich lange und richtig zu und bauen darauf die Behandlung auf.

Und ja,Psychiater sind hauptsächlich für die Medikation zuständig und leider ist es so,dass die meisten sich nur im Groben anhören,was Sache ist.Da hinkt das Gesundheitssystem.

Wenn Du mit Deiner Verhaltenstherapie nicht weiterkommst: wechseln.
Ein guter Draht zur Therapeutin alleine reicht halt nicht.
Da muss man meistens mehrere durchprobieren.

Am schönsten ist es,wenn einem ein Mensch zuhört ,der einem nahesteht und dem man vertraut.
Das kann kein Arzt/Medikament ersetzen.
Bist Du ganz alleine?

Zitat von Flame:
Bist Du ganz alleine?


Ja. Ich habe zwar noch meinen Vater. Aber er versteht von Depression und Ängsten nicht so wirklich viel. Daher kann er sich schlecht in mich hineinversetzen. Deshalb sind die Gespräche mit ihm auch nicht so sinnvoll. Sonst habe ich keine Familie. Es ist halt auch immer sehr schwer, eine geeignete Person zu finden. Oftmals ist es ja so, dass andere einfach damit überfordert sind, wenn man ihnen die Probleme erzählt. Da ist es schon sinnvoller, jemanden zu haben, der darin geschult ist, mit solchen Situationen umzugehen.

Manches Mal habe ich schon gehört, dass man sich an einen Pfarrer wenden solle, denn denen geht es ja auch um Seelsorge. Nun, ich habe das ein Mal gemacht. Meine Erfahrungen diesbezüglich sind schlecht. Ich werde es nicht noch einmal tun.

Was ist mit Selbsthilfegruppen?
Dort findest Du unkompliziert Kontakt zu Gleichgesinnten,denen Du nicht lange alles erklären musst.
Raus aus der Isolation,das ist wichtig.

Und evt. Partnersuche,das geht auch MIT psychischen Beschwerden.
Ich habe meinen Mann in einer Singlebörse kennengelernt und hatte ihm nach kurzer Zeit geschrieben,was mit mir los ist.
Er hat sich trotzdem in mich verliebt und im September sind wir 8 Jahre zusammen.

Und beten hilft auch,sogar wenn man nicht an Gott glaubt.
Ich tu das auch manchmal,es entlastet irgendwie,probier das einfach mal.

Zitat von Flame:
Was ist mit Selbsthilfegruppen?


Das ist eine gute Idee. Ich weiß halt nur nicht, wo es so eine Selbsthilfegruppe hier in Marburg geben würde.

Zitat von Flame:
Raus aus der Isolation,das ist wichtig.


Ich weiß, dass es wichtig ist, aus der Isolation herauszukommen. Man sollte ja eigentlich meinen, dass man im Job viel in Kontakt ist, aber bei meiner neuen Stelle arbeiten alle für sich selbst vor sich hin. Dort werde ich alleine gelassen, bin also auch quasi isoliert mit meiner Arbeit.

Ich gehe seit kurzem zum Improvisationstheater und demnächst fange ich mit dem Tanzen an. Mein soziales Umfeld ist halt sehr schwach. Fast keine Familie, fast keine sonstigen näheren Kontakte. Daran muss ich arbeiten. Das nehme ich gerade in Angriff.

Zitat von Flame:
Und evt. Partnersuche,das geht auch MIT psychischen Beschwerden.


Ich will nicht mein ganzes Leben lang alleine bleiben. Hier im Haus wohnen außer mir sonst nur alleinstehende, ältere Frauen. Ich finde, so kann man nicht leben. Meine Therapeutin meinte: Doch, so KANN man leben. SIE wollen SO nicht leben. Das ist richtig. Mein Lebenskonzept ist ein anderes. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so erfüllend ist, alleine vor sich hin zu leben. Ich kann mir auch schlecht vorstellen, ständig allein vor sich hin zu arbeiten, so wie ich es derzeit auf meiner neuen Stelle erlebe.

Zitat von Flame:
Und beten hilft auch,sogar wenn man nicht an Gott glaubt.


Ich bin vor kurzem aus der Kirche ausgetreten. Die Kirche bringt mir einfach nichts. Wofür soll ich also Kirchensteuer zahlen, wenn mir die Kirche nichts bringt? Aber die Kirche als Institution ist ja unabhängig davon, ob man (an Gott) glaubt oder nicht. In den Phasen, in denen ich von meinen Ängsten eingenommen bin oder ich alles als sinnlos empfinde, wüsste ich nicht, ob mir das etwas helfen könnte.

Wenn das beten Dir nichts bringt macht es keinen Sinn,da hast du Recht.

Zur Partnersuche kann ich Dir das Internet sprich Singlebörsen empfehlen,auch wenn das hier im Forum sehr kontrovers diskutiert wird,da jeder andere Erfahrungen damit gemacht hat.
Es kommt sehr darauf an,wie man sich in einer Singlebörse verhält und mit welchen Erwartungen man rangeht.
Man findet dort sicher nicht in drei Wochen den Traumpartner und es gibt auch keine Garantie dafür,dass man dort den passenden Partner findet.
Manch ein(e) passt auch überhaupt nicht zu einem selbst,die meisten passen eben NICHT zu einem,das ist aber normal.
Man muss sich das wie zwei Puzzleteile vorstellen,es passen die meisten nicht,was man aber nicht als Misserfolg werten sollte.
In jedem Fall bekommt man dort Kontakt zu anderen Menschen und das macht auf definitiv um Erfahrung reicher.
Je lockerer Du rangehst desto besser.

Bestimmt gibt es auch Selbsthilfegruppen in Deiner Nähe,da kannst Du am besten ansetzen,bleib da dran,das lohnt sich garantiert für Dich.

Das mit dem Improvisationstheater klingt toll,find ich auch mutig,weil man dazu spontan sein muss.
Tanzen find ich auch klasse,da hast Du doch schon tolle Perspektiven!





Dr. Christina Wiesemann
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