derhimmelmusswa.
Bei mir ist es in erster Linie mein Mann, der das mit bekommt. Als es (wieder) damit anfing und ich ihn panisch auf der Arbeit anrief, morgens in aller Frühe und er mich ins Krankenhaus fuhr, hatte er noch Verständnis. Als nichts gefunden wurde (ich war im MRT), sank sein Verständnis schon. Er hielt mir vor: Deshalb rufst du mich an. Billigte aber noch, dass ich zu einigen Ärzten ging. Internist, Neurologe, Hausarzt. Zwei Mal waren wir auch noch im Krankenhaus seitdem. Weil Wochenende war und man dann zum Hausarztdienst muss. Dort wurde EKG geschrieben, Blutdruck gemessen und Zucker. Nix gefunden. Dann fühlte er sich bestätigt und schimpfte rum. Immer müssen wir dahin fahren. Wegen nix.
Nun geht es über ein Jahr wieder mit meinen Ängsten. Die auch immer schlimmer werden. Da außer meinem Mann keiner da ist, erzähle ich ihm natürlich immer, wenn ich was spüre.
Inzwischen motzt er mich fast nur noch an, dass er das nicht mehr hören kann, er erträgt es nicht mehr. Er kann nicht mehr heim kommen, ich brauche ihn nicht mehr anzurufen, er kann auch nicht daheim bleiben, weil ich krank bin. Unterstellt mir, dass er wegen mir irgendwann noch seinen Job verliert und dass wir dann Hartz IV-Empfänger werden. Verlangt, dass ich mich mal zusammen reiße, mich nicht so anstelle und behauptet, dass er Symptome wie Schwindel auch dauernd hat, aber dass ER das ignoriert und sich nicht so anstellt.
Wenn wir dann irgendwo sind (Einkäufe, Ausflüge) und ich sage, ich muss raus, ich will ans Auto. Mir geht es nicht gut. Dann wird er stinkwütend. Und dann hält er mir das permanent vor. Es ist nun zwei Mal passiert in letzter Zeit, dass wir wirklich gehen mussten. Einmal bei großer Hitze in einem Tierpark, wo ich zum Auto gerannt bin und einmal im Baumarkt, wo ich ihn gebeten habe, dass er nicht mehr so lange guckt, weil ich heim will. Die anderen Male habe ich mich immer überwunden und zusammen gerissen. Auch, wenn es schlimm war.
Aber die Vorfälle hält er mir ständig vor. Sagt auch, dass man mit mir ja nicht mehr weg könnte, weil ich mich immer so anstelle. Dass er darauf keine Lust mehr hat. Ich solle doch zu Hause rum hocken. Es wäre lächerlich. Er kann es nicht mehr hören. Es belastet ihn und er wird auch noch verrückt deswegen.
Wenn ich ihm dann von meinen Ängsten und Symptomen erzähle, sagt er, ich solle ruhig noch zu mehr Ärzten rennen. Er würde um 200 Euro mit mir wetten, dass der auch nix findet. Dabei gehe ich gar nicht so oft zum Arzt. Internist, Hausarzt und Neurologe waren in einem Jahr und nicht in einer Woche. Es ist doch wohl klar, dass man eine Ursache finden will oder jemanden, der einem endlich hilft.
Er macht sich auch über mich lustig, wenn ich mal wieder total unruhig irgendwo rum stehe.
Nun habe ich mir einen Termin bei einer Therapeutin geholt und dann sagt er: Die kann dir auch nicht helfen. Bilde dir das bloß nicht ein.
Wenn ich sage, ich will Hypnose machen (in der Nähe bietet jemand medizinische Hypnose an bei Panikattacken) sagt er direkt: Raus geworfenes Geld. Oder: Haben wir eh kein Geld für.
Oder er sagt: Sag mir Bescheid, wenn es dir mal gut ist. Ich will es nicht mehr hören, dass es dir schlecht geht usw.
Ab und zu hat er mal Verständnis, sagt dann aber auch: Ich kann dir dabei auch nicht helfen. Wenn er ganz wütend ist, brüllt er rum und sagt: Lass dir Tabletten verschreiben. Was anderes hilft eh nicht mehr. Und ein anderes Mal sagt er: Tabletten brauchste eh nicht nehmen. Helfen auch nicht.
Vor allem ärgert mich, dass er behauptet, er hätte das alles auch. Wenn ER was hat, dann gilt das. Wenn ICH was habe, nicht. ER hat ja auch Schwindel usw. Aber ER ignoriert es ja. Weil ER ja arbeiten muss. Aber er kann ja nicht so schlimme Symptome haben wie ich, denn dann könnte er gar nicht mehr so schwer arbeiten.
Meiner Mutter erzähle ich nur, ich hätte es mit den Nerven. Ist ja auch keine Schande, bei zwei kleinen Kindern. Wenn ich mal andeute, was ich wirklich so habe. Dann sagt sie nur: Nutzt ja nix. Hatte ich auch schon mal. Muss man drüber stehen blabla und dann jammert sie höchstens, was sie alles hat und stellt mich so hin als hätte ich doch ein prima Leben und sie ist die arme Omma, die alleinstehend ist und arbeiten muss. Die ganze Wahrheit will ich ihr gar nicht sagen. Sie würde es noch weiter tratschen.
Mein Mann hat es natürlich seinem Vater erzählt. Dabei soll der still sein. Er nimmt selbst, wie wir erst jetzt erfahren haben, seit langer Zeit ein leichtes Antidepressivum, weil seine Frau Schizophrenie hat, die immer wieder ausbricht und ihn dann fertig macht mit ihren Wahnvorstellungen und dem Unsinn, den sie verzapft oder anstellt.
Anderen will ich es gar nicht erzählen. Ich habe keine Lust, dass mich alle für irre halten. Ich habe so schon wenig Freundschaften, da meine Freundinnen alle noch kinderlos sind und den ganzen Tag arbeiten. Wenn ich ihnen haarklein die Wahrheit sagen würde, würden sie sich garantiert abwenden und über mich tuscheln. Ich will es einfach niemandem mehr sagen.
2003 hatte ich das schon mal und nachdem es raus war auf der Arbeit, bekam ich die Kündigung. KEiner hatte Verständnis. Die haben mich alle für bekloppt gehalten und über mich geredet und das tat weh.
Ich habe Angst, dass andere mir das ansehen und denken, ich saufe oder nehme Dro.. Sobald mich einer länger anschaut im Supermarkt, denke ich: Nun hat es jemand gemerkt was mit dir los ist. Da sitzen auch immer die gleichen Kassiererinnen. Dann denke ich: Die schaut mich komisch an. Die denkt, da kommt die irre, die hier durch den Laden hetzt und dann in der Schlange nach Luft schnappt und sich komisch verhält.
Auch bei den Erzieherinnen habe ich Angst, dass sie mir das anmerken und über mich schlecht denken.
Niemand hat Verständnis für einen. Man kriegt immer nur noch auf den Deckel. Weil man psychisch was hat und nicht körperlich. Für andere ist das einfach nur lächerlich und man ist die Irre. Sie wissen ja nicht, was eine Panikattacke ist und was Angstzustände sind. Sie wissen ja nicht, wie es ist, wenn man nachts schon mit innerer Unruhe wach wird, innerlich zittert, Angst hat. Wenn man den ganzen verdammten Tag denkt, dass man umfällt. Und sich deshalb nix mehr zutraut. Und Dinge vermeidet. Ich habe ein schlechtes Gewissen. Weil ich so bin und weil ich nicht immer genug Kraft habe, dagegen zu kämpfen.
Aber das Schlimmste ist, wenn man Angst haben muss, dass der eigene Mann einen irgendwann verlässt. Er musste seine ganze Kindheit mit einer schwer kranken psychischen Mutter verbringen und sieht nun, wie sein alter Vater daran zugrunde geht, dass seine Frau ihn sein halbes Leben lang tyrannisiert hat. So will er bestimmt nicht enden und deshalb denke ich auch, dass er mich verlässt, wenn die Kinder größer sind. Und dass ich dann ganz alleine bin und psychisch krank, vielleicht verarmt.
Haben eure Angehörigen oder Freunde Verständnis für euch? Oder müsst ihr euch auch sowas anhören?
10.10.2012 08:38 • • 14.10.2012 #1