Zitat von Kermit:Sie können mit ihrer Angst nicht leben aber ohne ihre auch nicht.
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Die soll man dann auch noch loslassen in Therapie ?
Dann hat man ja gar nix mehr.
Mir liegt es am Herzen, diese absolut klugen Worte nochmals aufzugreifen.
@Kermit - daran merkt man eindeutig, wie viel Erfahrung du hast und dass du sehr vielen hier in Sachen Verständnis bei Angsterkrankungen haushoch (!) überlegen bist.
Warum schaffen es so viele nicht, ihre Angst loszulassen trotz zig Therapien usw.?
Ich werfe in diesem Zusammenhang aufgrund der Worte aus dem Zitat von Kermit den Begriff
(SEKUNDÄRER) KRANKHEITSGEWINN in den Raum.
Korrigiert mich bitte, aber ich finde im ganzen Forum keinen einzigen Thread, der sich um dieses anscheinend nicht sehr bekannte, aber so wichtige Thema dreht. Hier und da wird das Thema zwar angerissen, aber sehr vielen ist es null ein Begriff (wäre mal ne Überlegung, dazu echt einen eigenen Thread aufzumachen - mal sehen, ob ich die Kraft und Lust dazu habe).
Den Begriff kann (und darf!) jeder mal googeln.
Beispiele für einen sekundären Krankheitsgewinn gibt es etliche.
Wichtig ist unbedingt, zu verstehen, dass die Betroffenen nicht simulieren!
Deren innerer Kampf läuft völlig unbewusst ab.
In den meisten Artikeln werden als Beispiele Drang nach Aufmerksamkeit oder auch Fürsorge genannt. Die extrem abgeschwächte Form dürfte fast jedem (vor allem jeder Frau) bekannt sein: Es ist der erkältete Partner/Ehemann, der im Bett liegt und sich so anstellt, als würde er fast sterben (ich spreche aus eigener Erfahrung...als Mann!).
Wer nun schon sehr lange an einer Angststörung leidet und z.B. keine Freunde (mehr) hat, insgesamt sehr einsam ist und bei denen die echten sozialen Kontakte schon ziemlich den Bach runtergegangen sind und wer sich vielleicht gerade dadurch sehr viel im Internet in sozialen Netzwerken aufhält, in denen er mit anderen (Angsterkrankungs)Betroffenen intensiven Austausch gefunden hat (ja, damit meine ich auch und explizit dieses Forum), der sollte mal in sich gehen und zumindest prüfen, ob er nicht auch dem Sekundären Krankheitsgewinn zumindest zum Teil verfallen ist.
Was wäre denn, sofern die Angsterkrankung bei einigen von heute auf morgen weg wäre?Wäre dann alles super und man würde ganz im Inneren nur glücklich sein?
Oder wäre es auch so, dass man damit sein Hobby verloren hätte und es damit nicht mehr so einfach bis gar unmöglich wäre, sich mit den anderen Betroffenen hier auszutauschen?Wäre es gut oder vielleicht eher sogar auch schmerzhaft, nicht mehr gegenseitig Trost und Mitleid zu spenden, sich nicht mehr über Pulsdaten oder Panikattacken austauschen zu können? Würde man ohne Angststörung überhaupt noch dazu gehören zu dieser Gemeinschaft, ohne die man im Leben vielleicht nichts mehr hätte? Würde mit dem Wegfallen des Hobbies auch der Grund wegfallen, mitreden zu können zum Thema, welches man so lange schon mit sich schleppt?
Das Thema ist ein wenig gruselig, ohne Zweifel, weil es die tiefsten Wunden bei einigen Betroffenen öffnet, aber in sehr guten Therapien (meist nur in Kliniken) wird aber genau auf diese Sachen eingegangen. Das ertragen nicht alle Patienten, weil sie sich auch selbst durch die Therapeuten angegriffen und kritisiert fühlen. Dabei ist das nur ein Erklären und Analysieren der Erkrankung, denn wie gesagt: Sofern ein Sekundärer Krankheitsgewinn vorliegt, ist das unterbewusst und nicht vorsätzlich vom Patienten so angestrebt.
Auch, wenn der Satz
Manche WOLLEN nicht aus ihrer Angstblase raus! böse klingen mag - er ist nicht so gemeint, sondern eine Beschreibung des Dilemmas, mit dem einige da sitzen, denn: Wenn die Angst plötzlich weg wäre, dann wäre auch einiges andere (Positive) weg. Man müsste sein Leben dann wieder komplett neu sortieren, neue soziale Kontakte anstreben oder alte wieder aufleben lassen usw. Es ist so, als würde einem Pokemon-Kartensammler, der sich mit anderen Gleichgesinnten leidenschaftlich über sein Hobby austauscht, von heute auf morgen das Interesse an dieser Sache samt allen Karten genommen. Sich innerlich gegen dieses mögliche Szenario zu stemmen und stattdessen die Angst als Begleiter weiter festzuhalten, ist nur logisch.
Das Thema betrifft wie gesagt wahrlich nicht jeden, aber es ist unbedingt wert, einmal darüber nachzudenken und in sich zu gehen, ob es bei einem selbst vielleicht der Fall sein könnte.