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Meine vollständige Heilung von Angstzuständen (1 Jahr später)

Hey Leute,
ich schreibe diesen Post ein Jahr, nachdem ich hier meine ursprüngliche Geschichte geteilt habe – und diesmal kann ich mit voller Überzeugung sagen: Ich bin komplett raus.
Ich wollte diesen Beitrag schon lange schreiben, nicht nur um dieses Kapitel für mich selbst abzuschließen, sondern auch, um etwas zurückzugeben. Wenn du gerade mitten in der Angst steckst, lies das hier bitte bis zum Ende. Ich war genau da, wo du jetzt bist. Ich dachte, ich komme nie wieder raus.
Aber ich bin rausgekommen. Und du wirst das auch.

Der Anfang – Der Fall in die Tiefe
Vor etwa zwei Jahren, mit 22, bin ich plötzlich in das gestürzt, was sich wie die Hölle auf Erden angefühlt hat. Es begann nach einem Video über Krebs. Ich wurde hyperaufmerksam auf meine Atmung, habe ständig kontrolliert, ob alles „normal“ ist.
Daraus wurden tägliche Zwänge – tiefes Einatmen, Körpersymptome beobachten, googeln. Pure Gesundheitsangst.
Ich war überzeugt, dass etwas ernsthaft mit mir nicht stimmt. Zum Arzt wollte ich nicht – aus Angst und wegen Schuldgefühlen (ich hatte früher mal geraucht). Und so wuchs die Angst unkontrolliert weiter. Dann, nach einem Streit mit meiner damaligen Freundin, kam der erste richtige Panikanfall. Ich dachte wirklich, ich sterbe.
Krankenwagen, Notaufnahme – alles war okay. Ich habe danach geschlafen wie ein Baby. Aber am nächsten Tag ging es wieder los. Aus dem Nichts.
Das war der Beginn eines verdammt harten Jahres.
Panikattacken. Schwindel. Druck im Kopf. Atemnot. Tinitus. Depersonalisation. Über 80 Symptome von denen ich damals bei jedem hängen geblieben bin) Jeder Tag ein neuer „Beweis“, dass etwas nicht stimmt. Ich hatte vorher nie mit Angst zu tun – ich wusste einfach nicht, was da mit mir passiert.

Die Suche nach Antworten
Ich ging in Therapie – eine tiefenpsychologische, die mir geholfen hat, mich selbst besser zu verstehen. Aber sie hat mir keine Tools gegeben, um mit der akuten Angst umzugehen.
Dann bin ich auf Dr. Claire Weekes gestoßen – und auf das Konzept der Nervensensibilisierung. Das war mein Wendepunkt.
Ihr Satz, der mich verändert hat:
„Du bist nicht krank. Du bist sensibilisiert. Und Sensibilisierung heilt.“
Ich fing an zu verstehen, wie Angst funktioniert. Ich lernte, wie der Körper reagiert. Und langsam änderte sich meine Reaktion darauf. Keine Angst, ich will euch hier rein gar nichts verkaufen oder Werbung für irgendetwas machen. Das war lediglich damals meine Bibel die mir zumindest einen Hoffnungsschimmer gab

Was mir wirklich geholfen hat

Hier sind die wichtigsten Dinge, die ich gelernt habe:
Du denkst, was du fühlst – Gefühle beeinflussen deine Gedanken massiv. Angst verstärkt alles, macht aus einem Moment Traurigkeit eine Existenzkrise. Aber das ist nicht „real“. Es ist nur ein verzerrter Filter.
Wissen heilt – Lerne, wie Angst deinen Körper beeinflusst. Versteh die Mechanismen. Sobald du weißt, was passiert, verliert die Angst ihre Macht.
Du musst nichts reparieren – Der Weg raus führt nicht übers Kämpfen. Sondern über Akzeptanz. Lass die Symptome da sein. Lebe dein Leben trotzdem. Die Heilung passiert, wenn du nicht mehr gegen alles ankämpfst.
Dein Körper ist stark – Ich verspreche dir, die Angst kann dir nichts tun. Auch wenn es sich so anfühlt. Du bist so viel robuster, als du denkst.
Es braucht Zeit – Wenn du aufhörst zu reagieren und wieder lebst, heilt dein Nervensystem von selbst. Rückschläge gehören dazu – und sind sogar hilfreich. Du lernst bei jedem Mal, besser zu reagieren. Und irgendwann merkst du: Es kommt gar nicht mehr.
Die Angst war ein verstecktes Geschenk – Klingt verrückt, ich weiß. Aber heute, rückblickend, bin ich dankbar. Ich bin reflektierter, präsenter, dankbarer. Ich hätte es nicht nochmal durchstehen wollen – aber ich bin froh, dass ich es erlebt habe.

Wo ich heute stehe

Heute habe ich keine Symptome mehr.
Gar keine.
Vor ein paar Monaten wurden die ersten Tage symptomfrei. Dann Wochen. Jetzt ist einfach wieder normales Leben. Ich lebe, wie ich will. Ich kontrolliere nichts mehr. Wenn ich mal kurz Angst spüre, lächle ich – wie bei einem alten Bekannten, den man lange nicht gesehen hat.
Ich habe sogar etwas zugenommen in der schlimmsten Zeit (Kortisol + Emotional Eating, kennt man). Am Anfang hat mich das gestört – jetzt? Sehe ich’s fast als kleine Narbe vom Kampf. Geht auch wieder weg. Ich bin gesund. Ich bin glücklich. Ich bin wieder ich.

An alle, die noch drinstecken
Ich will, dass du weißt: Du wirst heilen.
Es fühlt sich nicht so an – aber das liegt nur an der Angst selbst.
Bewerte deinen Fortschritt nicht nach dem, wie du dich fühlst, sondern nach dem, wie du reagierst. Wenn du dein Leben weiterlebst, Symptome zulässt und nicht gegen sie kämpfst – dann machst du alles richtig. Der Rest ist Geduld.
Du schaffst das.
Wenn du Fragen hast oder einfach reden willst – schreib mir. Ich habe mir damals zwar gesagt, nicht mehr länger hier zu sein damit ich mich wirklich von dem Ganzen distanziere, aber ein bisschen hier verweilen kann nicht schaden - vor allem wenn ich anderen dabei ein wenig helfen kann.

Mit ganz viel Mitgefühl,
jemand, der durch’s Feuer gegangen ist – und stärker wieder rauskam.

Heute 02:58 • 18.04.2025 x 10 #1


6 Antworten ↓


Vielen Dank für deinen Beitrag. es tut gut, so etwas zu lesen.

Ich habe auch schon einiges überwunde, aber dennochgibt es Situationen in die ich gar nicht erst reingehe. Aus Angst vor der Angst. Ich akzeptiere es einfach.Vielleicht wird es irgendwann Mal besser.

Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft und ein angstfreies Leben. Danke für deinen Beitrag.

A


Von der Panik zur Ruhe Meine vollständige Heilung von Angst

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Hey das ist echt schön zu lesen und freut mich das du es geschafft hast. Ich bin aktuell mittendrin und dabei von der Angst loszukommen. Habe nächste Woche mein Erstgespräch mit einem Psychater und hoffe das eine Verhaltenstheraphie dann auch bald gestartet werden kann.

@Vasi
Hallo mein Lieber

Ich freu mich von dir zu lesen und dass es dir wieder gut geht und erinnere mich noch gern an unsere ersten Gespräche zurück.

Bei mir sind viele Symptome geblieben, aber die angst ist bedeutend weniger. Leider orientieren sich bei mir die Symptome nicht an meinem angstlevel (laut Therapeutin das Problem meiner kptbs).
Aber ich hab gelernt damit recht gut durch zu kommen auch wenn mein weg durch die grunderkrankung ein anderer ist als deiner.

Aber zumindest die Ängste tendieren gegen null bei mir und das ist schon mal viel wert.

Ich wünsche dir von Herzen alles Liebe und Gute für deinen weiteren Weg und ich würde mich freuen, wenn man in Kontakt bleibt.
Du bist n echt feier Kerl und ich feiere dich für dein Sein und deine Art und Weise

Vielen Dank für deinen wunderbaren Text, der mir heute viel Hoffnung an einem schwierigen Tag gibt!

Ich kann auch allen die es gerade schwer haben nur versichern, dass man vollständig heilen kann, trotz unglaublich schlimmer Ängste und Symptome.

Bei mir hat es ca 2013 angefangen als ich gerade an meiner Bachelorarbeit saß, eh schon gestresst war vom Studium und es dann eine Krebserkrankung einer recht jungen Person in meiner Familie gab. Eines Abends hatte ich die erste Panikattacke mit Notaufnahme und allem drum und dran. Es wurde nichts gefunden aber danach war nichts mehr wie vorher. Ich habe ständig alles an mir kontrolliert, war überzeugt auch eine schlimme Krankheit zu haben und war Stammgast bei meiner Hausärztin, die mich leider nicht ernstgenommen hat.
Dann bin ich in eine andere Stadt gezogen, habe weiter studiert und war erst mal abgelenkt, aber mit Eintritt in das Berufsleben ging es wieder los, diesmal noch viel schlimmer.
Es begann wieder mit Panikattacken und Angst vor schlimmen Krankheiten, wurde dann zu durchgehendem Angstzustand mit Schwindel. Ich habe es aus Scham lange vermieden mir Hilfe zu holen aber irgendwann ging das nicht mehr, da mein ganzer Körper und Nervensystem so überreizt waren dass ich plötzlich kaum noch raus gehen konnte. Der Schwindel führte dazu dass sich sämtliche Muster wie zB die Fugen im Pflaster auf dem Gehweg oder Kieselsteine vor meinen Augen flimmerten und ich nichts mehr machen konnte außer zuhause liegen und mich bestenfalls mit Handy oder TV ablenken. Ich war an einem Tiefpunkt und habe wirklich gedacht das hört nie wieder auf.

Ich war dann lange krank, war in einer Klinik und in Therapie aber was mir wirklich geholfen hat war Gefühle zuzulassen. Ich habe früher alles mit mir selbst ausgemacht und selbst über Kleinigkeiten mit niemandem geredet weil ich dachte ich werde abgelehnt wenn ich über meine Probleme rede.

Nach meiner letzten Therapiestunde ging es dann in meinem Leben erst so richtig rund. Mein Partner bekam die Diagnose MS, meine Mutter bekam Krebs, mein Ziehvater hatte einen Herzinfarkt, unser Hund bekam fälschlicherweise einen Hirntumor diagnostiziert und wir hätten ihn fast eingeschläfert. Ich habe in diesem Jahren so viel geweint wie nie in meinem Leben, es war einfach so viel dass ich meine Emotionen nicht mehr wie früher in mir verschließen konnte, woran ich auch letztendlich krank geworden bin. Ich habe mir bewusst Zeit genommen um das alles zu verarbeiten, habe mir eingestanden dass das gerade viel ist, habe mir erlaubt ein Wochenende mal nur zuhause zu sitzen. Und trotz dieser schwierigen Zeiten hatte ich diese Symptome nie wieder. Ich habe andere Ventile gefunden und mein Körper und meine Seele brauchten ab da nicht mehr die Ängste und Sorgen.
Ich wünsche jedem der auch damit kämpft viel Erfolg und habt Mut hinzusehen was die Symptome euch sagen wollen. Sie sind da um euch in die richtige Richtung zu leiten.

@Vasi erstmal danke, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst
Zitat von Vasi:
Wissen heilt – Lerne, wie Angst deinen Körper beeinflusst. Versteh die Mechanismen. Sobald du weißt, was passiert, verliert die Angst ihre Macht.

Ja, das sehe ich sehr ähnlich. Gerade die körperlichen Mechanismen verstehen, kann sehr heilend sein. Aber auch, die wichtigsten Krankheiten, die für die Symtome auch sorgen könnten, auszuschließen.
Zitat von Vasi:
Du musst nichts reparieren – Der Weg raus führt nicht übers Kämpfen. Sondern über Akzeptanz. Lass die Symptome da sein. Lebe dein Leben trotzdem. Die Heilung passiert, wenn du nicht mehr gegen alles ankämpfst.

Ja, nicht dagegen ankämpfen. Kampf erzeugt nur noch mehr Druck und zudem beginnt man einen wichtigen Teil seines Wesens zu hassen. Die Angst ist nicht unser Feind, sondern versucht uns zu schützen. Sie entsteht oft durch Lebenssituationen, die uns schaden, durch schlechte Erfahrungen, vor denen uns unser Körper in Zukunft schützen möchte. Oder sie ist eine Antwort auf eine Hilflosigkeit, die wir mal empfunden haben.
Zitat von Vasi:
Dein Körper ist stark – Ich verspreche dir, die Angst kann dir nichts tun. Auch wenn es sich so anfühlt. Du bist so viel robuster, als du denkst.

Ja, trotzdem fühlt es sich schrecklich an. Gerade, wenn man die Situation (schlechte Lebensumstände, die uns krank machen) nicht mal einfach so verlassen kann.
Zitat von Vasi:
Es braucht Zeit

Man darf hier allerdings nicht vergessen, dass Du diese schlimme Zeit nur 2 Jahre lang hattest. Das ist nicht böse gemeint, aber viele Menschen (einschließlich mir) haben ihre Angsterkrankungen schon ihr Leben lang. Ich kenne es gar nicht ohne. Meine erste Erinnerung als kleines Kind ist eine Panikattacke. Da ist es wesentlich schwerer, einen Ausweg zu finden (gerade wenn man schon so viel versucht hat) als wenn man das nur in einer Phase erlebt.

Ich möchte das nicht klein reden, auf keinen Fall und auch in Phasen können solche Gefühle sogar noch überwältigender sein, aber es ist noch nicht so dermaßen ins Gehirn eingebrannt. Verstehst du, was ich meine?

Einen wichtigen Punkt würde ich gerne noch hinzufügen, weil ich denke, es ist der wichtigste:

️ Selbst-Mitgefühl ️ ja, wir sind durch unsere Panik und Angst schwierige Menschen für andere und uns selbst, sind aber dadurch auch meist sehr empathische Menschen, die bei anderen schnell merken, wenn sie Hilfe brauchen.

Unter Angst und Panik zu leiden bedeutet nicht (!) keinen Mut zu haben! Wir stehen trotz Angst jeden Morgen auf, wir gehen trotz Panik einkaufen. Wir verlassen trotz Angst das Haus! Wir haben vielleicht Kinder, eine Arbeitsstelle, Menschen um die wir uns kümmern. Und das schaffen wir so oft.

Wir kämpfen jeden Tag mit Dingen, die für gesunde Menschen kein Problem sind und es gibt so viele Tage an denen wir das auch schaffen. Und genau das ist Mut! Und selbst das muss nicht immer funktionieren, trotzdem sind wir mutig! ️

Da ist es unbedingt angebracht, Mitgefühl zu haben, wenn es uns mal nicht so gut geht, wenn mal gar nichts mehr geht! ️ Wir müssen ganz andere Dinge leisten als viele Menschen, die uns oft sagen hab doch einfach weniger Angst!




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Dr. Christina Wiesemann
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