Ich bin männlich, 31 Jahre alt und leide seit Ende Juni unter Panikattacken.
Wie es dazu kam? Erzähl ich euch gleich.
Vorweg möchte ich erstmal sagen, dass es für mich sozusagen ein Segen ist, dieses Forum gefunden zu haben. Wenn ich mir hier die vielen Beiträge durchlese, kann ich mich so oft selbst wieder erkennen. Teilweise als würde mir jemand einen Spiegel vorhalten.
Nun zu mir und meinem Werdegang. Das erste Viertel diesen Jahres war für mich die emotionale und psychische Hilfe. Eine Massenvernichtungswaffe, die meine kleine heile Welt fast vollständig in Schutt und Asche gelegt hat. Ich habe vor 2 Jahren die Liebe meines Lebens geheiratet. Alles schien perfekt, wir waren glücklich und nichts und niemand, dachten und schworen wir, war in der Lage dies zu ändern. Doch irgendwann kam ein Punkt, an dem wir beide zu scheitern drohten. Die Kommunikation wies erhebliche Lücken auf und unsere Ehe schien am Ende. Plötzlich war eine dritte Person im Spiel und ich kämpfte wie besessen um meine Frau und alles was wir uns aufgebaut und erarbeitet hatten. Ich war psychisch in dieser Zeit schwer angeschlagen aber der Kampf war gewonnen, das war alles was zählte. Am 17. April war der Tag an dem wir uns zusammenrauften und alles wieder war wie früher. Die seelischen Wunden waren vergessen und verdrängt. Das sollte sich noch als Fehler erweisen. Psychisch angeschlagen aber glücklich die Ehe gerettet zu haben...
Mitte Juni bekam ich die traurige Nachricht vom Tod meines Groß-Cousins. Er war gerade einmal 29 Jahre alt und hatte den Kampf gegen die Alk. verloren. Bevor er erkrankt war, hatten wir ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis. Wir unternahmen viel und hatten Spaß mit der ganzen Clique. Er war ein toller Kerl, hilfsbereit, sympathisch, fast immer gut drauf. Die Nachricht über seinen Tod traf mich mit voller Wucht. Ein homogenes Brett voll an den Kopf würde ich sagen.
Ab diesem Zeitpunkt fing bei mir alles an. Das erste Symptom war der Tinnitus. Ich schleppe schon seit meinem 15. Lebensjahr einen Piepton mit mir herum und dachte mir nix dabei. Es war normal, dass es mal lauter wurde. Geht auch wieder weg dachte ich. Kaum eine Woche später, massive Rücken und Nackenprobleme. Hatte ich auch schon einmal vor 4 Jahren. Geht wieder weg dachte ich. Kurz darauf Schwindel. Klar, von den Nackenschmerzen - dachte ich. Nichts davon ging wieder weg... Am Tag der Beerdigung, abends im Bett, die erste Panikattacke. Herzrasen, Schwindel, Zittern. Ich wußte natürlich nicht, dass dies eine Panikattacke ist. Aber ich wußte, dass ich das nie wieder erleben wollte. Das Rad begann sich zu drehen. Angst vor der Angst. Angst, etwas am Herz zu haben. Ein Besuch in der Notaufnahme mit dem Befund: Kreislaufstabiler Patient. Top-EKG-Werte, Top-Blutdruckwerte, Top-Blutzuckerwerte. Eine G26 Untersuchung, die ich für die Feuerwehr machte, brachte ebenso gute Werte hervor. O-Ton Arzt: es könnte kaum besser sein.
Was zur Hölle war also los?!
Nach einigen Recherchen also die Gewissheit - Panikattacke. Die Attacken kommen bei mir meistens auf der Arbeit oder in Räumen mit vielen Menschen. Vor 2 Wochen sind wir in den Urlaub geflogen. Ich wußte, dass wir den Urlaub nötig hatten nach unserer Krise. Gleichzeitig aber hatte ich Angst. Was wenn ich eine Attacke im Flieger oder im Urlaub bekomme? Horror! Wir saßen im Flieger - ratet mal! Wir waren noch nicht gestartet, Panikattacke! Dann allerdings einige Tage wirklich Urlaub und Entspannung. Letzten Samstag waren wir dann mit dem Bus auf dem Rückweg zum Hotel. Und aus heiterem Himmel - ratet mal! Jup, die Panik bließ zur Attacke. Es war bisher die schlimmste von allen. Ich dachte wirklich, jetzt ist es vorbei. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, heftig, unglaublich schnell, mit Druck auf dem Brustkorb, Atemnot, taube Hände und kribbeln im Hinterkopf. Ich wollte nur noch raus. Nach 2 Minuten alles vorbei. Das seltsame war, dass ich nach dieser Attacke das Gefühl hatte, stärker geworden zu sein. Denn ich hatte jetzt die Bestätigung, es kann dir nichts anhaben. Es haut dich nicht um. Es ist alles nur in deinem Hirn...
Vorgestern dann Rückflug. Mir ging's gut während der Wartezeit im Hotel. Der Flughafentransferbus fährt vor - und ihr werdet es nicht glauben, Panik. Diesmal bin ich ruhig geblieben und hab die Angst innerlich mit den Worten Verpiss dich Angst, du kannst mir nix begrüßt. Und plötzlich hab ich gemerkt, dass ich es kontrollieren kann. Es hat zwar die ganze Busfahrt gedauert aber ich wurde immer mehr Herr der Lage. Als wir am Flughafen waren, hatte ich die Angst bezwungen. Dann war da aber wieder der Flieger. Und ratet mal! Diesmal kam sie nicht. Sie hat es zwar versucht aber nicht geschafft. Es geht mir die Tage ziemlich gut aber ich möchte trotzdem endlich noch den Schritt zu professioneller Hilfe wagen.
Das war's dann mal in der Kurzfassung.
Danke für's Lesen falls es einer bis zum Schluß getan hat.
Und an alle Panikpatienten da draußen - Angst ist kontrollierbar. Ihr könnt sie kontrollieren. Ich hab es auch geschafft. Das Leben ist zu schön um sich von ihr ans Bein pinkeln zu lassen.
Wünsch euch allen alles Gute!
01.10.2013 23:58 • • 20.01.2014 x 3 #1