Zitat von krümel:welche / wie viele therapien habt ihr gemacht? (stationär oder ambulant)
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Zitat von krümel:welche erfahrungen habt ihr dabei gemacht? (kurzfristige/langfristige erfolge? Schwierigkeiten?)
Unmittelbar nach Auftreten meiner Agoraphobie vor fast 18 Jahren habe ich einige Therapiestunden bei meiner damaligen Gynäkologin (mit Zusatzausbildung Psychotherapie) gehabt. Eher tiefenpsychologisch fundiert, zumindest von ihr so beabsichtigt. Das hat gar nichts gebracht, höchstens den Familienfrieden gestört. Wegen ihrer mangelnden Qualifikation habe ich diesen Versuch nach wenigen Wochen abgebrochen.
Dann habe ich sofort eine Verhaltenstherapie angefangen, die auch sehr schnell gegriffen hat. Meine Symptome waren Angst davor, allein das Haus zu verlassen, Auto fahren (als Fahrerin) ging auch in Begleitung nicht. Ich hatte Angst, ohnmächtig zu werden oder die Kontrolle über mich zu verlieren. Ich habe aber kaum jemals unter besonderen, körperlich empfundenen Panikattacken gelitten, es war immer viel mehr agoraphobische Erwartungsangst. Meine Symptome wurden in der VT mit Konfrontation bearbeitet, so dass ich mich nach wenigen Wochen trotz weiter bestehender und täglich zu überwindender Erwartungsängste wieder normal im Alltag bewegte. Leider setzte mich die Therapeutin aber auch sehr unter Druck, alles zu machen und noch viel mehr. Nach kurzer Zeit konnte ich nicht mehr unterscheiden, ob ich mich vor einer AKtivität sträubte, weil sie unnötig war, ich körperlich krank war oder ich einfach nur Angst hatte. Eine Konfrontationsübung nicht zu machen, galt als ultimative Katastrophe, die ein Scheitern der Therapie oder eine Verschlimmerung der Erkrankung zur Folge haben würde. Damit ging es mir - vom Empfinden und der Stimmung her - immer schlechter. Die Ängste verschoben sich, für eine überwundene dachte ich mir quasi zwei neue aus, außerdem entwickelte ich Zwänge. Erst waren nur die Konfrontationsübungen zwanghaft, dann uferte es aus. Nach zwei Jahren Quälerei dann eine Art Zusammenbruch, bei dem die Therapeutin mir sagte, wenn ich nicht allein durch die Stadt zu ihr fahren würde, sei die Therapie beendet, dann könne sie nichts mehr für mich tun. Meine Symptome zum Ende der Therapie: nicht allein raus gehen, nicht allein zuhause bleiben, am besten nie ohne meine Mutter sein, umfangreiche Zwangsrituale.
In einer Beratungsstelle wurde mir dann eine Psychoanalyse empfohlen. Weil aber alle Analytiker auf lange Sicht ausgebucht waren, ging ich zu einer Anfängerin, die mir aber empfohlen worden war. Anfängerin heißt, dass sie zwar schon 'ne Weile Psychotherapeutin mit Fachkunde Tiefenpsychologie war, aber eben noch keine Psychoanalytikerin. Da war ich vier Jahre - ohne Besserung. Wenn ich nachfragte, wieso sich so wenig tut, wurde ich darauf verwiesen, dass manche Analysen eben sehr lange Zeit brauchen, v.a. wenn man sehr verfestigte Strukturen aufbrechen muss. Kurz: Die Therapeutin hielt mich für ziemlich schwer gestört.
Nach vier Jahren war ich mit meiner Familie so zerstritten, dass ich in eine Klinik musste, sie hätten mich sonst rausgeschmissen. Auf Anraten meiner Therapeutin ging ich in eine tiefenpsychologisch arbeitende Klinik und blieb dort über sechs Monate. Das war - abgesehen von der Unterbringung im Drei-Bett-Zimmer - durchaus erholsam, brachte therapeutisch aber nichts. Trotzdem habe ich mit Unterstützung anderer Patienten selbst wieder mit Konfrontationsübungen angefangen. So habe ich die Agoraphobie dann teilweise mit restlichen Zwängen weiterhin kompensiert, teilweise aber auch richtig überwunden. Was die Agoraphobie betrifft, war ich praktisch symptomfrei, was gut sechs Jahre anhielt.
Vor einigen Jahren hatte ich dann wieder einen schweren Rückfall, ausgelöst durch eine extreme Zunahme der Zwänge in einer langanhaltenden Stresssituation. Inzwischen bin ich wieder in tiefenpsychologischer Behandlung, diesmal bei einer fähigen Therapeutin. Erstmals wird klar, woran es bei mir liegt, welche Funktion die Ängste haben. Und erstmals werde ich von meiner Therapeutin nicht in eine bestimmte Richtung gedrängt. Trotzdem war ich in letzter Zeit ganz schön depressiv geworden, so dass ich zur Zeit ein Antidepressivum nehme. Ich werde voraussichtlich auch einen verhaltenstherapeutischen Klinikaufenthalt brauchen, um wieder richtig auf die Beine zu kommen.
Liebe Grüße
Christina