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Zitat von Rotbuche:
@Reconquista Dankeschön für diese ausführliche Nachricht! Das ist wahrscheinlich eh das verrückteste, dass man an sich gesund ist, aber es sich absolut nicht danach anfühlt. Bei mir ist das große Problem, dass diese Attacken/Phasen sich so schlimm anfühlen, dass ich Angst vor ihnen habe. Das ist ungünstig, ...

Lieber Rotbuche,
deine Fragen beantworte ich gerne aus meiner Erfahrung:
1. Du gibst selbst die Antwort in der Frage. Die Panikattacke ist kurz, das Unwohl kann lange andauern. Es ist nicht mechanisch und klar abgrenzbar, Panik, Angst, Ängstlichkeit, Unwohlsein, Motivationslosigkeit, negative Gedanken, Depressive Stimmung, all das geht ineinander über und dazu kommen unterschiedliche Schweregrade. Durch körperliche Aktivität wird es so gut wie immer schnell besser, denn wir sind Körperwesen, keine Gehirne in Nährsubstahz, angeschlossen an Computer Du kannst auf dein Gefühl vertrauen und am besten nimmst du Panik, Angst und Unwohlsein an. Also: Akzeptieren. Sie haben Auslöser in der Gegenwart und ihren Grund in der Vergangenheit. Durch das Akzeptieren werden sie kleiner und durch Angst vor ihnen werden sie größer.
2. Nein, überhaupt nicht. Ich bin sicher, dass du eine Prüfung gut durchführen kannst. Angst und Aufgeregtsein vor einer Prüfung sind völlig normal und gesund, der Körper bereitet sich auf höchste Konzentration und Leistung vor. Je besser man vorbereitet ist, desto einfacher wird die Prüfung. Der Körper funktioniert viel besser als wir denken. Und darauf kann man sich verlassen.
3. Das ist egal, mache die, bei der du fühlst, dass du innerlich Stück für Stück etwas ruhiger wirst und dich wohler fühlst. Es ist eine Gefühlssache, keine der Zahlen. Die Zahlen sollen nur ungefähr einen Anhaltspunkt geben, denn viele Menschen atmen extrem flach und schnell. Schon wenn du bewusst langsamer atmest, das wären plusminus acht Atemzüge ein und aus pro Minute, wirst du ruhiger. Nicht verkrampft, sondern entspannt und in deinem eigenen langsamen Rhythmus (jede Lunge ist anders, kleiner, größer, jeder Körper ist anders). Dabei darf sich der Buch oberhalb des Nabels vergrößern, je weiter unten die Atmung stattfindet und nicht nur oben im Brustkorb, desto beruhigender. Wenn du dich damit wohlfühlst, kannst du darauf achten, länger aus- als einzuatmen, das gibt noch mehr innere Ruhe. Wenn du dich damit wohlfühlst, kannst du nach dem Ausatmen eine Pause machen bevor du wieder einatmest, das bringt noch mehr Ruhe. Für das Nervensystem bedeutet das: „es ist alles okay, wir sind hier in Sicherheit und in guten Händen, unser Chef (das bist du) beruhigt sich gerade selbst, das ist sehr angenehm“. Es gibt keine „richtige“ Länge für dieses Atmen. Es soll entspannt gemacht werden, nicht angestrengt (ein Kunststück, wenn man aufgeregt ist, das ist dann eben die Kunst, sie funktioniert). Menschen, die angstfrei und entspannt sind, atmen immer so. Man kann immer entspannt und angstfrei atmen, wenn man will.
Schönen Pfingstmonat

Zitat von Rotbuche:
Wahrscheinlich würde sich alles bessern, wenn ich genau weiß, wie es zu diesen Attacken kommt, sodass ich sie besser verhindern kann, oder ich Mittel und Wege habe, die Attacken abzuschwächen oder gar zu stoppen.

Im Grunde ist das nicht sehr kompliziert dies zu verstehen. Nur wird es in Therapien nicht erklärt.
Unterbewusstes Denken und damit auch Ängste, kann sich sehr leicht hochschaukeln, wenn Du nicht
mit bewusstem, langsamen Denken, dazwischen gehst.

Ich füge Dir hier mal einen Link zu einem Beitrag von mir ein.
Vielleicht erklärt Dir das einen Teil Deiner Fragen.

agoraphobie-panikattacken-f4/gedankenkarussell-stoppen-tipps-wie-man-es-schafft-t123286.html#p3090546

A


Stundenlange Attacken, in denen alles zu viel ist

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@Reconquista Erstmal danke für die erneut sehr ausführliche Antwort und dir auch einen schönen Pfingstmontag!

zu 1.: Das versteh ich.
Ich muss gestehen, dass ich auch nicht das Gefühl habe, dass es eine richtige Panikattacke ist. Ja, es schaukelt sich was hoch, aber in aller Regel hab ich dann diese längere Phase, in der mir alles zu viel erscheint und ich egal, was ich mache, nicht gut fühle. Irgendwann kommt dann so ne Erschöpfung, dann geht es langsam weg. Für den Rest des Tages finde ich dann aber trotzdem vieles recht anstrengend (z. B. Spazieren gehen oder Autofahren).

Zitat von Reconquista:
Durch körperliche Aktivität wird es so gut wie immer schnell besser

Deswegen bin ich umso erstaunter über diesen Satz. Aber du hattest ja schon davon geschrieben, dass du mal ne Attacke durch Tanzen/Trampolinspringen wegbekommen hast. Ich selbst empfinde während der Attacken auch jede Bewegung als anstrengend...


zu 2.: Beruhigend, denn heute kam trotz der Anspannung bisher nichts an neuer Attacke dazu, obwohl der Tag ja dazu prädestiniert ist... Es ist gut, dass nicht jede Aufregung/Unruhe in so schlimme Zustände ausartet.

zu 3.: OK, danke, das hilft mir. Wenn man immer nur so Zahlenwerte sieht, die teils voneinander deutlich abweichen, irritiert das etwas.

@Hotin Ehrlicherweise hab ich das Gefühl, dass ich das mit dem Hochschaukeln ziemlich gut beherrsche - leider. Jüngst, als meine Migräne wieder stärker wurde (ich habe sie zeitweise chronisch), hab ich mir sehr viele Gedanken gemacht, warum es mir dauernd nicht gut geht. Und irgendwie ist in diesem Zusammenhang dann diese andere Attacke entstanden, dass mir alles zu viel geworden ist.
Weißt du, Angst macht mir, dass es mich so komplett einnimmt. Ich kann nicht mal was Anderes machen und es wird besser, sondern ich fühl mich dann durchgehend für ein paar Stunden richtig richtig schlecht. So, dass ich sehr mutlos bin und ziemlich negativ denke. Wenn die Attacke vorüber ist, bessert sich mein Zustand wieder, aber durch die häufige Frequenz zuletzt bin ich in den Phasen ohne Attacken trotzdem sehr aufgerieben...

Danke für den Link! Ich hab schon mal reingeschaut, muss ihn mir aber in Ruhe anschauen.

Zitat von Rotbuche:
Wenn die Attacke vorüber ist, bessert sich mein Zustand wieder, aber durch die häufige Frequenz zuletzt bin ich in den Phasen ohne Attacken trotzdem sehr aufgerieben...

Dein Ziel sollte ja nicht sein, eine laufende Angstattacke abzuschwächen.
Dein Ziel sollte werden. Gar nicht erst in eine Angstattacke hineinzukommen.
Wenn eine Angstattacke bereits läuft, kannst Du so etwas kaum noch stoppen.
Sie bekommt dann eine Art Eigendynamik.
Vermutlich bist Du deswegen auch danach so erschöpft.

Zitat von Hotin:
Dein Ziel sollte werden. Gar nicht erst in eine Angstattacke hineinzukommen.

Das ist wahr. Klingt momentan noch nach einem sehr fernen Ziel, aber ist hoffentlich eines, das ich auch erreichen kann.


Zitat von Hotin:
Sie bekommt dann eine Art Eigendynamik.

Das kannst du laut sagen. Und mir gelingt es nicht, sie irgendwie abzumildern.
Dass ich dann erschöpft bin, hatte mich zunächst auf die Idee gebracht, dass es was mit der Migräne zu tun haben könnte, aber dem ist wohl nicht so. Zumindest ist die Erklärung als Angstattacke passender und scheinbar nimmt mich so ne Attacke dann so mit, dass ich danach erschöpft bin. So was kenn ich auch von etwas panischeren Attacken, die ich mal hatte. Da war ich nach der halben Stunde, die die ganz schlimm war, teils total erschöpft.




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Dr. Christina Wiesemann
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