Hallo im Aufwind, hallo Aladin,
genau das ist der Knackpunkt. Du weißt es, aber dein Unterbewußtsein nicht. Alle niederen Instinkte wie auch die Angst haben ihren Ursprung sehr sehr tief im Gehirn. Wie bei den Tieren die ein ähnliches Nervensystem haben wie wir (dazu zähle ich übrigens auch Schweine). Sie empfinden Ängste genauso wie wir. Ihnen wird dies nur nicht bewußt.
Wusstest du das unser Gehirn im Kern den Gehirnen von Reptilien gleicht ? Bei uns ist in den Millionen Jahren einfach gesagt nur der Neocortex drum gewachsen. Uns werden alle diese Zustände damit bewußt. Wir wissen was Tod ist, was es für angsteinflößende Krankheiten gibt, das wir Ängste haben, können in die Zukunft und in die Vergangenheit denken usw. Wir haben leider nur keinen richtigen Zugriff auf dieses tiefe Innere (das ist übrigens auch gut so, sonst würden wir vielleicht mit unseren Gedanken primäre Körperfunktionen unbrauchbar machen). Hypnose, positive Gedanken, Psychotherapie, Entspannungsübungen etc. alles kratzt nur an der Oberfläche. Ich streite nicht ab dass es hilft. Im Gegenteil ich rate sogar dazu. Aber es ist wie der stete Tropfen der den Stein höhlt, es braucht viel Zeit und reicht allein nicht aus. Psychotherapie z.B. ist wie der Verband der die Blutung der Wunde zum Stoppen bringt. Heilen muß sie von innen, ganz genauso wie die verschobene Hirnchemie.
Mit Heilen ist das Runterfahren des von mir beschriebenen innerlichen nervlichen Zustandes gemeint und damit das Normalisieren der biochemischen Vorgänge im Gehirn. Das geht nur langsam. Habt ihr mal SPECT-Aufnahmen von angst- oder depressiv erkrankten Menschen gesehen (SPECT - single photon emission computed tomography) ?. Man kann überhitzte Stoffwechselvorgänge im Gehirn sichtbar machen. Diese Bereiche sind vermehrt bei solchen Patienten zu finden und die beruhigen sich nicht von heut auf morgen.
Der Vergleich mit der Wunde ist natürlich gewagt. Oft entwickelt sich dieser Zustand langsam, teilweise über Jahre. Es gibt aber auch Situationen in denen der Zustand recht schnell eintreten kann z.B. bei einem Trauma. Aber auch hier gibt es keine Regel. Traumata können sogar ein halbes Jahr nach dem belastenden Ereignis auftreten. Hier könnte man aber mutmaßen dass die Belastung erst dann zu groß wurde und der innere nervliche Zustand dann seine Grenze erreicht hatte.
im Aufwind wenn du nachts mit Todesangst aufwachst ist all mein Gerede nichts wert. Da ist nichts mit umsetzen. Das kann niemand, also mache dir keine Vorwürfe. Das ist so, als wenn ich jemandem ein angstmachendes Mittel intravenös verabreiche und dann sage So, versuche jetzt mal ganz entspannt zu bleiben. Aussichtslos. Er wird trotz aller Versicherungen höllische existentielle Ängste bekommen. Die Vorgänge im Gehirn sind vorrübergehend verschoben, die sogenannte HPA-Achse ist extrem stimuliert. Oftmals setzt nach solchen Todesängsten, wie du sie hast, eine reaktive Depression ein (wegen der verschobenen Hirnchemie) und die Gedanken kreisen: Was hab ich ? Das ist nicht die Psyche. Was sind die Ursachen ? Wie lange kann mein Körper das noch durchhalten usw.? Gut möglich dass man morgens völlig k.o. ist und sich im Laufe des Tages stabilisiert. Es geht zum Abend wieder gut. Und dann muß man auch schon wieder ins Bett. Erst mit der Distanz zu diesen Ereignissen kannst du die Zusammenhänge erkennen. Du schwankts dann wahrscheinlich zwischen diesen sorgenvollen, angstbehafteten, aussichtslosen Zukunftsperspektiven am Morgen und den Zuständen von Erkenntnis und damit verbundener Hoffnung am Abend. Bleibe positiv, kämpfe ! Immer wieder neu. Jeden Tag. Analysiere was die Ursachen sein könnten! Im Schlaf wird das Erlebte verarbeitet. Bei dir stößt dies immer wieder an Grenzen. Du kannst es nicht verarbeiten. Jeder Versuch führt zu einer zu großen Belastung deines Nervensystems und du wirst wach. Ich kenne deine Geschichte nicht. Daher kann ich mich mit Prognosen nur aus dem Fenster lehnen. Aber nehmen wir mal an es ist wie bei den meisten nichts Organisches, sondern die Problematik der fehlenden Verarbeitung belastender Umstände oder Ereignisse. Beim Trauma wird das nächtliche Erwachen mit Todesangst meistens getriggert durch einen Traum. Genauso wie das Ereignis zu viel für jemand war als es geschah, bleibt es auch im Schlaf zu viel. Ich meine wirklich zu viel. Wer so etwas erlebt hat, weiß was ich meine. Dann kann es aber auch sein, dass du ohne Traum dieses Erwachen haben kannst. Die Traumebene liegt darüber. Du träumst vielleicht sogar etwas Schönes und dennoch plötzlich überschäumt dein Nervensystem und das Desaster ist wieder da und du wirst mit Todesangst wach. Das kommt dann von einer tieferen Ebene. Möglich macht dies aber nur der von mir beschriebene innere nervliche Zustand, dessen Potential zu hoch ist. Bei jeder weiteren Belastung überschreitest du die Grenze, auch nachts. Dies äußert sich in einer Symptomatik. Das Potential wird jede Nacht erneut angehoben, nachdem es sich am Tage leicht beruhigt hat.
Der Ausbruch aus diesem Teufelskreis gelingt eher selten plötzlich so wie der Begriff es suggeriert. Es passiert allmählich und nicht an der Baustelle nächtliche Todesangst, sondern durch körpereigene Vorgänge. Die müssen von dir unterstützt werden durch oben genannte Möglichkeiten wie Entspannungsübungen, ggf. Psychotherapie, Sport, Vermeidung von nervlichen Belastungen, vernünftige Ernährung, Ablenkung und in schwierigen Fällen auch Psychopharmaka. Ich möchte hier Sport hervorheben (min. 30 min. täglich). Ich weiß, oft machen einem die Ängste einen Strich durch die Rechnung. Ich trau mich doch nicht raus oder das Herz poltert oder man hat eine Antriebsschwäche wegen der Depressionen die sehr eng mit der Angst korrelieren, oder, oder .....
Ich habe den Mechanismus noch nicht verstanden, aber die Bewegung senkt den inneren nervlichen Zustand. Das ist keine neue Weisheit. Das man sich anschließend wohl fühlt, weil Endorphine ausgeschüttet werden ist bekannt, aber das meine ich nicht. Versuche dahin zu kommen. Fange sachte an und steigere dich. Auch Sport ist Erregung für dein Nervensystem, aber der nachhaltige Effekt zählt.