Mein Name ist Sue, ich bin 43, alleinerziehend, habe einen fabelhaft geratenen 15 jährigen Sohn. Aktuell ist bei mir alles in bester Ordnung, besser lief es nie. Geld stimmt, Arbeit macht Spaß, allen geht es gut, ich habe liebe Freunde und mein Sohn und ich sind ein tolles Team.
Ich leide unter SD-Unterfunktion, die aktuell nicht behandelt ist (lange Geschichte, aber Termin im Okt)
Ebenfalls muss ich wohl, und hier sehe ich auch die Ursache, noch dazu sagen, dass ich (psychisches) Opfer des Attentates vom Berliner Weihnachtsmarkt bin; hier auch in Behandlung war und auch ein Gutachten über eine psychische Störung erstellt wurde.
Das letzte Jahr lief gut. Das Jahr nach dem Anschlag hatte ich ständig das Gefühl, ich bekäme einen Herzinfarkt. Oder es läge ein Stein auf meiner Brust. Diverse Untersuchungen liefen natürlich ins Leere, nach den Feiertagen und ein paar Sitzungen beim Krisenzentrum für die Opfer ging es mir auch wieder gut.
Bahnfahren, was ich täglich mache, war nie ein Problem. NIE!
Nun waren wir dieses Jahr in den USA. Alles schön. Es ging mir nie besser. Wir kamen zurück und ich hatte die ganze Zeit ein Unwohlsein. Das habe ich anfangs auf den jet-lag (9 h Unterschied) geschoben. Dazu kamen wässrige Durchfälle. Die kamen und gingen.
Es ging dann irgendwann damit los, dass ich (und nur morgens!) in der Bahn das Gefühl hatte, ich hätte Durchfall. Den hatte ich dann meist auch, hab es immer noch irgend wie in die Firma geschafft. Aber wirklich mit A++-zusammenkneifen, wenn ich das mal so sagen darf.
Vor drei Wochen kam gleiches Gefühl wieder, diesmal gepaart mit dem Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden. Meine Hände wurden taub, alles fing an zu kribbeln. Ich hab mich dann zitternd aus der Bahn ins nächste Hotel geschleppt und dort erstmal die Toilette belagert, habe im Foyer 2 h gesessen und mir dann ein Taxi gerufen, weil eine Weiterfahrt mit der Bahn nicht möglich war. Ich bin dann nach Hause, alles gut. Nächsten Tag in die Firma, alles gut.
Am folgenden Montag das gleiche wieder. Nur, dass ich diesmal nicht mal weit gekommen bin mit der Bahn. Bin direkt umgekehrt und zum Arzt. Die hat mich eine Woche krank geschrieben, alle Tests (Blut, Stuhl) unauffällig. Überweisung zum Orthopäden. Termin steht noch aus.
Gut, diesen Dienstag sollte ich dann wieder arbeiten gehen. In der Woche zu Hause alles ok. Ich bin in der Zeit allerdings nicht mit der Bahn gefahren (nur mit Taxi, alles gut) Ich hab es nicht mal auf den Bahnhof geschafft. Auf den Treppen versagten meine Beine. Also ich mir ein Taxi in die Firma gerufen. Fahrt gut, Arbeit gut, Rückfahrt mit der Bahn hervorragend.
Die Situation wiederholte sich dann vorgestern.
Gestern bekam ich die Panickattacken dann auch im Taxi. Ebenfalls auf der Rückfahrt in der Bahn.
Heute habe ich meine Ma mit an den Bahnhof genommen. Als mentale Unterstützung quasi. Ich habe eine Stunde gebraucht, um überhaupt die Wohnung zu verlassen, noch eine Stunde auf dem Bahnhof, um festzustellen, dass ich nicht in die Bahn steigen kann.
Und jetzt sitze ich hier... habe der Angstambulanz in einem großen KH auf den AB gesprochen... und weiß nicht mehr weiter.
Ich weiß nicht, woher das auf einmal kommt. Wenn ich morgens aufstehe ist alles ok. Ich habe zwar ein Unwohlsein, also ich fühle mich nicht ganz fit, aber ich meistere den Morgen. Sobald mein Sohn aus dem Haus ist, mache ich mich für den Tag fertig. Und dann fängt es an. Ich merke es im Magen, es ist ein Gefühl wie große Aufregung. Sobald ich draußen bin, kann ich kaum die Spur halten, habe einen Drall nach rechts, kann Punkte nicht fixieren, je näher ich dem Bahnhof komme, desto schlechter geht es mir. Ich fang dann an zu zittern, wie gesagt die Hände werden taub.
Alles ist ohne Befund. Blut, Stuhl. Augen sind in Ordnung (trage Brille) EKG ohne Befund. Beim HNO war ich schon, hier stundenlage Test zwecks Innenohr wegen Drehschwindel. Nichts.
Ich gehe gerne arbeiten, ich mag meine Arbeit und meine Kollegen. Was soll ich bloß machen? Bis man einen Termin beim Psychologen bekommt, vergehen doch Wochen. Soll ich mich jetzt wochenlang krankschreiben lassen? Ich komme ja nicht mal in die Nähe der Firma (Laufen und Fahrrad keine Option, zu weit weg und ein Auto habe ich nicht) Jeden Tag Taxi geht ordentlich ins Geld. Und damit löse ich ja das Problem nicht.
Wir wollen am WE (also meine Eltern und ich) mal das Experiment machen, dass ich mal woanders mit der Bahn hinfahre, bisher war es immer nur der Arbeitsweg. Also ob sich da im Kopf irgendwas abspielt im Sinne von passiert nur, wenn ich in die Arbeit fahre oder ob ich das tatsächlich immer habe.
Ich habe vorhin schon so viel geheult, ich komme mir so bescheuert vor und vor allem habe ich Angst, dass man mir nicht helfen kann. Ich habe hier schon so viel gelesen von anderen Usern. So traurig das ist, es ist für einen immer beruhigend, wenn man sieht, ja ok, du bist nicht alleine damit. Aber ich kann doch jetzt hier nicht jahreland zu Hause hocken? Was kommt denn als nächstes, dass ich keinen Supermarkt mehr betreten kann?
In der Firma sind Gott sei Dank alle sehr entspannt. Mir macht keiner Vorwürfe, alle helfen mir, ist für alle auch in Ordnung, dass ich jetzt wieder ausfalle.
Vielleicht hat jemand ähnliches erlebt, mich würden eure Geschichten vielleicht sogar Erfolge und Tipps sehr interessieren.
Liebe Grüße und Danke fürs Lesen
28.09.2018 12:01 • • 06.10.2018 #1