Müdigkeit psychisch oder doch körperlich ?
Hallo, kurz zu mir. Ich bin 20, männlich und Student.
Alles fing gegen Ende 2017 an, als ich noch in der 12. Klasse war. Ich war immer sehr müde und erschöpft. Die Diagnose beim Hausarzt war Schilddrüsenunterfunktion. Ich war erleichtert, dass es nicht schlimmes sei und es mit den Tabletten besser werden würde. Doch das tat es nicht. Bei jeder Dosis-Erhöhung hatte ich die Hoffnung, es würde endlich was bringen, doch die Müdigkeit ließ nicht nach. Da fing es an, dass ich mich viel mit meinen Symptomen beschäftigte und viel danach googelte (was man eigentlich nicht machen sollte, ich weiß).
Ich war sehr schüchtern und fühlte mich in großen Gruppen immer sehr unwohl. Ich bin kein Experte, aber ich würde behaupten ich hatte eine Soziale Phobie. Deswegen fing ich nach meinem Abitur ein Soziales Jahr im Krankenhaus an, um etwas dagegen zu tun und erstmal Abstand von dem ganzen Lernstress zu bekommen, doch es blieb nicht bei der Müdigkeit. Ich bekam immer so ein Benommenheitsgefühl, wie als wäre ich nicht ganz da im Kopf. Gleichzeitig war ich ziemlich unzufrieden mit der Arbeit im Krankenhaus. Es hatte zwar was gebracht, ich wurde selbstbewusster und konnte besser auf Menschen zugehen, doch die immer gleiche und eintönige Arbeit machte mir echt zu schaffen. Nicht dass ich diese Arbeit nicht schätze, aber als FSJler ist man in seinen Möglichkeiten halt ziemlich eingeschränkt, was die Abwechslung angeht.
Im Sommer 2019 war ich dann fertig mit dem Jahr, und hatte 2 Monate frei, bevor mein Studium (Informatik) begann. Jeder würde sich freuen so lange frei zu haben, doch ich fand das auch ziemlich belastend, da ich den ganzen Tag nicht wusste, was ich tun sollte. Mein Alltag bestand aus YouTube schauen, exzessiv am Smartphone zu hocken und zu zocken. Ich hatte jahrelang Online Freunde, mit denen ich mich gut verstand, doch kurz vor meinem Studium brach ich den Kontakt ab, da Abstand von Videospielen brauchte und wir uns nicht mehr so gut verstanden, wie wir es am Anfang taten.
Doch ich dachte, alles würde besser werden, wenn ich dann studiere, wegziehe und meine eigene Wohnung habe. Studieren ist ja bekanntlich die schönste Zeit, doch die Vorstellung von vielen Freunden, Freiheit und Partys sollte nur eine Vorstellung bleiben. Die Müdigkeit wurde schlimmer, die ersten Tage waren die Qual, denn ich hatte extrem Heimweh. Ich bemerkte, wie ich mich in großen Menschenmassen unwohl fühlte bspw. beim Einkaufen oder in der Bahn. Dort verschlimmern sich die Symptome, ich habe manchmal das Gefühl, gleich umzukippen, was ich aber nicht tue. Auch am Abend, wenn es dunkel ist, fühle ich mich unwohl und habe das Gefühl gar nichts mehr mitzukriegen. Ich würde gerne abends ausgehen, doch das kann ich einfach nicht, wenn ich dann immer so kaputt bin. Ich kann mir einfach nicht erklären, woher sowas kommt.
In der 2. Woche fand ich einen Freund. Wir verstanden uns gut. Vielleicht würde alles besser werden, denn er wollte mich seinen Freunden vorstellen zu einer Zocker Session, doch ich brachte fast kein Wort raus, das erinnerte mich wieder an meine Schulzeit, als ich in Gruppen immer nur dabeistand und nichts sagte. Ich bemerkte auch langsam, wie es mich stresste, Zeit mit ihm zu verbringen, denn ihm viel das Studium extrem schwer. Ich schickte ihm immer alle Lösungen und versuchte ihm, den Stoff zu erklären. Doch ich hatte das Gefühl, für ihn mitstudieren zu müssen. Zusätzlich belastete er mich immer mit seinen Problemen. Ich weiß, das macht Freundschaften aus, doch nicht, wenn das nur einseitig geschieht und mir es ersichtlich selber auch nicht gut ging. Gegen Ende des Semesters beschuldigte er mich dann, er sei mir egal, unter anderem weil ich ihm einmal nicht helfen konnte. Ich fühlte mich einfach so schlecht, es hat mich einfach nur verletzt und gekränkt, denn ich habe nichts falsch gemacht. Wir trafen uns zwar nochmal, um darüber zu reden, doch ich wusste, es würde das letzte mal sein, denn ich hatte ab da an null Interesse, nochmal Zeit mit ihm zu verbringen, er war mir egal geworden, so hart wie es klingt. Seitdem habe ich hier keine Kontakte.
Als ich merkte, dass es mir mit meinen Symptomen nicht besser wurde, ging ich zum Arzt. Dieser überwies mich zum Endokrinologen, der sich meine Schilddrüse anschaute - alles ok. Ich bekam auch neue Tabletten, doch auch diese brachten nichts. Vor kurzem ging ich erneut zu meinem Hausarzt, der bei mir zum 2. Mal einen Puls von über 100 feststellte. Er überwies mich nochmal zum Endokrinologen, der sich auch meine anderen Hormone anschauen soll außerhalb der Schilddrüse, und zum Kardiologen, wegen dem hohen Puls.
Doch mein Gefühl sagt mir, es wird nichts bringen bzw. wieder keine Diagnose festgestellt werden können. Können solche Symptome wirklich psychischen Ursprunges seien?
Ich habe das Gefühl, dass ich ganz tief im Inneren weinen will und mich irgendetwas beschäftigt. Zusätzlich bin ich bei jeder Kleinigkeit extrem gestresst z.B. beim Einkaufen. Ich wache immer sehr früh am morgen auf und träume oft von Dingen, die mich beschäftigen. Ich habe immer das Gefühl, kein bisschen geschlafen zu haben und bin schon am Morgen extrem müde. Außerdem strengt mich das Spielen am PC extrem an, ich bekomme immer sehr schnell müde Augen, doch auch Augenarzt und Optiker versicherten mir, alle Werte sind ok (ich trage Kontaktlinsen). Auch habe ich oft so ein unangenehmes Druckgefühl am Bauch und habe gelegentlich Durchfall (ca. alle 1-2 Wochen).
Andererseits ist es nicht so, dass ich den ganzen Tag depressiv bin und weine, im Gegenteil, ich möchte noch so viel erleben und endlich am Leben teilhaben können. Und ich bin mir nicht sicher, ob ein psychisches Problem solch ein Ausmaß haben kann.
Sollte ich vielleicht einen Psychotherapeuten aufsuchen, bevor ich mich vergeblich auf eine Odyssee von Arztbesuchen begebe und eh nichts dabei rauskommt oder sollte ich erstmal abwarten, was beide Fachärzte sagen. Doch ich halt es einfach nicht mehr aus und der Termin beim Kardiologen ist erst in 2 Monaten.
Meine größte Angst ist nicht, dass es vielleicht etwas psychisches ist, sondern dass ich mich in Therapie begebe und es im Endeffekt doch was körperliches ist, und die Sitzungen umsonst gewesen sind.
Was sagt ihr dazu?