Ein trotz allem fröhliches Hallo an alle ,
habe diesen Thread von vorne bis hinen durchgelesen, ja geradezu verschlungen. Erstaunlich zu sehen, dass es so spezifisch entsprechende Symptome bei so vielen anderen Menschen gibt. Auf der anderen Seite bin ich mir auch nicht sicher, ob das nun beruhigend oder aufwühlend auf mich wirkt. Es tut zumindest gut zu lesen, dass es wieder aufwärts gehen kann, und davon bin ich auch fest überzeugt.
Ich bin mir zwar nicht sicher, ob alles hier herein passt, aber es geht mir besser, wenn ich meinen Weg komplett aufschreiben darf. Eines vorweg: Ich bin mir darüber im Klaren, dass eine Verhaltens-/Gesprächstherapie dringend angeraten ist (meinte auch mein Hausarzt, mit dem ich darüber sprach, morgen habe ich die erste Sitzung) und habe ausserdem schon einige eigene Lösungs-/Verbesserungsansätze gefunden. Der erste ist wohl, wie auch schon früher in diesem Forum beschrieben, dass man es zwar so empfindet, aber sicher nichts über Nacht kommt. Unverarbeitetes staut sich auf und zeigt sich dann zB in Todesangst. Bei mir gibt es vor dem eigentlichen Auslöser, wie ich ihn lokalisiere (siehe unten), schon einige vorbereitende Meilensteine, als da wären der Krebstod meiner Mutter als ich 15 war, die Krebserkrankung meiner jüngeren Schwester (geheilt, Gott sei Dank), mein versautes Studium und frühere Patchworkprobleme nach der erneuten Heirat meines Vaters.
Meine unmittelbar auf die Todesangst bezogene Geschichte begann vor ca. zwei Monaten, nach dem intensivsten Sommer, den ich bis dahin wahrscheinlich in meinem Leben hatte. Dreieinhalb Monate Glückseligkeit mit einer wunderbaren Frau, die aber nur auf Zeit mit mir zusammen sein wollte, wie ich bald herausfand. Sie hatte seit zehn Jahren einen Freund. Bei mir allerdings war es anders, ich wollte Sie fest, und konnte mir nicht vorstellen, dass sich jemand so intensiv hingibt, wenn nicht mehr als beiläufiges Interesse vorhanden ist. Man muss psychologisch nicht besonders geschult sein, um hier eine Sinnkrise, einen Konflikt ausmachen zu können. Es gibt sicher einige Menschen, die so etwas erlebt haben.
Meine Position war die unterlegene, und dementsprechend geknickt ging ich einen Monat nach Ende dieses Abenteuers aus dem Sommer in den schon jahreszeitlich bedingt düstereren Herbst/Winter. Hinzu kam ein im Frühling erfolgter Wohnort/Arbeitsplatzwechsel und die Gewissheit, ausser dem intensiven, aber nun verlorenen Sommerkontakt ansonsten kein reichhaltiges Angebot an Ablenkung in Form von Freunden/Verwandten an meinem neuen Wohnort zu haben. Weitere Unsicherheiten wie Arbeitsplatz in Zeiten der Finanzkrise, Älterwerden und das Bewusstsein, sich zB durch Rauchen unnötigen Risiken auszusetzen, gaben wohl einen zusätzlichen Schub.
All das hat mir schließlich die Nerven geraubt, anders kann ich es gar nicht sagen, denn vorher, obwohl sicher vorhanden, gab es den Zustand permanenter Angst nicht in meinem Leben, immer nur ein kurzes Aufflackern, vielleicht schon eine aus o.g. Gründen beginnende Angststtörung. Aber ganz plötzlich, von einem Tag auf den anderen (ich weiss sogar noch das Datum, es war der 8. November), manifestierte sich jede jemals gefühlte Angst in einem Dauerzustand aus Todesangst und Panik. Zuerst hatte ich eine konkrete Phobie, jemand würde mich erschiessen, egal wo ich mich aufhalte. Ca. zwei Wochen später wandelte sich dieses in eine generelle Angst vor dem Tod und dem Verschwinden von dieser Erde. Als erste Reaktion und bekräftigt durch körperliche Beschwerden wie Atemnot hörte ich von heute auf morgen auf zu Rauchen. Das ist nun schon über 60 Tage her und ich spüre Verbesserungen, auch wenn der Entzug es zwischenzeitlich sehr hart gemacht hat. Trotzdem ist das ein willkommener Gegenpol zu meiner Angst, ständig gewesen.
Überhaupt rückte auf einmal vergessenes, nicht vollendetes in den Mittelpunkt meines Interesses, so dass ich zB wieder Klavierstunden nehme. Hört sich albern an, aber schon meine Mutter, und daran erinnere ich mich sehr gut, hat immer gesagt, sie bereue es, nach Ihrer Jugendzeit nicht weiter Klavier gespielt zu haben. Ich will es wieder.
Will überhaupt noch einige Dinge tun und erleben, und bin deshalb guten Mutes mithilfe der Therapie einige Erfolge zu erzielen. Wird sicher viel zur Sprache kommen, und wenn ich etwas in meinem Leben festgestellt habe, dann, dass mir das Schreiben definitiv hilft. Auch wenn ich Weihnachten als Hochphase meiner Ängste erlebt habe, hat es mir doch die Möglichkeit geboten, mich mit alten Freunden und meiner Familie über dieses Thema auszutauschen. Ausserdem habe ich das Neue Jahr als Ansporn genommen, mich besser zu fühlen.
Ist nun ein extrem langer Post geworden, hoffe ich langweile niemanden, aber mich interessieren Geschichten und Hintergründe, deshalb denke ich Euch vielleicht auch.
Es tut wahrlich gut zu wissen, dass viele ähnliche Sorgen haben. Mit Arbeit schaffen wir es, da raus zu kommen, und werden stärker sein als jemals zuvor. Glaubt an Euch!
07.01.2009 18:22 •
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