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Hallo,

ich leide seit vielen Jahren an einer Angststörung, die mal besser, mal schlechter war. Jetzt haben mein Mann und ich vor 4 Monaten einen Hund aus dem Tierschutz aufgenommen (wir hatten vorher 15 Jahre lang einen Hund, der sehr pflegeleicht war). Sie ist ein sehr unsicherer Hund, war anfangs draußen schnell in Panik, knurrt/bellt aus Unsicherheit Menschen an. Einige Dinge sind schon viel besser geworden. Allerdings: Ich war von Anfang an die meiste Zeit angespannt, weil ich Angst hatte/habe etwas falsch zu machen, was dann ungeahnte Konsequenzen haben könnte. Sie braucht einen sicheren Rudelführer - ich mit meiner Angst bin das leider nicht. Mein Mann ist sehr souverän im Umgang mit ihr und kommt besser mit ihr klar. Aktuell üben wir das Alleinbleiben, was leider nicht besonders gut klappt. Ich arbeite zu Hause und verbringe somit den ganzen Tag mit ihr. Sie beobachtet mich eh den ganzen Tag/läuft mir oft hinterher, was für noch mehr Anspannung bei mir sorgt. Wenn ich rausgehe bin ich auch immer sehr angespannt, weil sie laut einem Hundetherapeuten zu Trennungsangst tendiert und sie die meiste Zeit, wenn ich draußen bin, unruhig ist (wir haben eine Kamera). Ich hatte selbst seit einiger Zeit keine Panikattacken mehr draußen, jetzt sind sie wieder da, weil ich draußen bzw. wenn ich es denn schaffe, irgendwohin zu gehen, ständig angespannt bin und mir Sorgen mache, dass sie vielleicht nie wirklich alleine bleiben kann und ich weiterhin so eingeschränkt bin wie jetzt (ich kann momentan nur für ca. 30 Minuten schnell einkaufen gehen).

Ich denke inzwischen schon darüber nach, sie abzugeben, aber eigentlich will ich das nicht. Hat vielleicht jemand einen Rat?

Danke und liebe Grüße!

11.12.2019 12:14 • 12.12.2019 #1


13 Antworten ↓


Es gibt viele Fernsehsendungen, wo in solchen Fällen ein Hundetrainer zum Einsatz kommt. Da wird sowohl dem Hund als auch dem Besitzer richtiges Verhalten beigebracht. Vielleicht solltest du auch einen engagieren.

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Neuer Hund - und meine Panik ist zurück

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Das habe ich tatsächlich schon gemacht, allerdings habe ich das Gefühl, dass er das Thema nicht soooo ernst nimmt. Wir haben bisher aber auch hauptsächlich an anderen Sachen gearbeitet. Vielleicht sollte ich dieses Thema nochmal explizit ansprechen.

Ich habe auch einen Hund aus dem Tierschutz vor knapp 6 Jahren zu mir geholt.

Ich finde mich stellenweise in deinem Text wieder. Damals als sie kam, war sie sehr unsicher vor allem mir gegenüber. Sie war kein klassischer Angsthund sondern eher die Sorte Rambo.
Sie hatte damals ein Frauchen welches aufgrund einer Sucht starb, dann landete sie auf der Straße und dann wurde sie vom Tierschutz gefunden und aufgenommen.
Sie war nie richtig sozialisiert mit Artgenossen und die sie auf der Straße getroffen hat, waren bestimmt keine Freunde. Sie hat ihr Frauchen verloren.

Dann kam sie zu mir, du kannst dir vielleicht vorstellen wie es war. Sie war in der Wohnung wie mein Schatten, sie hatte Panik alleine zu bleiben und draußen hat sie jeden Hund angegriffen der mir oder ihr zu nahe kam.
Dazu war und bin ich eben auch nicht die starke souveräne Person aufgrund meiner Angst und Panik, ich brauche das eher als dass ich das geben kann.

Aber dennoch haben wir es geschafft, heute kann sie den ganzen Tag wenns sein muss alleine bleiben, ich kann mich frei bewegen in der Wohnung und draußen werden nur noch Hunde angegriffen die zu frech sind.
Ich war auch bei vielen Trainern, hab überlegt sie abzugeben etc. Aber weißt du was mir wirklich geholfen hat ? Mein Bauchgefühl. Sie und ich sind beide gebranntmarkte Kinder, haben schlimme Dinge erlebt und sind deswegen nicht sonderlich stabil, wir sind beide kein Musterexemplar unserer Spezies.
Genau das war der Knackpunkt. Ich habe Verständnis aufgebracht.

Ich verstehe auch deinen Hund und auch dich sehr gut, aber nur weil ihr beide nicht perfekt seid, heißt es nicht dass ihr nicht perfekt füreinander seid.
Ihr bekommt beide Panik beim raus gehen, okay. Aber ihr seid beide nicht alleine und beide nicht alleine mit der Angst, glaub daran dass ihr euch beide überwinden könnt weil ihr gemeinsam da durch geht.
Dein Hund kann nicht alleine bleiben? Klar dass ist doch absolut verständlich, er/sie mag dich und hat Angst dass du dich verschwindibus in Luft auflösen könntest. Dann zeig deinem Hund, dass du wieder kommst, geh weg für 10 Minuten und dann komm wieder, ohne das groß zu feiern, es sollte doch selbstverständlich sein dass du wieder kommen wirst.
Zeig deinem Hund es ist okay alleine zu sein, gib deinem Hund das beste Leckerchen das du hast wenn du gehst, weil es ist toll auch mal Zeit für sich zu haben.

All die Angst und Unsicherheit die du hast, kennt dein Hund auch. Ihr seid eigentlich beide Partner, lernt miteinander, füreinander. Das ist eine ganz tolle Chance für euch beide.

Zitat von Chrissie207:
ich Angst hatte/habe etwas falsch zu machen, was dann ungeahnte Konsequenzen haben könnte. Sie braucht einen sicheren Rudelführer ...


Nun, das wird dein Grundproblem insgesamt sein, diese Angst, etwas falsch zu machen.

Hier liegt deine Problematik, das Hundi zeigt sie dir nur wieder. Also werden wohl 2 Angsthasen gemeinsam lernen dürfen, dass etwas falsch zu machen zum Leben gehört und das auch ok ist.

Und Tieren kannst du eh nix vormachen, kannst also gleich den Stress vergessen, etwas sein zu müssen, was du nicht bist. Als ehemalige Tierheilpraktikerin war das mein Schwerpunktthema überhaupt. Solange keine echte Gefahr droht, akzeptiert euch mal gegenseitig.

Dein Mann ist eh der Rudelführer, also werden sich 2 Angsthasen mal hinten einreihen und sich die Zeit nehmen, die ihr beide braucht um mit der veränderten Situation umzugehen.

Wichtig ist auch, dass du verstehst, dass nicht das Hundi Grund für deine Angstrückkehr ist, sondern nur insgesamt Angst vor Versagen oder Fehler.

@Icefalki hast du wirklich sehr schön geschrieben und ich gebe dir so viel recht. Hab da gleich ne Brise Gänsehaut bekommen

Hallo MrsAngst,

lieben Dank für deine ausführliche Antwort. Es macht Mut zu lesen, dass du und deine Hündin trotz der Angst ein Team geworden seid. Und ja, das Bauchgefühl ... ich habe eigentlich ein ziemlich gutes Bauchgefühl. Nur: momentan ist es vor lauter Angst und Panik quasi gar nicht mehr vorhanden. Ich werde es wieder ausgraben und versuchen mehr darauf zu hören.
Verständnis zu haben versuche ich auch, manchmal gelingt es mir, manchmal nicht ... einfach, weil ich oft nicht verstehe, warum sie sich jetzt so oder so verhält. Genauso wenig versteht sie wahrscheinlich mich. Wir sind uns in vielen Dingen tatsächlich sehr ähnlich. Da ist ganz viel Unsicherheit. Und Unsicherheit macht Angst.
Mein vorheriger Hund war ein fast immer fröhlicher Hund, der alle Menschen und fast alle anderen Hunde geliebt hat und der mir einfach durch seine Art in Bezug auf die Angst sehr geholfen hat. Meine jetzige Hündin wird dann jetzt wohl meine Lernaufgabe. Ich hoffe einfach, dass ich das schaffe.

Hallo Icefalki,
danke für deine ehrliche Antwort. Die war komplett auf den Punkt.
Ja, die Angst vorm Fehler machen ist tatsächlich eins meiner Grundprobleme ... ich hatte schon eine Weile, bevor wir sie bekommen haben, angefangen, an diesem und anderen Problemen zu arbeiten. Aber jetzt kam halt wieder alles geballt. Und damit der Rückfall in alte Muster und Panik.
Und ja, ich gebe zu, ich habe versucht, mich anders zu verhalten als ich bin. Was einen Riesenstress und eben die Angst hervorruft. Mir wurde gesagt, dass sie als unsicherer Hund jemanden braucht, der souverän ist und ihr Sicherheit gibt. Das habe ich versucht, allerdings eben von mir gespielte Sicherheit. Gegenüber meinem vorherigen Hund habe ich mich so verhalten, wie ich sonst auch bin ... ich habe ihn zugegebenermaßen oft und gerne betüdelt, viel mit ihm geknuddelt. Das traue ich mich bei ihr nicht, sondern versuche mich anders zu verhalten, weil mir gesagt wurde, dass, wenn ich mich ihr gegenüber so verhalten würde, sie das verunsichern würde.

Zitat von Chrissie207:
weil mir gesagt wurde, dass, wenn ich mich ihr gegenüber so verhalten würde, sie das verunsichern würde.


Gerade das Gegenteil ist der Fall. Hunde riechen Angst, reagieren auf Körpersprache, und wenn du dir selbst nicht vertraust, macht das dein Hundi auch nicht.

Glaube mir, verstellen bringt nichts. Mach es wie @MrsAngst geschrieben hat, sag ihr, weiss du was, ich bin auch unsicher, du bist unsicher, also wird aus Minus mal Minus ein Plus. Und wenn sie andere anknurrt, sag ihr, weisst du, ich würde das ja auch gerne tun, erspar mir das aber. Also knurr für mich.

Sinn und Zweck ist, das alles viel lockerer anzugehen und eben keine Angst zu haben, dass sie unter deinen Fehlern leiden könnte. Hab sie lieb, da gehört auch geknuddelt dazu.

Diese ganzen Trainer vergessen immer, dass Menschen auch nicht aus ihrer Haut können. Natürlich ist es leichter, wenn Angsthasen mutig an die Hand genommen werden. Aber auch 2 Angsthasen kommen weiter, wenn sie gemeinsam über ihre Ängste schmunzeln können und eben so sind, wie sie sind.

Ich habe stundenlang die Besitzer darüber aufgeklärt, dass sie auch auf ihr Bauchgefühl hören sollen. Deines ist gerade nur mit der Angst beschäftigt und das macht Stress. Also, hör einfach auf, es jedem Recht machen zu wollen, sag Ich lerne gerade wieder oder wir beide müssen das noch und gut ist.

Wirst sehen, das wird alles, wenn du den Stress loslassen kannst. Du bist ok, so wie du bist, und das Hundle auch. Und Hundle darf Angst haben, dann seid ihr schon zwei. Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Hunde aus dem Tierschutz sind nicht ganz so einfach.

Unser Hund ist aus Spanien, und war am Anfang sehr schüchtern, unbändig, ängstlich, unsicher, ..

Aber mit viel Geduld und Zeit ist es jetzt ein ganz toller Hund! Er ist aufgeweckt, er kann auch ab und zu allein daheim bleiben, zwar ungern, aber es geht. Und ist zu jedem Mensch freundlich. Zu vertrauten Hunden hat sich sein Verhalten auch verbessert. Nur fremde Hunde bellt er noch an.

Er ist halt ein Straßenhund, da darf man sich nichts vormachen.

Viel Glück mit deinem Hund

Zitat:

Leuchtet ein. Die Lösung ist dann also an meinem Selbstvertrauen zu arbeiten, als mich zu verstellen. Dass das nach hinten losgeht, sehe ich ja gerade.

Zitat von Icefalki:
Aber auch 2 Angsthasen kommen weiter, wenn sie gemeinsam über ihre Ängste schmunzeln können und eben so sind, wie sie sind.

Das wird unser Ziel

Zitat von Icefalki:
Sinn und Zweck ist, das alles viel lockerer anzugehen und eben keine Angst zu haben, dass sie unter deinen Fehlern leiden könnte.

Ja, die Lockerheit fehlt mir gerade komplett.

Zitat von Icefalki:
Also, hör einfach auf, es jedem Recht machen zu wollen, sag Ich lerne gerade wieder oder wir beide müssen das noch und gut ist.

Tja ... ins Schwarze getroffen. Das mit dem Rechtmachen wollen ist wohl eine der Hauptursachen meiner Angst. Ich merke, dass ich da noch viel zu wenig bei mir selbst bleiben kann. Ich rechtfertige mich, erkläre, mache und tue Aber ich übe täglich, das nicht mehr zu tun.

Danke für deinen hilfreichen Post, der mir Mut gemacht und mir nochmal die richtige Richtung gezeigt hat.

Zitat:
Hunde aus dem Tierschutz sind nicht ganz so einfach.

Unser Hund ist aus Spanien, und war am Anfang sehr schüchtern, unbändig, ängstlich, unsicher, ..

Aber mit viel Geduld und Zeit ist es jetzt ein ganz toller Hund! Er ist aufgeweckt, er kann auch ab und zu allein daheim bleiben, zwar ungern, aber es geht. Und ist zu jedem Mensch freundlich. Zu vertrauten Hunden hat sich sein Verhalten auch verbessert. Nur fremde Hunde bellt er noch an.

Er ist halt ein Straßenhund, da darf man sich nichts vormachen.

Viel Glück mit deinem Hund


Danke Es freut mich zu lesen, dass sich euer Hund so toll entwickelt hat! Unsere Hündin kommt auch von der Straße (Türkei). Ja, vermutlich braucht es einfach Zeit und Geduld.

Ja, meine Ma hat auch die Zeit, sich um unseren Hund zu kümmern .

Diese Strassenhunde sind reine Überlebenskünstler. Deren Sozialverhalten mit anderen Hunden ist deutlich besser, als ein Hundchen, das schon immer bei Menschen gelebt hat, manche dieser Hunde verstehen nimmer so richtig, was der andere Hund sagen will. Sie sind vermenschlichter, deshalb auch die Reaktion deines Hundes.

Und Menschen sind in diesen Ländern Strassenhunde gegenüber nicht unbedingt freundlich. Die werden verjagt und und und.

Deshalb auch die Anfangsschwierigkeiten, denn gerade steht deren Welt auf dem Kopf. Aber das gibt sich alles.

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Dr. Christina Wiesemann
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