Hallo bristol,
ich bin 19 jahre alt, also etwas älter als deine Tochter, aber mich erinnern einige dinge aus deiner beschreibung an meine probleme, die ich (und meine mutter natürlich auch) seit ungefähr einem halben jahr haben...
ich weiß nicht genau, ob das vergleichbar ist, aber vielleicht interessiert dich ja meine geschichte und du kannst parallelen finden.
ich habe letztes jahr abi gemacht und im herbst ein studium angefangen, bin umgezogen (ungefähr 100 km weg von meinen eltern). ich habe mir vor diesem schritt sehr große gedanken gemacht, weil ich angst vor der situation hatte, alleine in einer großen stadt dazustehen, womöglich keine freunde zu finden. ich war nämlich auch nie ein kontaktfreudiger mensch, das verhalten deiner tochter kommt mir sehr bekannt vor, ich bin auch nie auf menschen zugegangen (und hätte auch nie ein mädchen aus der nachbarschaft zum dvd gucken eingeladen )
na ja, wider erwarten hat mein start aber gut geklappt, ich habe schnell kontakte geknüpft und bin am anfang auch mit dem studium gut zurecht gekommen.
Der große wendepunkt kam bei mir zu weihnachten, als ich das erste mal wieder länger zu hause war. Danach fingen bei mir die panikattacken an, ich bin nicht mehr alleine klar gekommen, konnte weder auto noch bus, zug oder straßenbahn fahren, konnte nicht mehr zur vorlesung gehen, irgendwann bin ich nicht mal mehr alleine zum supermarkt gegangen.
ich habe dann irgendwie die klausuren am ende des semsters noch geschafft, aber meine mutter ist dann zu mir gekommen und hat mit bei mir übernachtet. Wie ich das durchgestanden habe, ist mir heute noch ein rätsel.
Ich habe jetzt über die semesterferien eine 8-wöchige stationäre therapie gemacht. ich glaube, dass das eine sehr gute entscheidung war. ich habe zwar meine angst noch nicht wieder so im griff, wie ich es gern hätte, aber ich habe in der therapie meine grundprobleme erkannt und weiß, woran ich arbeiten muss.
bei mir lag es viel daran, dass ich mir eingeredet habe, ich komme nicht alleine zurecht, nicht mit dem studium und nicht mit dem leben ohne meine familie. gleichzeitig hatte ich aber auch das gefühl, meine mutter kommt ohne mich nicht zurecht. wir hatten immer eine sehr enge bindung zueinander , aus der ich mich nicht so einfach jetzt lösen kann.
mir ist der gedanke gekommen, dass deine tochter vielleicht der bevorstehende wandel in ihrem leben sehr beschäftigt, dass sie bedenken hat, ob sie es schafft, allein mit dem zug jeden tag zu ihrer neuen schule zu fahren, dort allein neue kontakte zu knüpfen und ein stück neue selbstständigkeit zu erlangen. vielleicht erlebt sie das, was ich erst nach einigen monaten hatte, jetzt schon im voraus.
meine ärztin meinte zu mir, die angst käme, um mich wieder nach hause zu treiben, vielleicht versucht die angst deiner tochter, sie zu hause zu halten?
ich finde es gut, dass ihr eine therapie begonnen habt, aber vielleicht würde ich mich an eurer stelle auch eher nach einer tagesklinik oder einer stationären therapie umsehen? wenn ihr einmal in der woche eine stunde habe, ist das , denke ich, ein sehr langwieriger prozess. eine intensivere therapie wäre wahrscheinlich günstiger, zumal ihr ja auch nur begrenzt zeit habt, bis deiner tochter der schulwechsel bevor steht.
auf jeden fall solltest du versuchen, ebenfalls kontakt zu dem therapeuten zu haben. in meiner therapie hatten meine eltern nämlich keine gespräche mit den ärzten (wahrscheinlich, weil ich zu dem zeitpunkt schon volljährig war) und ich glaube, dass das nicht gut war, weil sie immer noch nicht genau wissen, wie sie sich verhalten sollen, um mir zu helfen. mein neuer ambulanter therapeut meinte, dass das auf jeden fall wichtig sei, die eltern zu informieren.
meistens hilft es wirklich nicht, wenn du deine tochter zu irgendwas drängelst oder schubst, weil dann eine sture reaktion kommt. ich kenne das von mir auch. Ich musste immer erst selbst bereit sein, etwas zu tun und davon überzeugt sein, dass es richtig ist, um fortschritte zu machen. wenn meine mutter mich zu irgendetwas überreden wollte, habe ich zwar manchmal erkannt, dass sie recht hat, aber war in dem moment dann so übervordert, genervt und habe mich bevormundet gefühlt, dass ich stur reagiert habe.
ok, sorry, der beitrag ist länger geworden als erwartet. ich weiß, wie gesagt nicht, ob man das mit den problemen deiner tochter vergleichen kann, aber ich kann dir etwas weiterhelfen, weil ich an meiner mutter sehe, wie schwer die situation für dich sein muss!
28.05.2009 14:12 •
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