Pilongo
Wie lange dauern denn die Ferien? 6 Wochen?
Das wird sich wohl etwas länger hinziehen, bis sie sich wieder besser fühlt..
Ich hab jetzt in 4 Monaten meine Therapie bezüglich Panik-Attacken fertig gemacht, und bin darauf echt stolz -aber so ein Schnellheilung ist eher die Ausnahme.
Du darfst natürlich viel von ihr erwarten, aber auch nicht zu viel, denn dadurch setzt du sie unter Druck und das hilft ihr nicht.
Der Weg bei so einer psychischen Erkrankung ist lang und steinig, und jeder muss ihn in der Geschwindigkeit gehen, die er erbringen kann.
Ich würde trotzdem dazu tendieren, zu warten, wenn sie es will.
Ist es denn überraschend gekommen, dass sie direkt Morgen hinkann?
Es klingt nämlich so, als hättet ihr damit gar nicht gerechnet.
Dann hatte sie vielleicht noch keine Zeit, sich darauf einzustellen, und die braucht man schon, wenn man in eine Tagesklinik gehen soll.
Vielleicht mag sie ja auch besonders gerne auf das Schulfest gehen..?
Meinst du, sie könnte dahin, trotz Tagesklinik?
Vielleicht will sie auch einfach nochmal probieren, sich und dir nochmal beweisen können, dass sie ECHT hingehen kann, wenn sie es sich schon so sehr vornimmt. Denn es klingt ja so, als würde sie wirklich hinwollen, am Abend. Nur über Nacht kommen dann Ängste, und durch die anspannung das Kopfweh, und dann will sie morgens nicht mehr bzw. hat keine Kraft mehr.
Diese ständigen negativen Erlebnisse ihrer eigenen Schwäche sind bestimmt auch schlimm für sie.
Und deshalb würde ich die 2 Wochen warten: Dann hat sie wenigstens noch Chancen auf Erfolgserlebnisse, die sie dann mitnehmen kann in die Therapie.. Nicht, dass sie die schule nur mit negativen Erlebnissen abshcließt und ihr kopfweh dann beim Berufscolleg wieder kommt
Weißt du denn, woher ihre angst vor der Schule kommt?
Ich hatte das nämlich auch mal.
Dahinter steckte die Tatsache, dass ich, wegen meiner Krankheit, schon zweimal wiederholen musste. Ich bin schwer krank und muss oft viele wochen ins Krankenhaus, und dann gelingt es mir nie, den Stoff nachzuholen, und ich muss eine Ehrenrunde drehen. Das ist mir zweimal passiert -und es war der Horror. dieses Versagen, und dann noch die wut, weil man ja selber nichts dafür kann -und trotzdem den ganzen Ärger hat. Das hat mich sehr beschäftigt.
Und dann war ich in der 11ten wieder so krank, musste operiert werden, war wieder so schlecht in der Schule, und meine Versetzung war gefährdet.
Dann kam die Angst.
Ich hatte panische Angst zu versagen, wieder, und ein drittes Mal hängen zu bleiben. Ich bin nicht zur Schule gegangen, hab wochenlang geschwänzt. Konnte Nachts nicht schlafen, lag stundenlang wach, ohne recht zu wissen, wieso eigentlich. (Erinnert mich sehr an deine Tochter, wie sie da Nachts bei dir Hilfe suchte.) Durch den Schlafmangel konnte ich mich nicht mehr konzentrieren, die Leistungen rutschten ab, noch mehr Angst -ein Teufelskreis.
Manchmal wollte ich unbedingt hin, stand sogar schon vor der Tür zum Klassenzimmer -und hab dann umgedreht und bin wieder Heim gefahren, weil es einfach nicht ging.
Ich bin dann einmal zur Psychologin, aber die konnte mir keinen weiteren Termin geben. Die Wartelisten sind ja ellenlang, und mich mit meiner Angst -die ich ja selber nichtmal benennen konnte- nahm auch kein Psychologe ernst.
Dann hab ich mir selber geholfen. Hab geschaut:
Ok, wo ist mein Problem?
Hab erkannt:
Die Angst zu versagen.
Wie kann ich diese Angst besiegen?
Antwort: Ich muss besser werden.
Die fächer, in denen ich gefährdet war, wurden zu meiner erklärten Freizeitbeschäftigung. Ich hab mir, mühsam, qualvoll und echt langsam, Alles, was ich verpasst hatte, selber beigebracht. Alles, was ich nicht wusste, nachgelesen. nach den Ferien bin ich dann wieder hin, und hab gesehen: Hey, ich kann ja im Unterricht plötzlich mitmachen! Ich versteh die Dinge!
Meine Noten verbesserten sich enorm (von 5 auf 2 in Mathe) und die Angst war weg. Seitdem blieb sie weg
Dieser Erfolg, wenn er auch mühsam war, hat mir so sehr geholfen, dass ich seitdem nie mehr Versagensängste hatte. Meine zwei Jahre in der Kollegstufe hab ich mit Bravour gemeistert, in einer Woche gibt es meine Abinote, und vorm studium hab ich gar keine A ngst, weil ich weiß, dass ich alles schaffen kann, was ich will
Deshalb finde ich es auch so wichtig, dass deine Tochter noch die chance kriegt, zur Schule zu gehen und Erfolge zu haben.. denn diese Erfolge, das ist SO wichtig, gerade bei einer solchen Angst.
Vielleicht kannst du sie ja jetzt etwas besser verstehen.
Liebe Grüße,
Pilongo
04.06.2009 12:34 • #21