ich mische mich hier mal ein, weil ich gerade eine Therapie erfolgreich abgeschlossen habe und mich meine Frau während dieser Phasen absolut großartig unterstützt hat. Und ohne sie wäre ich nie soweit gekommen.
Aus diesen Erfahrungen heraus und aus dem was ich so dazu gelesen habe, könnte ich mir vorstellen, das folgendes funktioniert:
Ausgangslage:
Vlt. kannst du versuchen, die Angst noch mehr als eine Krankheit zu sehen. Die Logik, die du richtigerweise ansprichst, ist genau das, was zur Zeit nicht funktioniert (passiert doch nix, wie die letzten 1000x auch). Das ist eben das krankhafte daran. Beim Alk. hilft ja eben auch nicht: Dann lass die Flasche doch stehen und bei der Magersüchtigen hilft nicht: Iss doch mal was. (Vergleiche hinken, weiß ich, ging mir nur um die verschobene Logik des Kranken). Ihr das zu sagen, hilft auch nicht und führt nur dazu, das sie noch stärkere Angst fährt, weil sie Schiss hat, dass du sie sitzen lässt.
1) Aufklärung:
Du müsstest erreichen, das deine Frau a) versteht, das Ihre Angst eine Erkrankung ist, und das man die b) mit gutem Erfolg behandeln kann. Bei ihr besteht die Angst offenbar schon lange und ist mittlerweile ja auch ziemlich ausgeprägt. Das hört sich für mich so an, als ob es nur mit professioneller Hilfe geht und auch eine Weile dauert, aber gehen tut´s. Das die erste Therapie (und die Medikamente) ein Schuss in den Ofen waren, muss nicht heißen, dass das beim nächsten Mal auch so ist, zumal mir zwei Wochen Kliinik und eine undefinierte Zeit Medikamente auch nicht so recht schlüssig vorkommen.
Motivation, das anzugehen, müsste doch eigentlich sein, dass es ihr (und Euch) hinterher deutlich besser geht als zur Zeit. Das müsste sie einsehen können.
Mach es zu Eurem Problem, also mach ihr klar, das du das zusammen mit ihr durchstehen willst. Du kannst auch eine unterstützende Rolle einnehmen, ohne dich zum Erfüllungsgehilfen ihrer Angst zu machen, da gehe ich hier nicht ganz konform mit einigen der Vorschreibern.
2) Anfang.
Ich halte es für wichtig, das ein Profi euch möglichst schnell erklärt, wie die Angsterkrankung funktioniert und wie man hinaus findet. Das motiviert nochmal zusätzlich. Therapieplätze bei niedergelassenen Psychologen sind normalerweise mit Wartezeit verbunden. Fangt sofort an und lasst Euch auf die Wartelisten setzen und zwar bei mehreren Therapeuten.
Gibt´s bei Euch in der Gegend eine Angstambulanz? Oder eine Beratungsstelle? Kontakt aufnehmen.
Die Zeit bis zum Therapiebeginn muss man irgendwie überbrücken. Das kann z. B. Selbsthilfeliteratur sein. Dabei lernt man viel über die Mechanismen der Angst (wie z. B. die Grafik, die hier auch gepostet wurde). Kann sein, das deine Liebste noch nicht glauben kann, dass sie nur unter Angst leidet. Trotzdem wird sie viel wiedererkennen.
Wenn es komplett unaushaltbar ist, kann ein Gang zum Psychiater helfen. Vlt. schlägt der vor, zunächst mit Medikamenten die Angst zu dämpfen, vlt. macht das auch eine Therapie erst möglich. Die müsste m. E. aber dann trotzdem folgen.
Körperliche Untersuchung.
Ich finde, eine gute Ausgangsbasis ist eine gründliche, aber einmalige körperliche Untersuchung beim Hausarzt des Vertrauens, bei dem dieser auch klar gesagt bekommt, was Sache ist: Ich glaube ich habe eine ziemllch heftige Angsterkrankung und das sind meine Symptome: Das ganze Bündel aufzählen. Dann einmal checken lassen, was los ist. In der Regel kommt dort raus: Alles i. O. Das ist später die Grundlage dafür, dass man die Attacken tatsächlich als Angst identifizieren kann und die Krankheitsgedanken abwürgen kann.
Auch wenn sie in den letzten Jahren schon zig Untersuchungen zu einzelnen Symptomen gehab haben sollte, würde ich diesen Pflock einschlagen, quasi als Startblock.
3) Therapie:
Lass den Therapeuten entscheiden, was passieren soll: Welche Therapieform sie ausprobiert, wie engmaschig die Termine sind, und wenn es irgendwie geht, lass sie oder sprich du selbst den Therapeuten an, wie du helfen kannst.
Meine Therapie war eine ambulante kognitive Verhaltenstherapie, die auf Konfrontationen mit angstauslösenden Situationen basiert. Das ist ggw. glaube ich das am besten erforschte und wirksamste Mittel gegen Angststörungen.
Bei mir war es so, das wir einen gemeinsamen Termin bei meiner Therapeutin hatten, in dem es 1) darum ging, zu klären, ob die Beziehung selbst ein Auslöser der Krankheit (offenbar nicht) ist und 2) was sie sinvollerweise leisten kann, um mich zu unterstützen (Pampern nur im absoluten Notfall, sanfte Tritte in den Hintern, wenn ich vermeide, motivieren ..), was hingegen nicht sinnvoll ist (Pampern, ihren Lebensrhythmus auf meine Angst einstellen) und was meine Erwartungen an Sie sein können - und was eben nicht.
In der Therapie wird es sicher so sein, das es langsam voran geht, Rückschläge gibt, gute und schlechte Tage wechseln. Dann ist deine Feinfühligkeit gefragt, ob du motivierst oder auch mal nicht eingreifst.
Ihr könnt das schaffen. Und dann könnt Ihr noch viel vorhaben.
Ich wünsch Euch alles Gute.
CU, Amyg.Dala
08.10.2013 09:24 • x 1 #81