Ich habe in den letzten Tagen einige Zeit damit verbracht mich hier durchzulesen - ich muss mich aber dennoch mitteilen.
Prinzipiell war ich mein ganzes Leben der Meinung unzerstörbar zu sein, habe es geliebt meine Grenzen auszuloten und habe diese dann auch respektiert. Nie habe ich mir etwas gebrochen oder hätte schlimmere Verletzungen gehabt.
Dass ich irgendwann sterben muss war mir schon klar, es war einfach nur nicht präsent.
Dann hatte ich vor 2 Jahren eine NotOP am Blinddarm - Routineeingriff. Dennoch hatte ich panische Angst - denn während einer OP ist man ausgeliefert, hat keine Kontrolle und legt sein Leben quasi in fremde Hände. Da hab ich dieses Gefühl erstmals kennengelernt.
Wenige Monate später ist mein Kreuzband beim Knie gerissen; ich war begeisterter Sportler, bin weite Distanzen gelaufen und liebte Snowboarden und Wintersport.
All das konnte ich nun nicht mehr machen. Die Illusion der Unzerstörbarkeit war dahin. Ich musste aufgrund dieser Verletzung meinen Kindheitstraumberuf aufgeben.
Als lebensfroher Mensch habe ich meine Focus nun auf andere Dinge gelegt. Auf einen neuen Job (der mir auch gut gefällt), auf meine langjährige Partnerschaft und andere Interessen. Ich habe immer gerne PC gespielt, auf Turnierniveau - also unter Hochspannung und mit hohen Erwartungen an mich selbst. Ebenfalls bin ich geschichtlich begeistert, sowohl kulturell, als auch wissenschaftlich.
Schlussendlich kam ich zu dem Thema Geisteskrankheiten und deren Behandlung im 20. Jahrhundert. Idealerweise hat sich ein PC-Spiel angeboten - dass ich zu meinen Recherchen zeitgleich erleben durfte. Für alle die interessiert sind; es heißt Town of Light.
Gegen Ende des Spiels wird eine animierte Lobotomie durchgeführt. Mir wurde bei dem Thema bei Bildern schon schlecht, im Spiel hat sie mich jedoch überrascht.
Ich verlor (obwohl es nur eine Animation war) das Bewusstsein (wie wenn man zu schnell vom Bett aufsteht, nur in die andere Richtung - also immer dunkler werdend). Ich legte mich auf den Boden und lagerte die Beine hoch. Ich habe noch auf die Uhr gesehen, kurz bevor es dunkel wurde. 3 Minuten später kam ich wieder zu mir; eine neue grenze also. Natürlich empfand ich in dem Moment Unruhe und auch Angst - aber ich wusste (von meinem kurzweiligen Studium und meinen Recherchen allgemein) was kommt und war vorbereitet.
Nun, zwei Tage später überrollt mich eine Panikattacke. Auch darüber war ich informiert - ich kannte die Symptome; parasympathisches Reaktionen - erhöhter Herzschlag, Tunnelblick, Schweiß, Angespanntheit, Adrenalin. Was ich nicht kannte - und das ist der Kern: die Angst. Ich konnte alles benennen, alles analysieren. Aber diese Gedanken die sich während dieses Zustandes in meinem Kopf abgespielt haben waren.... Ich weiß nicht was sie waren. Es war alles dunkel, wie ein Schleier, alles war sinnlos - es war sinnlos zu essen, zu trinken, dagegen anzukämpfen, denn ich würde sterben, ... Alle würden sterben. Und jeder von uns ist allein in seinem Kopf - niemand könnte dabei sein, wir sterben alle... ganz allein. Das Leben an sich machte keinen Sinn mehr - selbst wenn ich nun noch mehrere Jahre lebte - am Ende würde ich sterben, allein und vergessen. Diese Gedanken kamen unwillkürlich - unkontrollierbar. Ein kleiner Teil von mir dachte - Alles Schwachsinn, du willst leben, neben dir sitzt deine Freundin, du liebst sie. Du hast ein tolles Umfeld - aber wirkte alles nichts. Die Überzeugungskraft meines Unterbewusstseins war stärker. Ich war ca. 2 Stunden in diesem Zustand. Irgendwann schlief ich dann unter der Wacht meiner Partnerin ein.
Am Tag darauf war ich wieder klar - die Gedanken des Vorabends kaum nachvollziehbar. Ich schob es beiseite, bedankte mich bei meiner Partnerin für ihr Verständnis und ihre Hilfe und das wars. Am selben Abend, beim Abendessen bekam ich erneut so eine Panikattacke. Diesmal schlimmer, die Gedanken waren noch düstere, ein (wirklich) winziger Teil meines Bewusstseins spielte mit dem Gedanken es wäre so einfach - das zu beenden, zurecht wie ich meine, denn so wie es in diesem Moment in meinem Kopf ausgesehen hat konnte ich nicht ertragen. Es war die pure Hoffnungslosigkeit - unvorstellbar. Meine Partnerin brachte mich in die Notaufnahme, dort wurden mir starke Beruhigungspillen gegeben, ohne Wirkung. Mein Körper bebte, der Herzschlag lag mir in den Ohren. Alle Stimmen waren weit entfernt - ich war ganz allein in meinem Kopf gefangen. Beifahrer neben Hoffnungslosigkeit und Sinnlosigkeit des Lebens. Wir waren sehr lange dort - irgendwann wurde ich sehr sehr müde und schlief ein.
Ich wurde zu einem Psychologen überwiesen - am selben Tag bekam ich einen Termin. Nach 15 Minuten bekam ich die Diagnose Depression. Er beschrieb mich als introvertiert - was seine Glaubwürdigkeit weiter senkte. Ich bekam Antidepressiva - nahm sie aber nicht. Ich wollte eine weitere Meinung.
Und wieder, am dritten Tag in Folge bekam ich eine Attacke - diesmal eine kürzere, etwa 20 Minuten dauerte sie. Wieder wurde ich in die Notaufnahme gebracht - diesmal von meinen Eltern (!?), und zwar in eine psychiatrische. Dort bekam ich die Diagnose Panikattacken, ein Beruhigungsmedikament Alprazolam (dass mich wirklich aus den Socken haut) und ein Antidepressiva (Sertralin). Ich versuche möglichst ohne dem Alpazolam auszukommen - aber Abends (da kamen die Attacken) nehme ich es. Es tut gut davongleiten zu dürfen - in Ruhe und Frieden. Aber das ist auf Dauer keine Lösung. Ich bin ab Morgen in psychotherapeutischer und psychiatrischer (die Dame ist beides) Behandlung. Ich freue mich darauf - aber: Von diesen Attacken ist etwas geblieben, etwas mit dem ich nicht umgehen kann. Ich fürchte mich davor, wenn die Sonne untergeht, ich habe Angst zu essen. Ich entwickle cholerische Züge. Ich habe Hunger aber keinen Appetit (ganz klar parasympathische Reaktion - wenn der Löwe mich angreift ist essen zweitrangig). Mein Unterbewusstsein assoziiert einen Bauchspeichdrüsenkrebs - obwohl alle weiteren Symptome dafür fehlen.
Ja, ich habe Probleme mit der Verdauung (seit BlinddarmOP). Ich habe auch eine Darmspiegelung gehabt (vor etwa 2 Monaten), aber alles gut - der Arzt meinte es wäre der Stress und eine leichte Reizdarmentwicklung. Daher vllt. meine Angst vor Bauchspeicheldrüsenkrebs - hat ja niemand überprüft.
Blanker Irrsinn. Vor einer Woche (bevor ich mich mit Lobotomien und Geisteskrankheiten beschäftigte) aß ich wie ein Pferd. Diese Appetitlosigkeit ist eine Folge - auch wenn ich gerade keine Angst verspüre. Jz da ich darüber schreibe fühle ich sie langsam wieder kommen. *seufz* Das muss eine Ende haben - ich ertrage das nicht täglich.
Wer auch immer bis hierher gelesen hat - Danke. Und wenn ich jemand andrem aus der Seele schreibe - ich versuche den Verlauf zu dokumentieren. Ich versuche nicht aufzugeben - egal wie Dunkel es mir mein Kopf macht.
06.04.2016 09:32 • • 11.04.2016 x 1 #1