ich dachte mir, es wäre sinnvoll, meine Erfahrungen betreffend Panikattacken und Agoraphobien mit euch zu teilen und euch mitzuteilen, wie ich mein Probleme in den Griff bekommen und letztendlich vollends beseitigt habe. Vielleicht könnt ihr ja etwas mit den Tipps anfangen.
Warum solltet ihr nun ausgerechnet auf meine Tipps hören und was befähigt mich, euch Tipps zu geben? Ich glaube, dass meine Leidensgeschichte und der erfolgreiche Kampf gegen die Panik mich befähigen, hier einige Hinweise zu geben und ich hoffe, ihr werdet bald genauso symptomfrei leben wie ich. Kurz zu meiner Geschichte:
Die Palette grässlicher und kräfteraubender Erfahrungen war in meinem Falle recht umfangreich. Hier einige Beispiele:
- Notarzt angerufen, weil ich glaubte, zu ersticken
- panisches Herumrennen während einer Freundesrunde, weil ich dachte, einen Schlaganfall zu bekommen
- Panikattacke im Kino mit Krankenwageneinsatz
- panischer Herausstürmen aus einem Uniseminar
- panisches Verlassen einer Konferenz, auf der annähernd 100 Leute anwesend waren
- mehrfaches panisches Verlassen eines Zuges (1 Ausstieg pro Haltestelle - dauerte stundenlang)
- ein weiterer Krankenwageneinsatz mit Intensivstation, weil Auswirkungen meiner Panikattacke als Schlaganfall gedeutet wurden
- Panickattacke mit Erbrechen (dabei derart gewürgt, dass Blut herauskam - aber harmlos!)
- diverse Anrufe bei Panikhotlines während der Nacht
- panische PKW-Fahrt durch eine Stadt (Geschwindigkeit möchte ich nicht verraten) in der Hoffnung, dass mich die Polizei anhält,
mitnimmt und ins Krankenhaus bringt
- als Notfall in psychatrische Ambulanz - wurde mit Tavor vollgepumpt
- Panikattacken während einer Busfahrt, wärend der ich auf Kinder aufpassen sollte
- unzählige Panikattacken in der Supermarktschlange
- unzählige Panikattacken während der Autofahrt
- nach diversen weiteren (heftigen!) Attacken mit Paroxetin und Tavor vollgepumpt worden - starke Entzugserscheinungen beim
Absetzen
Um es gelinge auszudrücken: Mein Alltag war ein riesen Haufen Sch**ße und ich wusste nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Eigentlich waren die Angstzustände nur verschwunden, wenn ich etwas getrunken hatte.
SOOOOO! Tamtamtamtam! Jetzt zu etwas Positivem. Wie habe ich die Panikattacken nach Jahren besiegt und wie kam es, dass ich jetzt schon einige Jahre ohne Panikattacken lebe?
Eines Tages hatte ich die Schnauze voll, ein Opfer meiner eigenen Psyche zu sein und in einem neurologischen Gefängnis zu leben. Ich wusste, dass die Attacken keine körperliche/organische Ursache hatten (DIES SOLLTE IMMER ZUNÄCHST VON EINEM ARZT EINWANDFREI FESTGESTELLT WERDEN!) und so kam ich ins Grübeln. Und auf einmal wurde mir bewusst, dass ICH es war, der diese ganze Sch**ße zuließ; ICH spielte dieses verdammte Spiel mit und betrog mich so selbst.
Die Panik war kein externer Eindringling, der mich angriff und zersetzte, nein!, ich hatte diesen Störfaktor selbst erschaffen und mein neuronales System derart mit diesem Mist durchsetzt, dass mein Gehirn nicht mehr verstand, dass die Paniksymptome unterbewusst von mir selbst erzeugt wurden, um dann wiederum von meinem Bewusstsein als lebensbedrohliche Gefahr wahrgenommen zu werden. Und so entstand der stetige Kreislauf von anfänglichem Herzklopfen zu Herzrasen, Schwindel, Übelkeit, verschwommener Sicht und Schwächegefühlen zu noch stärkerem Herzrasen, das eine baldige Ohnmacht androhte – welche, wir ihr euch denken könnt, sowieso nicht eintrat.
Unser Körper ist nämlich selten so geschützt wie in diesem Moment. Unser Körper hat in diesem Moment alle Alarmanlagen eingeschaltet und mobilisiert alle Kräfte, um uns lebendig zu erhalten. Die Wahrscheinlichkeit, in diesem Moment tatsächlich zu sterben bzw. eine Herzattacke oder einen Schlaganfall zu bekommen, ist so hoch wie ein Sechser im Lotto mit nur drei Zahlen.
So, Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, dachte ich. Von wegen!
Ich wusste zwar, was in meinem Geist und meinem Körper vor sich ging, hatte aber dennoch weiter diese Attacken.
Warum? Ganz einfach – eine Frage blieb im Kopf kleben wie ein Popel unter der Tischkante: Was ist, wenn es dieses Mal etwas anderes ist? Und schon spielten sich in meinem Kopf Horror- und Actionszenarien ab, die selbst Roland Emmerich hätten wässrig werden lassen.
Aber – das alte Lied – es passierte natürlich gar nichts! Wieder und wieder und wieder und wieder… 3 Tage Ruhe … und von vorne – Das ganze garniert mit wunderbaren inneren Monologen wie „Oh Gott, das war’s. Ach nee, doch nicht.“, „Besser nicht zu viel bewegen.“ Blablablubb!
Irgendwann erinnerte ich mich an meine Adoleszenz- und spätere Bundeswehrzeit und daran, wie gerne ich doch damals Gewichte gestemmt hatte und laufen gegangen war. Also, Hanteln raus und einige Kilometer gejoggt – ABER! Oh Gott – Herzrasen, Schwindel, Panik!
„Klar verursacht der Sport einen höheren Puls, aber das ist keine normale Panikattacke, das ist ein Herzinfarkt. Oh Gott, ich muss steeeeeeeeee…..“ Nach einer Stunde: „Ach nee, doch nicht gestorben. Besser mal hinlegen und nicht mehr so viel bewegen.“
So ging es einige Wochen. Die Sportversuche und Versuche, einen geregelten Alltag zu leben, gipfelten in erneuten Panikattacken.
Und dann endlich kam er: mein Ausraster!
Ich ging joggen und das zunehmende Schwächegefühlt, gepaart mit Herzrasen, ließ nicht lange auf sich warten. Und jetzt hatte ich die Schnauze voll! Ich rannte los wie ein Bekloppter und brüllte mich selbst wie ein Verrückter an - innerlich, aber auch hörbar. Die ganze verdammte Wut über diese verdammte Panikattackensch**ße schoss aus mir heraus. „Dann töte mich! Los! Töte mich. Wo bleibt jetzt dieser verf*ckte Herzinfarkt? Mach schon!“
Meine Wut kannte keine Grenzen. Ich rannte schneller, das Herz raste und raste. „Jetzt töte mich endlich!“ Als ich aufhöre, zu rennen, hätte ich mich beinahe vor Anstrengung übergeben, aber meinem Herzen passierte NICHTS! Kein Infarkt, kein Schlaganfall, keine Ohnmacht! Nichts! Nur eine herrliche Ruhe!
Am Folgetag wollte sich plötzlich und völlig unerwartet eine Panikattacke breit machen. Doch jetzt wusste ich, was zu tun war. Runter auf den Boden – Liegestütze. Danach schlug ich mir auf die Brust und brülle in mich hinein: „Jetzt töte mich endlich! Wo bleibst du?“
Mir wurde immer klarer, wer mein Feind war – meine Psyche! Ich selbst konnte diese Dinge steuern und stoppen. Mein Gehirn realisierte, dass selbst das Trommeln auf den Brustkorb und die Liegestütze sowie meine wütenden Tiraden keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall erzeugen konnten. Ich hatte mich jahrelang vor einem Phantom gefürchtet.
Ich schrieb all die Dinge auf, die mich belasteten und die Panikattacken wohl unterbewusst verursacht hatten. Nach und nach verarbeitete ich sie. Wie das geht, ob mit Hilfe von Gruppen, der Familie oder einem Arzt, muss jeder selbst entscheiden. Ich konnte mir selbst helfen.
In dieser Zeit begann ich auch, meine Gewohnheiten umzustellen. Keine Zig., wenig Alk. und viel Sport. Durch das regelmäßige Auspowern und die damit verbundenen Symptome, welche einer Panikattacke ähneln (Herzrasen, Schweißausbrüche, Schwindel, Atemnot) lernt das Gehirn, das solche Dinge ungefährlich sind. Das Gehirn braucht in diesem Punkt einfach Nachhilfe und muss etwas wiedererlernen, was es verlernt hat: Symptome richtig zu deuten!
Darüber hinaus habe ich meine Ernährung umgestellt und wurde sukzessive Veganer! Ja, richtig gelesen. Ich will niemanden bekehren, möchte aber dennoch schildern, dass eine gesunde Ernährung erheblich zur Vermeidung von Panikattacken beitragen kann; mal abgesehen davon, dass ich mit veganer Ernährung im Kraftsport viel schneller Muskulatur aufgebaut habe. Klingt verrückt, ist aber wahr. Natürlich muss die Ernährung ausgewogen sein!
Naja, liebe Freunde, so viel zu meiner Geschichte, die in ähnlicher Form auch eure werden könnte!
Mein Appell an euch (nachdem euer Arzt körperliche Ursachen für eure Symptome ausgeschlossen hat): Zeigt eurem Körper und eurem Geist, wer der Boss ist! Seid euer eigener Feldwebel und drillt euch diese Panikattackensch**ße aus dem Kopf. Ich entschuldige mich für die vielen Kraftausdrücke (und mögliche, durch meine Impulsivität entstandene, Rechtschreibfehler), aber wenn ihr es selbst geschafft habt, werdet ihr verstehen, dass diese Ausdrücke das subjektive Empfinden im Kampf gegen eure Probleme am besten widerspiegeln.
Reißt euch zusammen, Ar. hoch und powert euch aus. Euer Körper braucht keine Schonung, um Panikattacken zu vermeiden, nein!, er will Adrenalin loswerden und die ganze Sch++ße rausspülen, die euren Körper und euren Geist zersetzet! Kämpft!
Ich hoffe, einigen geholfen zu haben und freue mich auf Rückmeldung.
Beste Grüße
Thomas
26.11.2013 21:27 • • 23.08.2014 x 24 #1