Zitat von Julischka85:Muss ja lernen Gefühl und tatsächliche Bedürfnisse zu trennen und erkennen. Man
Ich glaube, das ist eine der schwierigen Herausforderungen für uns Angsthasen. Ich hatte Zeiten, da war ich dankbar für Schnupfen und Husten, weil ich mir damit wenigstens sicher sein konnte, dass das Gefühl von Krankheit auch zur Realität passte.
Oft habe ich mir allein deshalb gewünscht, dass ein Arzt etwas findet, um nicht dauernd glauben zu müssen, dass ich spinne. Der Gedanke an Heilung kam erst an zweiter Stelle.
Ich habe mir dann meinen Mann zum Vorbild genommen, der in Sachen Umgang mit Krankheiten das genaue Gegenteil ist. Seine Devise: Was von allein kommt, vergeht auch von allein. Ist sicher nicht immer wahr, aber doch in den meisten Fällen.
Deswegen habe ich angefangen, aufkeimende Krankheitsängste wegzuschieben und mir vorzunehmen, erst mal noch zwei Stunden zu warten, bevor ich zum Arzt gehe oder ins Krankenhaus fahre. Wenn die um waren und ich noch am Leben folgten die nächsten zwei.
Am Anfang waren die Schließzeiten der Arztpraxen schwierig, dann die Nächte und natürlich die Wochenenden. Da war ja dann nur noch das Krankenhaus der Notanker. Da aber die Erfahrungen in der Notaufnahme am Wochenende mehrfach recht doof und ineffektiv waren, ist es mir mit der Zeit immer häufiger gelungen, mich auch übers Wochenende zu retten.
Über das Hinauszögern von Arztbesuchen und das Vermeiden von Rückversicherung habe ich mich nach und nach entwöhnt. Die Erfahrung, dass ich bisher alles überlebt hatte, hat auch geholfen. Für mich wichtig war auch, nicht mehr drüber zu reden.
Am Anfang habe ich gedacht, das zerreißt mich, aber indem man nicht dauernd drüber spricht, ist man gezwungen, es auch so weit wegzudrängen, dass es mit der Zeit unwichtiger wird.
Als entscheidend habe ich erlebt, mir in den guten Zeiten immer wieder bewusst vor Augen zu halten, dass es mir gut geht und dass alles andere Einbildung war, die sich nicht bewahrheitet hat.
19.07.2020 12:44 • x 3 #9501