Zitat von Justin3456: Ich verstehe das manchmal nicht. Hab überhaupt nichts aufregendes gemacht oder sonstiges. Nur vor mittlerweile schon 3 Stunden gegessen.
Ich und meine Freundin sitzen zusammen auf der Couch. Sie einen Puls von 60 und ich fast 90. Den Herzschlag spüre ich im ganzen Körper. Fühlt sich einfach unangenehm an.
Das ist eine ganz typische Reaktion und weil keiner von uns einen Master in Psychologie hat, verstehen Menschen die sich mit einer Angststörung herumplagen nur sehr langsam, was da eigentlich vor sich geht.
Jeder Mensch hat Angst vor irgendetwas. Der eine mag keine Spinnen, der andere (so wie ich) steigt äußerst ungern in ein Flugzeug oder würde einen Fuß in einen mehrere hundert Meter hohen Wolkenkratzer setzen. Dann gibts alltägliche Situationen wie Einkaufen gehen oder große Menschenansammlungen. Andere haben Angst vor tiefem Wasser obwohl sie schwimmen können. Angst ist etwas individuelles und es gibt praktisch unzählige Gründe warum Menschen Angst haben. Aber fast alle Ängste haben eines gemeinsam: Es ist möglich ihnen aus dem Weg zu gehen. Das ist der kleine aber (nicht so) feine Unterschied zur Krankheitsangst. Dadurch, dass man selbst (bzw. der eigene Körper) das ist wovor man Angst hat, kann man seiner Angst nicht entkommen. Man kann die Situation nicht verlassen. Das heißt, man ist permanent mit dem Grund seiner Angst konfrontiert.
Bei anderen Ängsten (wie oben angesprochen) kann ich in so eine Situation gelangen, komme da aber ansich auch wieder heraus. Wenn ich in den Keller muss, aber Angst vor Spinnen habe, ist das ein vorrübergehendes Problem. Natürlich wird man nervös, das Herz klopft, man schaut in jeden Winkel und jede Ecke und versucht so schnell es geht das zu erledigen was man tun muss. Unweigerlich spürt man Dinge in sich die da vor sich gehen, die eben aus dieser Angst erzeugt werden. Da man aber eindeutig einen externen Trigger ausgemacht hat (die Spinne), bindet man dieses Symptombild eben daran. Damit kommt der Mensch klar, er weiß warum er so reagiert. Wer sich einen Horrorfilm anschaut, der stellt sich auch nicht die Frage warum er sich gruselt und das Herz vor Anspannung aus der Brust springen will, weil jeden Moment ein Jumpscare oder sonst was passieren könnte.
Bei Krankheitsangst entwickelt man auch Symptome. Jeder hier kennt das. Aber es fehlt der äußerliche oder externe Trigger um diese Symptome einordnen zu können und daraus kann dann ein Sog entstehen, bei dem die Symptome mit Krankheitsbildern verwechselt werden und damit die Angst verstärken. Das wäre so, als würde ich in den Keller gehen und hinter mir fällt die Tür ins Schloss. Ich komme nicht mehr raus. Vielleicht geht auch noch das Licht aus, weil es durch eine Zeitschaltuhr nur ein paar Minuten brennt. Nun stehe ich da im Dunkeln, habe keine Ahnung wo ich bin, aber ich weiß, dass jederzeit Spinnen an mir hochkrabbeln könnten. Jemand mit einer Spinnenphobie würde durchdrehen in so einer Situation. Es kommt unter Umständen zu einer Panikattacke. Das was in so einer Situation die Spinnenangst mit einem macht, macht eben die Krankheitsangst mit einem selbst.
Weil man eben nicht vor sich selbst weglaufen kann, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Sich immer weiter herunterziehen lassen, bis man das Vertrauen in seinen Körper vollends zerstört und damit ein Fall für den Psychotherapeuten geworden ist, oder man arbeitet vorher daran, dass Vertrauen in seinen Körper wiederherzustellen bzw. zu stärken. Ich weiß, dass das leicht klingt und da wir heutzutage ständig um die Ohren gehauen bekommen, was in der Welt so passiert, spürt man an vielen Stellen wie unsicher viele Menschen geworden sind.
Die sogenannten Stresssymptome kommen ja nicht daher, dass man zum Arzt gegangen ist sondern die Ursache liegt weit davor. Man hat sich über Wochen oder gar Monate still seinen Gedanken hingegeben und überlegt was wäre wenn..... Und außer einem selbst war niemand da, der hätte Einspruch erheben und diese abstrusen Gedanken zerstreuen können. Man gewöhnte sich daran so zu denken, nicht immer intensiv und fokussiert, häufig einfach nur als Hintergrundrauschen. Man dachte immer öfter, über bereits gedachtes nach und irgendwann fing man an, gewisse Dinge damit zu verbinden. Auf einmal ist ein harmloser Kopfschmerz nicht mehr alltäglich sondern der Vorbote für einen Hirntumor. Ein zuckendes Auge ist keine einfache vorrübergehende Muskelreizung sondern könnte ein Schlaganfall sein. Ein Stechen in der Brust ist definitiv ein Herzinfarkt. Ihr kennt das alle, ich erzähle nichts neues.
Aber genau DAS ist es, was am Ende die Symptome erst entstehen lässt und wenn man an diesem Punkt angekommen ist, hilft auch kein Arzt, der einem sagt, dass man gesund ist. Das was hilft, ist daran zu arbeiten sich wieder auf das wesentliche zurück zu erden. Meinetwegen kann man sich aufschlauen in dem man sich mit Psychosomatik befasst. Der Weg aus der Angst, ist der gleiche den man hineingegangen ist. Aber wie immer, ist es leichter etwas zu zerstören als aufzubauen und mit nervenden Symptomen ist der Weg gleich doppelt so schwer.
Jetzt hab ich mehr gesagt, als ich eigentlich wollte.