Zitat von rotezora2k:Sorry du bist immer für mich da aber ich frage nicht mal wie es dir geht.
Das passt schon. Ich hab' mir das Sterben ja mittlerweile ganz gut abgewöhnt . Vor ein paar Jahren hätten Symptome wie heute morgen (Druck im Kopf, Rauschen in den Ohren, leichte ziehende Kopfschmerzen) eine ziemliche Lawine losgetreten. Ich hätte mich vermutlich erst mal nicht so wirklich zwischen Hirntumor und Kreislauf entscheiden können und demzufolge nach weiteren Anzeichen für mindestens eine der beiden Katastrophen gesucht. Das wäre innerhalb weniger Minuten auch ganz hervorragend gelungen.
Zum Druck im Kopf wären Sehstörungen und Schwindel hinzugekommen, alle anderen Kopfsignale hätten sich verstärkt. Gleichzeitig wäre der Puls hochgegangen und das Herz hätte angefangen zu stolpern. Ich hätte angstvoll Blutdruck gemessen und wäre ob dessen Höhe erst recht in Panik geraten. Zu meinen schlimmsten Zeiten hätte ich mich nicht unter die Dusche getraut, aus Angst, das könne mein Herz überlasten. Ich hätte auf meinen geliebten Morgencappuccino verzichtet und mich zitternd und abwechselnd frierend und schwitzend möglichst schnell wieder irgendwo hingesetzt. Selbstverständlich nicht unter besonderer Bewachung sämtlicher Symptome.
Heute war ich mir ziemlich sicher, dass der Blutdruck in/ nach dieser Nacht vermutlich höher als gewöhnlich war. Gemessen habe ich nicht. Warum auch? Dass er davon nicht runtergeht, habe ich mir jahrelang hinreichend bewiesen. Stattdessen habe ich die Sonne und die zwitschernden Piepmätze begrüßt, und bin - nach einem kurzen Abstecher ins Forum, während ich darauf gewartet habe, dass das Teewasser für die tägliche Kanne Kräutertee kocht - raus zum Laufen.
Nur in den Garten übrigens, weil ich seit gestern offiziell wegen eines Covid19-Falls in meiner Klasse unter Quarantäne stehe, die allerdings morgen schon wieder um ist. Im Garten laufen ist anstrengend, weil ziemlich steil und uneben, weswegen ich es normalerweise vermeide, obwohl genügend Platz wäre. Der Lustfaktor war bei minus 10, aber das kenne ich schon. Schweinehunde sind penetrante Viecher, die NIE aufgeben, egal, wie oft man sie ins Körbchen schickt.
Hätte ich im Jahr meiner Abnahme nicht gelernt, auch ganz ohne Bock auf Bewegung welche zu machen, wäre ich damals schon gescheitert. Mit dem Abnehmen ebenso, wie mit dem Besiegen der Angst.
Und so bin auch heute losgetrabt. Ich habe meine Antennen nach außen gerichtet, die verschiedenen Vogelstimmen den passenden Piepmätzen zuzuordnen versucht, auf meinen Weg geachtet, um mir nicht die Haxen zu brechen, die frische Luft geatmet und mich dem - heute geländebedingt nicht ganz so gleichmäßigen - Rhythmus meiner Schritte hingegeben. Wegen der vielen Steigungen habe ich mehr geschnauft als sonst und musste das Tempo entsprechend reduzieren, was ganz natürlicherweise immer wieder für Herzhüpfer gesorgt hat. Ich habe sie ebenso wahrgenommen, wie meinen schnellen Atem und die erhöhte Pulsfrequenz, aber sie haben mich nicht geängstigt.
Deswegen nicht, weil ich unzählige Male in weit anstrengenderen Situationen war und alle überlebt habe. Da ich mir bei Kilometer 6 dann doch noch den Fuß verdreht habe, habe ich bei Kilometer 7 aufgehört. Normalerweise laufe ich zwischen 8 und 10. Das hat mich - wie immer, wenn ich weniger laufe als geplant - ein bisschen geärgert, aber nicht lang. Jeder Schritt ist 100 Prozent mehr als kein Schritt - mein Mantra aus den Kämpfertagen.
Dank der Bergetappen waren die Endorphine trotzdem artig, und ich bin zufrieden und entspannt unter die Dusche. Blutdruck gemessen habe ich dann nach dem Frühstück: 127/78. Der Druck im Kopf ist immer noch nicht ganz weg, aber zur Not gibt's halt nachher eine Tablette. Spätestens morgen ist es wieder gut.