ich bin neu hier, obwohl eigentlich nicht wirklich neu, nur habe ich mich vorher noch nie vorgestellt, was ich jetzt nachholen möchte.
Ich bin schon vor ca. 3 Jahren zum 1. Mal auf diesen Seiten gewesen. Damals voller Angst auf der Suche nach Beiträgen anderer, die vielleicht die gleichen Herzprobleme hatten wie ich. Um mich damit beruhigen zu können, und endlich meinen Ärzten glauben zu können, dass meine Herzrhythmusstörungen und meine tausend anderen Probleme, wie Schwindel und die Schmerzen in der Brust nicht gefährlich sind, sonder nur von der Psyche her kommen.
Im Moment würde ich sagen, dass ich fast wieder so gesund bin bis vor dem Ausbruch meiner Herzneurose, und sozialen Phobie. Sogar noch besser. Darum poste ich hier, um anderen, die wie ich damal evtl. nach einem Strohhalm suchen. Nach Beiträgen von anderen, die schreiben: Ja, ich habe es überlebt. Ich möchte Mut machen und vielleicht ja auch etwas helfen...
Ich bin 2007 mit heftigen Herzrasen und Herzstolpern ins Krankenhaus eingewiesen worden. Es war plötzlich da, ich wusste nicht was mit mir los sei, ich habe nur geglaubt jetzt ist es vorbei. Falsch gedacht, das war erst noch der Anfang.
Aus dem Krankenhaus entlassen und vollständigt untersucht (natürlich als Gesund erklärt), wurde ich zunächst krankgeschrieben. Doch nichts war wie vorher. Zu Hause bekamm ich eine PA nach der anderen. Nächtelanges Herzrasen, Herzstolper, Panik ohne Ende. Ich ging von einem Kardiologen zum anderen. Das Herz ist i.O. es ist nichts, bekam ich zu hören, doch da war doch was. Ich hab mir das ja nicht eingebildet.
Als es gar nicht mehr ging und ich meine Familie anschrie sie sollen was tun, denn ich sterbe hier, wurde der Notartz wieder gerufen. Valium hat mich wieder runter geholt. Aber schon am nächsten Tag das gleiche Spiel. Ich konnte gar nichts mehr. Antidepressiva habe ich überhaupt nicht vertragen und die Beruhigungstabletten durfte ich auch nur 4 Wochen nehmen. Zum Schluß hatte ich sogar Herzschmerzen beim Duschen, wenn das warme Wasser auf meine linke Brusthälfte kam. Ich konnte nicht mehr aus dem Haus, nicht mehr schlafen und auch kaum was essen.
Ich hatte keinen Ausweg mehr und habe mich freiwillig nach 8 Wochen zu Hause in eine psychosomatische Klinik/ Psychiatrie einweisen lassen.
In der Psychiatrie habe ich mich sofort besser gefühlt. Ich bekam ein EKG (was langsam zu meiner Beruhigungssucht wurde), und wusste, dass ich im Notfall sofort gerettet werden könnte. Und ich habe auch wirklich geglaubt, dass ich beim Verlassen der Psychiatrie wieder ganz die Alte sein werde. Was natürlich völlig utopisch war.
Nach ein paar Tagen wurde alles nur noch schlimmer, ich habe erkannt, dass es dafür keine Medizin gibt, und ich irgendetwas tun muss, um da raus zu kommen, aber ich wusste noch nicht was, ich wusste nur, dass ich nicht sterben will. Die nächsten Wochen waren ein reiner Kampf. Schon am dritten Abend sollte ich Abends mit den anderen Patienten in einen Cafe gehen. Ich empfand das als unmöglich, werte mich, doch ich musste. Oder ich musste andere furchtbaren Angstexpositionsübungen machen, wie z.B. Treppen hoch und runter laufen, um zu spüren, dass mein Herz doch völlig gesund ist. Ich habe es getan, doch meine Herzangst, die Herzstolper oder auch permanente Herzrhythmusstörungen den ganzen Tag waren immer noch da und ich habe trotzdem geglaubt, dass das mein Ende bedeutet.
Mein Problem war, dass ich noch nicht verstand, dass da eigentlich ganz andere Dinge im Raum standen, die mir diese Todesangst bescherten. Ich habe diese anderen Probleme in meinem Leben so verdrengt und nicht wahr genommen, dass mein Herz sich bei mir melden musste. Mich aufrütteln musste: hee, mach die Augen auf, glaube an Dich, höre auf deine Gefühle, denke an Dich und fange an auf Dein Herz zu hören.
Nach 13 Wochen Psychiatrie wurde ich entlassen, doch normal zu leben, arbeiten zu gehen, das war alles noch unmöglich. Ich fiel wieder in ein tiefes Loch zu Hause. Unter Druck durch meinen Arzt, der mich nicht mehr krankschreiben wollte, habe ich meinen Job gekündigt. Doch weil ich vorher Werksstudentin war und zusammen mit meinem Freund lebte, gab es kein Arbeitslosengeld oder Harzt 4. Doch arbeiten zu gehen, das ging überhaupt nicht. Ich hatte in der Psychiatrie gelernt wieder unter die Menschen zu gehen und dass es doch psychischer Natur sein muss, aber zu Hause arbeitslos, Geldsorgen, abhängig von anderen und erst noch ohne eine Therapeutin, war alles noch schlimmer. Aus meiner reinen Herzangst entstand zusätzlich noch eine starke soziale Angst, welche mich erst recht an mein Zuhause festband. In meiner Not habe ich stundenlang im Internet, nach allen möglichen Symptomen, die mich begleiteten gesucht, nach Berichten von Menschen, die diese Herzrhythmusprobleme auch hatten und vor allem weg gekriegt hatten, nach Büchern bei Amazon, die mir irgendwie helfen könnten. Ich habe viele Bücher über Angst gekauft und gelesen, aber mit ziehen sie sich ein Gummiband über die hand und ziehen sie dadran, wenn sie eine PA spürren oder machen sie Entspannungsübungen konnte ich gar nichts anfangen. Während der Enspannungsübung war ich so angespannt, dass ich mein Puls gar nicht fühlen musste, weil es so stark pochte und das mit dem Gummiband geht vielleicht bei leichter Angst, aber nicht bein einer heftigen Angsstörrung. Soweit so gut...ich sollte so langsam mal zu Ende kommen
Es ging nicht ohne eine Therapie bei der ich lernen musste, meine Symptome zu verstehen. Warum Rhythmusstörungen? Warum genau jetzt in dieser Situation? Wovor habe ich so eine Todesangst? Was will ich nicht verarbeiten? Warum habe ich so eine Angst bzw. warum glaube ich die Kontrolle über mich und mein Leben zu verlieren?
Ich muss sagen, dass ich vor diesen Herzproblemen viel Sport gemacht habe, völlig gesund war und gerade 23 Jahre jung. Ich konnte es einfach nicht glauben, dass mein Körper wirklich so krank sein sollte. Es musste also was geben, was zu diesen Problemen führte.
Und nach fast 3 Jahren habe ich es geschafft. Heute habe ich einen neuen Job, ich gehe jeden zweiten Tag 3 km laufen. Ich gehe wieder aus und gehe tanzen, ich fahren in Urlaub, und ich kann mich wieder aufregen ohne sofort Herzstolper zu bekommen
Je besser es mir geht, desto weniger habe ich von den Herzstolpern. In meiner schlimmsten Phase hatte ich den ganzen Tag Stolper, permanent. Jetzt vielleicht 1-3 Mal die Woche und dann noch so leicht, dass ich erst noch überlegen muss, ob das was war oder nicht.
Ich hoffe ich habe jetzt hier nicht zu sehr übertrieben mit der Textlänge, doch ich hoffe so vielleicht jemanden helfen zu können. Ich weiß noch wie es mir damals erging, und ich muss aus meinen Erfahrungen sagen, dass man es schaffen kann und wieder völlig bzw. noch besser und viel bewußter leben kann. Im Nachhinein bin ich sogar Dankbar für alles was mir diese Krankheit gebracht hat, denn ich habe viel gelernt und ein besseres Leben erreicht.
Ich würde mich freuen, wenn ich etwas positives mit diesem Beitrag auswirken konnte.
Ganz liebe Grüße
Trusty
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Tut alles, was ihr tut,
aus dem Grunde eurer Seele,
ohne ein einziges Warum
27.05.2009 09:36 • • 28.08.2019 #1