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Guten Tag,
meine Tochter, 17, hat diverse Ängste und Zwänge, die ich hier gar nicht alle aufführen möchte.
Es war für mich sehr schwierig, die Ängste zu erkennen, da sie immer Ausreden nutzte, etwas nicht zu tun.
Sie ist kaum in der Lage, dass Wort Angst auch nur auszusprechen.

Sie weigert sich schon lange, alleine zum Supermarkt zu gehen.
Gestern sagte sie mir endlich, warum und das ist für mich sehr schwer nachzuvollziehen.

Sie sagte, dass sie im Supermarkt ja immer Tschüss sagen muss, und dass sie Angst hat, dass dieses harmlose Tschüss als frech und unverschämt ausgelegt wird, obwohl sie das ja gar nicht so meint.

Kennt das einer von euch?
könnte es sein, dass sie durch jahrelangen sexuellen Missbrauch die ERfahrung gemacht hat, dass Wörter unterschiedliche Bedeutung haben?

03.07.2016 11:22 • 03.07.2016 #1


10 Antworten ↓


Hallo Odette,

keine Ahnung, ob sexueller Missbrauch dabei eine Rolle spielt.
Ich habe nur bei jungen Leuten die Beobachtung gemacht, dass sie durchaus häufig Probleme mit Unterhaltungen von Angesicht zu Angesicht haben.
Ich habe eine Kollegin von 21 Jahren, die unglaublich viel im Internet unterwegs ist (Chat, Facebook und alles, was dazugehört) und in einer echten Unterhaltung manchmal echte Probleme hat, einen geraden Satz herauszupressen. Zudem sind ihr Konzepte wie Ironie, Sarkasmus etc irgendwie fremd, scheint mir, und das hat schon des öfteren zu Missverständnissen und echten Reibereien geführt.
Ich weiss nicht, ob das bei Deiner Tochter ähnlich ist, aber vielleicht ist das ein hilfreicher Ansatz....

LG
JollyJack

A


Harmlose Wörter werden falsch verstanden

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Zitat von Odette:
Sie weigert sich schon lange, alleine zum Supermarkt zu gehen.
Gestern sagte sie mir endlich, warum und das ist für mich sehr schwer nachzuvollziehen.

Sie sagte, dass sie im Supermarkt ja immer Tschüss sagen muss, und dass sie Angst hat, dass dieses harmlose Tschüss als frech und unverschämt ausgelegt wird, obwohl sie das ja gar nicht so meint.
Kennt das einer von euch?

Ja, zum Supermarkt Einkaufen zu gehen, ist so ziehmlich das Schlimmste, was ich machen kann. Ich habe da sehr das Gefühl ausgeliefert zu sein. Das hängt nicht mit Worten zusammen, sondern mit dem ganzen Marktessemble. Man ist nicht sicher davor, Konversation betreiben zu müssen. Die Menschen kommen mir dort zwangsweise zu nahe. Schon eine kleine Kassenschlange birgt die Gefahr vereinnahmt zu werden und Menschen beäugen einen und manchmal kann man ihnen am Gesicht ablesen, daß man sich selbst lieber gleich in Luft auflösen sollte. Und wenn man dann auch noch gezwungen ist, etwas zu sagen... will man aber gar nicht.

Ja, ich verstehe warum deine Tochter ein schlechtes Gefühl im Supermarkt hat.

Das kann ich gut nachvollziehen, aber warum glaubt sie, dass Tschüss ein freches Wort ist? Und dass die Mitarbeiterinnen im Supermarkt das falsch verstehen könnten?
Oder meinst du, dass das generell die Angst vor einer Unterhaltung ist?

Ich denke, daß es generell Angst davor ist, was 'Falsches' (das Gefühl, nicht ein falsches Wort) zu sagen, wenn eine Unterhaltung zustande kommt. Im Supermarkt kann sie nicht einfach weg. Man sagt eben Hallo und man sagt eben irgendwas, wenn man geht. Meist stehen ja Leute dabei, die da auch noch zuhören. Es ist aber einfach egal, was sie sagen würde, die Leute ringsrum und auch das Personal würden ja nicht angemessen reagieren, damit sie sich sicher ist, es richtig zu sagen. Damit hat sie ja auch nicht die Rückmeldung, es richtig zu machen.
Das ist große Unsicherheit und sie verbindet mit dem Tschüss im Supermarkt absolut nichts positives. Vielleicht kannst du ihr aber auch sagen, daß dieses Tschüss für sie das Signal ist, daß sie diese unsichere Situation verläßt.
Mir hilft es, wenn ich an der Kasse bezahle, daß ich weiß - egal was passiert - ich kann weg, raus, eben einfach den Markt hinter mir lassen, mit all den Menschen dadrin und es ist mir egal, was sie über mich dann denken.

Mein Abschiedswort heißt Schönen Tag für sie. Das sag ich immer, denn erfahrungsgemäß freut sich eine Dienstleistungskraft, die hunderten Menschen am Tag begegnet über eine positive persönliche Ansprache wirklich.

Das klingt sehr logisch, vielen Dank!

Was lustiges zum Thema:
Meine Älteste, inzwischen 26 J. alt, hat sich mal mit 17 gesträubt Klopapier zu kaufen. Ich konnte sie wegen fast allem einkaufen schicken, aber Klopapier ging gar nicht! Es war ihr peinlich mit Klopapier durch die Nachbarschaft zu laufen. Sie sagte, so große Tüten gibt es nicht und mit der Packung läuft sie nicht durch die Gegend. Ein Drama spielte sich da ab.
Plötzlich eine Stunde später stand mein Kind mit einem 120 L Sack vor der Tür. Ich hatte gar nicht mitbekommen, daß sie losgegangen war und das Thema war für mich eigentlich abgehakt. Völlig verdutzt stand ich vor ihr und brachte kein Wort raus. Da stampfte sie wie ein Weihnachtsmann an mir vorbei, machte den Sack auf und heraus purtzelten drei! 3! 8er Packungen Klopapier und sie sagte: dieses Jahr geh ich das aber nicht mehr einkaufen! Wischte sich die Sträne aus der Stirn und schwebte elfengleich in ihr Zimmer.
Ich lag vor Lachen auf dem Boden und kriegte keine Luft mehr. Ich schickte sie nie wieder Klopapier kaufen. Aber solche Probleme haben die Kids, völlig unverständlich für uns Mütter.

@Reenchen

Die Geschichte ist mal wirklich lustig!
Tatsächlich kenne ich einige Leute, die ein Problem mit dem Kauf von Toilettenpapier haben, und die sind teilweise in meinem Alter....

LG
JollyJack

Zitat von Odette:
Sie sagte, dass sie im Supermarkt ja immer Tschüss sagen muss, und dass sie Angst hat, dass dieses harmlose Tschüss als frech und unverschämt ausgelegt wird, obwohl sie das ja gar nicht so meint


Und wenn sie nicht Tschüss sagen würde, könnte sie dann hingehen? Ich habe noch nie im Supermarkt Tschüss gesagt. Meist sage ich gar nichts, nur wenn die Kassiererin einen schönen Tag oder ein schönes Wochenende wünscht sage ich danke gleichfalls. Oft wünsche ich mir die Zeiten zurück, wo an der Kasse gar nichts gesagt wurde, nur Summe, die man zu zahlen hatte. Es fing erst vor ca. 25 Jahren an, dass man von den Kassiererinnen begrüßt und verabschiedet wurde.


Zitat von Reenchen:
Meine Älteste, inzwischen 26 J. alt, hat sich mal mit 17 gesträubt Klopapier zu kaufen


Mir war es als junges Mädchen peinlich, Tampons zu kaufen Und bis zuletzt war es mir peinlich für meine Mutter Gebissreiniger zu kaufen. Ich befürchtete immer, die Leuten denken, dass es für mich ist Ich bin stolz darauf, dass ich mit meinen 54 Jahren noch alle Zähne habe und nur 2 davon überkront.

@odette, insgesamt schreibst du aber von ziemlich schrecklichen anderen Dingen. Da ist das Tschüss-Sagen im Supermarkt relativ geringfügig.

Ist deine Tochter mit ihren Ängsten in Behandlung?

Insgesamt glaub ich auch nicht, dass das das Wort Tschüss ist. Es ist die Angst im allgemeinen. Wer sagt schon Tschüss im Supermarkt, wenn er nicht will.

Und wenn, ist das unlogisch, anzunehmen, dass das Wort Tschüss, negativ ankommt.

Letztendlich ist das aber egal. Deine Tochter hat schwerwiegende Probleme, darum meine Frage, ob sie in Behandlung ist.

Wir sind dir gerne behilflich, aus eigenen Erfahrungen unsere Ängste zu erklären.

Zitat von JollyJack:
@Reenchen

Die Geschichte ist mal wirklich lustig!
Tatsächlich kenne ich einige Leute, die ein Problem mit dem Kauf von Toilettenpapier haben, und die sind teilweise in meinem Alter....

LG
JollyJack


Ja ich auch

A


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Dr. Christina Wiesemann
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