Willkommen @Hallo1234,
ich war ungefähr in Deinem Alter als ich meine erste DP/DR-Episode hatte. Es schien so, als wäre binnen weniger Augenblicke eine völlig andere Filmrolle eingelegt worden und ich war sowohl Projektor
und Zuschauer. Das bedeutet, nicht nur die Welt erscheint ausgetauscht sondern auch der Erleber dieser Welt (also Objekt
und Subjekt).
Dass dies bei erstmaligem Erleben einen Schock erzeugt ist völlig normal aber Du musst dabei bedenken, dass dieser Komplettausstieg Teil und Sinn einer DP/DR ist: es ist quasi ein Notausgang - mit der Folge, dass der gewohnte Erlebensrahmen vollumfänglich
weg ist und ein (vermeintlich) anderer stattdessen
da ist.
Letztendlich hat sich aber eigentlich strukturell nichts geändert: Der Geist versucht nun jedoch, sich anhand der gewohnten Konstanten und Variablen irgendwie zu verorten und zu definieren.
Auch wenn ich genau weiß und nachvollziehe, wie unangenehm, ja
unheimlich eine DP/DR ist: Schau Dir die Sache mal in Ruhe genauer an:
Sprichwörtlich Alles, also das gesamte Erleben ist binnen kürzester Zeit total ungewohnt, anders, fremd,
un-meins. Das erzeugt schlicht Angst, insbesondere bei Angstpatienten. Und, ohne Dir zu nahe treten zu wollen, jemand der regelmäßig Dr ogen konsumiert (inkl. Alk), hat - zumindest unbewusst - ein Angstproblem.
Ich kann sagen, dass ich nach der ersten DP/DR-Sequenz auch längerfristig ein anderer Mensch war (wochenlang!), der etwas erlebt hat, von dem ich wusste, dass es so gut wie niemand aus meiner Umgebung verstehen kann. Dieses Wissen
verstärkte logischerweise die Angst vor diesem Zustand.
Durch jahrelange Meditation lernte ich - zumindest halbumfänglich - wie Wahrnehmung und
Ich-Bildung überhaupt funktionieren und münzte diese Einsichten irgendwann auch auf das Phänomen DP/DR um. Darum kann ich heute sagen:
Die normale Wahrnehmung und die Wahrnehmung während einer DP/DR-Sequenz sind im Grunde nicht verschieden, sie werden vom Geist lediglich unterschiedlich interpretiert.
Die normale Wahrnehmung hat sich jahrzehntelang in der Erlebenswelt (Ich, mein Körper, die Umwelt, meine Familie etc.) buchstäblich eingerichtet. Die Sinneseindrücke wurden ver
meint, zu meiner Welt gemacht. Das erzeugt ein Gefühl (!) von Orientierung, Sicherheit und Kontrolle. Doch dieses Gefühl hat keine verlässliche Grundlage: Es hat, wie alle Gefühle, keine Stabilität, keine unveränderliche Basis und Entität. Es ist lediglich
Interpretation - und somit, so seltsam sich das anhört,
Illusion.
Inzwischen kann man DP/DR relativ gut zuordnen und erklären. Es ist eine idR durch neuronalen und/oder körperlichen Stress bedingte Schutzfunktion (oder Kompensationsfunktion) des Geistes. Irgendwas (!) in der normalen Wahrnehmung ist/war so belastend, dass der Geist umgeschaltet hat - in Deinem Fall erstmal längerfristig.
Du kannst Dich - das ist die gute Nachricht - in diesem neuen Erlebenszustand auch ein Stück weit einrichten, wie oben beschrieben. Du wirst evtl. über eine gewisse Zeit etwas Justierungsschwierigkeiten haben, was die Zuordnung von Gefühlen zu Sinneseindrücken angeht. Das ist völlig normal - habe keine Angst davor!
Das hat übrigens auch, wenn man die Angst über diesen Zustand mal in den Griff bekommt, einen gewissen Vorteil. Du bist u. U. ausgeglichener als zuvor.
Versuche, mit diesen Einsichten zu arbeiten. Versuche das, was ich hier geschildert habe, selber nachzuvollziehen. Denke, kontempliere, meditiere darüber nach und erkenne, dass es im Grunde nichts gibt, wovor wir uns fürchten müssen.
Anders fühlen ist nicht falsch fühlen.
Auch wenn Dein Geist mal wieder zurückschalten sollte, wirst Du die Unzuverlässligkeit dieser alten Wahrnehmung anders interpretieren. Du wirst im Idealfall buchstäblich freier von der Illusion, dass Du und Welt sich so verhalten, wie Du bislang glaubtest.